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der Kapelle empfiehlt, der ihn kniend anbetet, links den hl. Jakob von der Mark,
damals gestorben und seliggesprochen, der ihm die ebenfalls stehende Gemalin des
Turbolo vorstellt In diesen Köpfen drückte Simon ganz nach dem Leben ihr Bildnis
aus mit jener Schönheit und so milden Pastosität, wie sie besser sicher auch sein
Lehrer nicht hätte malen können.« Das ist alles ein wohldurchdachtes Lügengewebe.
Wohl paßt Johann von der Mark dahin, nicht aber das Blutgefäß, das er anbietet.
Die angeblich dargestellten Stifter, deren Grabmal sich noch heute in der Marienkirche
befindet (2. Kap. r.), sehen auf den marmornen Brustbildern von D’Auria ganz anders
aus. Es wäre in dieser Kapelle auch gar kein Platz dafür gewesen. Dafür weiß unser
Fälscher indes Rat (an was dächten solche Leute nicht in der Besorgnis, man könne auf
ihre Schliche kommen!): Die Turbolo haben später eine andere Kapelle gehabt.
Kein Schriftsteller weiß davon. Das Denkmal mit dem Ehepaar setzte ihr Sohn ihnen
1575: wie will man damit die Tracht des Bildes vereinen? Die Gattin war ja 1575
noch am Leben. »Simon Papa« soll 1506—1567 gemalt haben und zu allem Über-
flüsse in der flandrischen Art! Dies Gewirr von zeitlich, örtlich, bildlich und malerisch
unmöglich zu vereinigenden Gegensätzen ist so bezeichnend für die Art des De
Dominici, daß man unwillkürlich zu der Annahme kommt, er könne auch selbst hier-
bei tätig gewesen sein! Dann wäre es freilich nur ein kleiner Schritt bis zu der An-
nahme, daß sich um die Mitte der 1700 unter seiner Führung in Neapel eine Fabrik
von gefälschten Bildern aller Art befunden haben mag, die für manche der Rätsel,
die uns die Neapler Kunstforschung gerade auf dem Gebiete der Malerei so zahl-
reich aufgibt, eine überraschend einfache Lösung geben1). —
Vom hl. Michael finden sich im NM. noch einige Darstellungen, die hier
eingereiht sein mögen: 84323 und 124547. Die Heimat seines Dienstes, des körper-
losen Erzengels, der als solcher keine Gebeine haben konnte, ist Apulien mit dem
Garganoberge. Er wird zum Volksschützer der Langobarden und verkörpert im
frühen Mittelalter die volkstümliche Gegnerschaft gegen die Griechen, also das ger-
manische gegen alles bizantinische Wesen. Auch die Sarazenen fallen darunter,
und als uralte Vertreterin des Griechentums bildet Neapel den Gegenstand der Feind-
schaft des Erzengels. Er treibt denn auch die Neapolitaner, als sie Benevent und
den Gargano erobern wollen, bis vor die Tore ihrer Stadt zurück. Dennoch dringt
auch sein Dienst in Neapel ein, wie denn schon in den 800 der Goldene Berg bei
Sorrent eine gelungene Wiederholung des Garganoberges bildet, und die alte Kirche,
an deren Stelle S. Dominik steht, war ihm geweiht. Um die Jahrtausendwende tritt
sein Dienst mehr und mehr zurück, und bald ist er ganz vergessen, während er im
Norden um so lebendiger bleibt. Von dort bringen ihn auch die Anjoinen zurück.
Unter Robert ist er der Schutzheilige des Reiches. Bei der Berennung Neapels kämpft
1) So ähnelt das schon erwähnte verdächtige Altarblatt von La Croce a S. Agostino,
in altem Rahmen, das von Chiarini aufs höchste gepriesen wird, allen älteren Schriftstellern
aber unbekannt ist, in der Mache sehr an ein ebenfalls verdächtiges Bild im Schloß, bei dem
die Dinge, wie wir weiter oben sehen werden, ganz ähnlich liegen, wie hier.
der Kapelle empfiehlt, der ihn kniend anbetet, links den hl. Jakob von der Mark,
damals gestorben und seliggesprochen, der ihm die ebenfalls stehende Gemalin des
Turbolo vorstellt In diesen Köpfen drückte Simon ganz nach dem Leben ihr Bildnis
aus mit jener Schönheit und so milden Pastosität, wie sie besser sicher auch sein
Lehrer nicht hätte malen können.« Das ist alles ein wohldurchdachtes Lügengewebe.
