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Rolfs, Wilhelm
Geschichte der Malerei Neapels: mit einem Titelbild in Heliogravüre, mit 13 Textfiguren und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.56470#0307
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Wurf, ungeheurer Fantasie, schnell und entschlossen. Rom erfreute sich seiner Ar-
beiten bis zum Jahre 1690, das das 54. seines Lebens war, in dem er starb. Er
hinterließ eine Tochter Angela, die eine geschickte Bildnismalerin wurde und seine
Werke zu kopieren verstand, wie man es noch gegenwärtig [1733] sieht.« Irrtümlich
hiervon ist sein Todesjahr und der Ort, wo er starb. Denn in der Marienkirche-
d er-Gnad en zu Kaponapoli befindet sich sein Grabstein (ursprünglich am Eingang
ins Kloster zwischen den beiden Kapellen), der besagt, daß der berühmte Maler, Ritter,
Turiner am 28. September 1688 starb. Was wir aus Orlandi entnehmen, entspricht
dem, was wir von ihm aus eigner Anschauung in Erfahrung bringen können: er war
ein wilder Draufgänger, der dem Lanfranko nacheifert, im übrigen aber in Rom die
Tempesta, Pomerancio usw. zu Vorbildern genommen zu haben scheint. Wann
er nach Neapel kam, ist nicht festzustellen. Vielleicht war er als Nachfolger Lanfrankos
empfohlen worden und erhielt so als ersten Auftrag die Ausmalung der Kuppel der
Apostelkirche, an der Lanfranko nur die vier Evangelisten fertiggemalt hatte1).
Jedenfalls ist er 1664, also 28jährig, in Neapel urkundlich festzustellen. Am
28., August 1664 schenkt der Statthalter Penaranda kurz vor seiner Abreise nach
Spanien dem alten Maler Jakob di Kastro, der die Aufsicht über die Verpackung
der Gemäldesammlung des Grafen übernommen hatte, die er in der üblichen Weise
aus Neapel mit sich fortnahm, auf dessen Bitten als eines der Vorsteher der Niklas-
kirche-am-Staden (S. Nicola al molo) 200 Dukaten, damit er die neue Decke
dieser Kirche vollenden könne. Am 5. Dezember wird diese Decke enthüllt, die
für 500 Dukaten von Johann-Baptist Massimo von Modena2) angefertigt wurde.
Der alte Jakob überwachte diese Arbeit auf das Genaueste, ließ oft Einzelheiten ändern,
bald die Tiefen verstärken, bald die Schatten auflichten usw., damit die Figuren richtig
im Bilde säßen. Massimo erhielt als besonderes Honorar 40 Dukaten, und 20 Dukaten
sein »Genosse aus Piemont«, unter dem wir Benaska zu verstehen haben. Er spielte
1) So ist das Verhältnis beider zueinander in dieser Kirche, wie es Giannone, der
im übrigen auch hier einmal wieder seinen Gegner De D. einfach ausschreibt, bereits fest-
gestellt hatte. Benaska hat in seiner wüsten, blutrünstigen Art die Kuppel, Lanfranko mit
seiner zahmeren und maßvolleren Weise die Hängebogen bemalt. Die Gestalten sind hier
wie anderswo ohne Verhältnis zum Raum, in einem unangenehm kalkigen Tone und hellen
Farben ohne alle Feinheit wild hingehauen, das Werk eines Tünchers von großspurigem
Wollen und mangelhaftem Können (Abb. 106).
2) Vidriani, den Orlandi benutzt, meldet von Johann-Baptist Madonnina aus
Modena, er sei in Neapel an der Pest gestorben. »Er hinterließ in verschiedenen Herren-
häusern in Neapel und Rom schöne Gedenken seines Pinsels, obgleich er in den Figuren
nicht über die Mittelmäßigkeit hinauskam. Dagegen verfertigte er Wunder in einfarbiger Malerei,
in Prospekten, in Quadraturen [ein technischer Ausdruck, den man beim Prospektmalen für das
Zurückführen auf das Quadrat benutzte] und Fernsichten (sfondati) mit solchen Kunstgriffen,
daß das Auge sich täuscht und beim Betrachten unendlich weit in die Ferne sieht.« Der
Tod an der Pest, wenigstens an der vom Jahre 1656, ist wohl irrtümlich, doch dürfte dieser
Künstler mit dem oben genannten »Massimo« gleich sein. (Über die Prospektmaler usw.
s. unten)
 
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