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einer Schüssel, der sich wohlbehalten im Filangieri-Museum des Komohauses (N.
1455) befindet und JUSEPE DE RIBERA ESPANOL A 1647 gezeichnet ist Der
großartige Kopf des Täufers liegt in einer auf einem Steine stehenden Schüssel, davor
ein roh zusammengebundenes hölzernes Kreuz und ein Tuch. Die gelbgraue Blässe
des Gesichtes mit dem noch lebensroten Munde, den gebrochenen Augen sticht prachtvoll
ab gegen das Weiß des vorzüglich gemalten Tuches. Über dem Tuche das Schwert
aus schwarzem Stahl: am Rücken glitzert eine feine Linie gleißenden Lichtes. Das
Tuch diente dazu, das heilige Blut abzuwischen: so wenigstens sind die Blutflecken
darauf gemalt. Welch grausamen Züge der Wirklichkeit, und doch, wie ist das durch
eine unübertreffliche Kunst geadelt! Dalbono sagt davon: »Der Kopf einer Leiche,
der aussieht, als ob er die Augen noch einmal aufschlagen könne, als ob der Mund
noch ein Wort murmeln würde, das ewig ist. So viel Wahrheit hat der blasse Tod
dieses abgeschnittenen Hauptes, das du berühren möchtest, und doch weichst du
scheu zurück. Du streckst die Hand aus und meinst die Schauer der Todeskälte zu
spüren1) . . .«
Das Jahr vor seinem Tode (1651) bringt uns nicht weniger als vier bedeutende
Werke des Meisters. Zunächst vollendet er das schon 1638 begonnene Abendmai
der Apostel im Kor der Kirche von S. Martin (4:4), links in der Ecke gez. 1651,
die Krone seines Lebenswerkes2). Dargestellt ist, wie Kristus das Brot seinen Jüngern
bricht. Ein Meisterwerk, das ebenso eigenartig im Vorwurf wie bedeutend im Aufbau
und in der Ausführung ist. Es ist keine Tafelrunde, der Gegenstand war von den
»Erben des Veronese« gegenüber erledigt; sondern der Heiland wandert von rechts
auf eine Halle zu. Hinter ihm an der verlassenen Tafel trauert Johannes3), und Petrus
hat sich, ähnlich der Magdalena der Beweinung, nach Genuß des heiligen Brotes in
den Staub geworfen. Vor ihm kniet die Prachtfigur eines anderen Jüngers; dahinter
mit verschiedenem Ausdruck innerer und äußerer Erregung, aber alle von tiefster
Glaubensglut verzehrt die übrigen Apostel. Dem Horizont des blauen Himmels ent-
lang, aus dem rechts eine Schar vorzüglich gemalter Engel herniederschwebt, zieht
sich ein fahler Wolkenstreif, die tragische Tiefe der Stimmung vermehrend. Köpfe,
Farben, Bewegung — alles ist von großartiger Schönheit, namentlich die Hauptgruppe,
die auch die lebhaftesten Farben hat: Kristus im leuchtenden Rot des Rockes mit*
herabfallendem blauen Mantel, der Kniende in Weiß mit gelbem Mantel über der
Schulter, Petrus in ergänzendem Blau-Altgold. Die übrigen Apostel alle in jenem
schönen ernsten Dunkelgrau und Braun, aus dem die markigen Köpfe prachtvoll
herauskommen. Wenn wir an Venedig erinnert werden, so liegt das natürlich an
1) Im Komohause befindet sich auch die feine Rötelzeichnung eines jugendlichen
Mädchenkopfes, die dem Ribera zugesprochen wird und mit Tinte die Bemerkung trägt,
daß sie des Meister Tochter darstelle. Die Ausführung ist außerordentlich sauber und sicher,
die Übereinstimmung mit den Stichen Riberas aber nicht groß.
2) Keine gute Fotografie erhaltbar.
