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Rolfs, Wilhelm
Geschichte der Malerei Neapels: mit einem Titelbild in Heliogravüre, mit 13 Textfiguren und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.56470#0209
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TOIENSIS PINXIT • 1523 • UT • EMENDENT. Das Bild, obgleich nur schwer
sichtbar1)', ist eine wohltuende Erinnerung an gute Schule und Zeit. Im Halb-
rund oben befindet sich Gottvater, unten in kleinen Figuren die Anbetung der
Könige in einförmigem fantasielosen Aufbau: rechts Pfau, Josef, Maria, die Krippe,
links ein vor dem Kinde kniender König, dann in gleicher Beugung die anderen
mit Knappen usw. Auch die Landschaft ist hilflos, Farben wie Modellierung sind
matt. Die ursprünglich kühlen Töne von Braun, Grau, schwachem Rot deckt jetzt
ein warmer Goldton des Alters. (Tempera?)
Leonhards Tätigkeit scheint erst nach der des Guelfo zu beginnen. Wir
finden ihn zuerst in der Dominikanerkirche. Nach D’Engenio malt er dort
für die Kapelle des Diomed Karrafa eine Steinigung des hl. Stefan. Diomed
scheint des Künstlers Gönner gewesen zu sein. In dieser dem hl. Stefan geweihten
Kapelle, wo er sich zu lebzeiten als Bischof 1544 ein prunkhaftes Grabmal hatte
errichten lassen, ließ er von Leonardo dett’ il Pistoia den Tod des Blutzeugen
malen, was allem Anscheine nach um 1544 geschah. Celano (der bei dieser Ge-
legenheit Lionardo und Guelfo zu einem Manne zusammenzieht) bemerkt: »Das Bild
ist fortgenommen, und man weiß nicht, was man damit gemacht hat.«
Ein anderes Bild angeblich von Leonhard in der Dominikanerkirche (Kap.
Ruffo) stellt den Bluttod der hl. Katerina dar. Aus dem Umstande, daß diese
Kapelle ursprünglich den Tomacelli gehörte und dem Leonhard Tomacello, der
1529 starb, seine Gattin ein Grabmal errichtete, ist aber alles das nicht zu schließen.
Eine eigenartige Geschichte hat das jetzt im NM. (N. ?) befindliche Bild
der Reinigung im Tempel, das Leonhard für den Hochaltar von Montoliveto
gemalt hatte. »Die Personen, die man darauf sieht, wurden nach dem Leben ge-
nommen, um das Misterium der Reinigung Mariens darzustellen. So war das Ge-
sicht Simeons von dem damaligen Kronanwalt des höchsten Gerichtshofes, An ton
Barrattucci, das der Maria von Lukrezia Skaglione, das der anderen Frau von
dem Gesichte der Diana von [A]Rago[na] genommen, einer Dame, deren große
Schönheit damals sehr geschätzt wurde. In den anderen Persönlichkeiten erkannte
man die Ähnlichkeit mit dem Erzbischof von Kajazzo, Lelio Mirto, dem Bischof
von Polikastro, Gabriel Altilio, und dem Sakristan der Kirche, einem Olivetaner.
Als nun Vasari zur Ausmalung des Remters [1544] nach Neapel berufen wurde,
gab er in sittlicher Entrüstung den Brüdern zu verstehen, es sei doch sehr unschick-
lich, daß man auf der Tafel des Hochaltars einer Kirche, die so vornehm und viel
besucht sei, in dem Gesichte der Jungfrau die Züge einer so wohlbekannten Dame,
in dem Simeons die eines Anwalts erkenne. Sie wurde daher entfernt und durch
eine Tafel mit demselben Vorwurfe von der Hand des Vasari ersetzt« (Celano).
Diese Angaben lassen darauf schließen, daß das Werk in der Zeit von 1530 bis 1540
entstand.
1) Unten ist es um 40 zm verlängert. Hohes Rechteck von 3,12: 1,82 m, oben rund,
mäßig erhalten, namentlich im oberen Teile überschmiert.

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