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Rolfs, Wilhelm
Geschichte der Malerei Neapels: mit einem Titelbild in Heliogravüre, mit 13 Textfiguren und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.56470#0066
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lesen mußte1). Der Name erscheint noch einmal in einer Urkunde, aus der erhellt,
daß sich die Küche Karls des Erlauchten in einem zur Kirche gehörigen Gebäude
befand; eine etwas wunderliche Angabe. Ein Jahr vor der Einweihung der Kirche,
1367, finden wir den Gerichtshof wiederum verlegt und zwar jetzt in den »Großen
Saal der Häuser des Klosters von S. Klara«. Es handelt sich hier vermutlich um
das Haus, das die Königin Sanzia 1341 dem genannten Kloster geschenkt hatte,
und das an den Besitz des Fürsten Filipp anstoßend nördlich am Korreggieplatze
lag. In die Zwischenzeit von 1346—1367 fällt die Verlegung des Gerichtshofes,
die Gründung des Hospitals und die Erweiterung der Gerichtskapelle zur Inkoronata
durch Johanna I. Leider fehlen uns die Urkunden des Gerichtshofes von 1352 bis
1381. Dagegen ist uns eine Erklärung der Königin vom Jahre 1373 erhalten, aus
der wir ersehen, daß die Königin der Kirche als Anhängsel des Spitals unter dem
Namen der hl. Dornenkrone (sanctae coronae spineae) stiftete und zwar »zur Ver-
gebung ihrer und ihrer erlauchten Eltern usw. Sünden«. Da sie nun an dieser Stelle
von der Errichtung des Spitals und der Kirche als »längst geschehen« (jamdiu) spricht,
so schließt man daraus, die Erweiterung der Inkoronata (um die allein es sich handeln
kann) habe bald nach der Krönung Johannas und Ludwigs von Tarent am 25. Mai
1352 und zur Erinnerung daran stattgefunden, wie denn auch der Name dahin
deute. Die Kirche wäre also zwischen 1352 und 1368, dem Jahre der Einweihung
entstanden. Allein beide Daten sind unhaltbar. Denn nach der Urkunde von 1373
arbeitete die Königin noch damals »unermüdlich« an der ganzen Anlage, Spital, Kloster
und Kirche, und eine Einweihung fand oft schon vor Vollendung einer Kirche statt.
Das Jahr 1352 hat aber mit der Kirche überhaupt nichts zu tun, ebenso wenig wie
ihr Name mit der Krönung. Bei letzterer wird die Kirche gar nicht genannt, sondern
nur der Platz davor. Nirgends wird erwähnt oder angedeutet, daß die Königin mit
der Erweiterung der Kirche eine Erinnerung an diese Feier beabsichtigt habe. Im
Gegenteil, sie hebt ausdrücklich hervor, daß sie zur Vergebung ihrer und ihrer Vor-
fahren Sünden gegründet sei. Dabei steht übrigens das Spital als das bedeutendere
an der Spitze, nicht die »ecclesia seu capella sibi annexa«. Auch die Wandmalereien
deuten in nichts darauf hin, wohl aber auf Johannas Bestreben, sich möglichst gut
mit der Kirche, d. h. mit den allmächtigen Bettelorden zu stellen, die für ihr
Seelenheil ganz ebenso wichtig waren wie für ihr politisches Wohlergehen. Damals
waren es besonders die kräftig emporstrebenden Kartäuser, die sich eben erst ober-
halb Neapels das prachtvolle Kloster von St. Martin erbaut hatten: an sie übergibt
Johanna Kirche und Spital, was eins der Wandgemälde im Bilde verewigt (S. 61);
sie erhalten auch die höchst wertvolle Reliquie von der Dornenkrone, die sie zu ihrer
Kartause überführen, damit sie würdiger aufbewahrt sei.
Hiernach werden wir die Entstehung der Erweiterung der alten Gerichtskapelle
und damit zusammenhängend die Ausmalung ungefähr in die Zeit von 1350—1370
1) Nicht zu entscheiden ist mehr, ob dies ursprünglich die oben erwähnte Hauskapelle
Filipps von Tarent war, die Montan von Arezzo ausmalte.
 
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