3) Er zeigt besonders stark die lange Oberlippe riberischer Gestalten.
einer Schüssel, der sich wohlbehalten im Filangieri-Museum des Komohauses (N.
1455) befindet und JUSEPE DE RIBERA ESPANOL A 1647 gezeichnet ist Der
großartige Kopf des Täufers liegt in einer auf einem Steine stehenden Schüssel, davor
ein roh zusammengebundenes hölzernes Kreuz und ein Tuch. Die gelbgraue Blässe
des Gesichtes mit dem noch lebensroten Munde, den gebrochenen Augen sticht prachtvoll
ab gegen das Weiß des vorzüglich gemalten Tuches. Über dem Tuche das Schwert
aus schwarzem Stahl: am Rücken glitzert eine feine Linie gleißenden Lichtes. Das
Tuch diente dazu, das heilige Blut abzuwischen: so wenigstens sind die Blutflecken
darauf gemalt. Welch grausamen Züge der Wirklichkeit, und doch, wie ist das durch
eine unübertreffliche Kunst geadelt! Dalbono sagt davon: »Der Kopf einer Leiche,
der aussieht, als ob er die Augen noch einmal aufschlagen könne, als ob der Mund
noch ein Wort murmeln würde, das ewig ist. So viel Wahrheit hat der blasse Tod
dieses abgeschnittenen Hauptes, das du berühren möchtest, und doch weichst du
scheu zurück. Du streckst die Hand aus und meinst die Schauer der Todeskälte zu
spüren1) . . .«
Das Jahr vor seinem Tode (1651) bringt uns nicht weniger als vier bedeutende
Werke des Meisters. Zunächst vollendet er das schon 1638 begonnene Abendmai
der Apostel im Kor der Kirche von S. Martin (4:4), links in der Ecke gez. 1651,
die Krone seines Lebenswerkes2). Dargestellt ist, wie Kristus das Brot seinen Jüngern
bricht. Ein Meisterwerk, das ebenso eigenartig im Vorwurf wie bedeutend im Aufbau
und in der Ausführung ist. Es ist keine Tafelrunde, der Gegenstand war von den
»Erben des Veronese« gegenüber erledigt; sondern der Heiland wandert von rechts
auf eine Halle zu. Hinter ihm an der verlassenen Tafel trauert Johannes3), und Petrus
hat sich, ähnlich der Magdalena der Beweinung, nach Genuß des heiligen Brotes in
den Staub geworfen. Vor ihm kniet die Prachtfigur eines anderen Jüngers; dahinter
mit verschiedenem Ausdruck innerer und äußerer Erregung, aber alle von tiefster
Glaubensglut verzehrt die übrigen Apostel. Dem Horizont des blauen Himmels ent-
lang, aus dem rechts eine Schar vorzüglich gemalter Engel herniederschwebt, zieht
sich ein fahler Wolkenstreif, die tragische Tiefe der Stimmung vermehrend. Köpfe,
Farben, Bewegung — alles ist von großartiger Schönheit, namentlich die Hauptgruppe,
die auch die lebhaftesten Farben hat: Kristus im leuchtenden Rot des Rockes mit*
herabfallendem blauen Mantel, der Kniende in Weiß mit gelbem Mantel über der
Schulter, Petrus in ergänzendem Blau-Altgold. Die übrigen Apostel alle in jenem
schönen ernsten Dunkelgrau und Braun, aus dem die markigen Köpfe prachtvoll
herauskommen. Wenn wir an Venedig erinnert werden, so liegt das natürlich an
1) Im Komohause befindet sich auch die feine Rötelzeichnung eines jugendlichen
Mädchenkopfes, die dem Ribera zugesprochen wird und mit Tinte die Bemerkung trägt,
daß sie des Meister Tochter darstelle. Die Ausführung ist außerordentlich sauber und sicher,
die Übereinstimmung mit den Stichen Riberas aber nicht groß.
2) Keine gute Fotografie erhaltbar.
3) Er zeigt besonders stark die lange Oberlippe riberischer Gestalten.