Wohl paßt Johann von der Mark dahin, nicht aber das Blutgefäß, das er anbietet.
Die angeblich dargestellten Stifter, deren Grabmal sich noch heute in der Marienkirche
befindet (2. Kap. r.), sehen auf den marmornen Brustbildern von D’Auria ganz anders
aus. Es wäre in dieser Kapelle auch gar kein Platz dafür gewesen. Dafür weiß unser
Fälscher indes Rat (an was dächten solche Leute nicht in der Besorgnis, man könne auf
ihre Schliche kommen!): Die Turbolo haben später eine andere Kapelle gehabt.
Kein Schriftsteller weiß davon. Das Denkmal mit dem Ehepaar setzte ihr Sohn ihnen
1575: wie will man damit die Tracht des Bildes vereinen? Die Gattin war ja 1575
noch am Leben. »Simon Papa« soll 1506—1567 gemalt haben und zu allem Über-
flüsse in der flandrischen Art! Dies Gewirr von zeitlich, örtlich, bildlich und malerisch
unmöglich zu vereinigenden Gegensätzen ist so bezeichnend für die Art des De
Dominici, daß man unwillkürlich zu der Annahme kommt, er könne auch selbst hier-
bei tätig gewesen sein! Dann wäre es freilich nur ein kleiner Schritt bis zu der An-
nahme, daß sich um die Mitte der 1700 unter seiner Führung in Neapel eine Fabrik
von gefälschten Bildern aller Art befunden haben mag, die für manche der Rätsel,
die uns die Neapler Kunstforschung gerade auf dem Gebiete der Malerei so zahl-
reich aufgibt, eine überraschend einfache Lösung geben1). —
Vom hl. Michael finden sich im NM. noch einige Darstellungen, die hier
eingereiht sein mögen: 84323 und 124547. Die Heimat seines Dienstes, des körper-
losen Erzengels, der als solcher keine Gebeine haben konnte, ist Apulien mit dem
Garganoberge. Er wird zum Volksschützer der Langobarden und verkörpert im
frühen Mittelalter die volkstümliche Gegnerschaft gegen die Griechen, also das ger-
manische gegen alles bizantinische Wesen. Auch die Sarazenen fallen darunter,
und als uralte Vertreterin des Griechentums bildet Neapel den Gegenstand der Feind-
schaft des Erzengels. Er treibt denn auch die Neapolitaner, als sie Benevent und
den Gargano erobern wollen, bis vor die Tore ihrer Stadt zurück. Dennoch dringt
auch sein Dienst in Neapel ein, wie denn schon in den 800 der Goldene Berg bei
Sorrent eine gelungene Wiederholung des Garganoberges bildet, und die alte Kirche,
an deren Stelle S. Dominik steht, war ihm geweiht. Um die Jahrtausendwende tritt
sein Dienst mehr und mehr zurück, und bald ist er ganz vergessen, während er im
Norden um so lebendiger bleibt. Von dort bringen ihn auch die Anjoinen zurück.
Unter Robert ist er der Schutzheilige des Reiches. Bei der Berennung Neapels kämpft
1) So ähnelt das schon erwähnte verdächtige Altarblatt von La Croce a S. Agostino,
in altem Rahmen, das von Chiarini aufs höchste gepriesen wird, allen älteren Schriftstellern
aber unbekannt ist, in der Mache sehr an ein ebenfalls verdächtiges Bild im Schloß, bei dem
die Dinge, wie wir weiter oben sehen werden, ganz ähnlich liegen, wie hier.