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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 27.1909

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Nr. 4
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Zierler, Peter Bapt.: Das Kapuzinerkloster in Ravensburg, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22620#0076

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so

Ihres Gottseelig Exemplarisch, vnärger-
lichen Leben vnd Wandels halben" sich
gut befunden habe. Auch das freiwillige
Almosen sei nicht so sehr in Betracht zu
ziehen. Er finde also nach Beschaffenheit
der Sache und andern vorhandenen Bei-
spielen keine Ursache, seine Resolution zu
ändern. Er mahne also und befehle
ernstlich, sie mögen nun ihre von den
Kommissären bereits widerlegten und un-
erheblichen Beschwerden fallen lasten und
sich ohne weitere Entschuldigung mit den
Kommissären über einen Platz vergleichen.
Es sei das ein sehr gutes Werk, wofür
er ihnen mit Gnaden gewogen bleiben
wolle. -- Den Katholiken aber schreibt
der Kaiser in wahrhaft väterlicher Weise,
er wisse wohl, daß Ravensburg schon
lange paritätisch sei, aber er zweifle doch,
ob es von ihnen recht war, eine solche
die Ehre Gottes betreffende Sache com-
muni nomine zu behandeln und den
Protestanten selber Mittel an die Hand
zu geben, ihr Ministerium zu vermehren.
Die Erhaltung der katholischen Religion
sollte ihnen doch mehr am Herzen liegen,
als der politische stutus. In Religions-
sachen sollten die Katholiken das Di-
rektorium führen und so, wenn nicht die
meisten, doch die ansehnlichsten Stimmen
aufbringen. Auch die Protestanten machten
ja fast überall ihre Religionsangelegen-
heiten unter sich allein ab. Da nirgends
eine so gute Gelegenheit zum Bau eines
Kapuzinerklosters vorhanden sei, wie bei
ihnen, so ermahne und befehle er, sie
möchten Religions- und Gewissenssachen
künftig besser in acht nehmen und den
Bau, besonders da ihre Einwendungen
schon widerlegt seien, eifrig betreiben.
Was zur Ehre Gottes gereiche, werde
selbst dann, wenn die menschliche Ver-
nunft es für unerschwinglich halte, von
der allmächtigen Hand Gottes gesegnet.
— Am 15. Mai kam der ganze Rat im
Hause des Prälaten von Weingarten zu-
sammen, ?) wo vr. Albert Everhart seinen
Vortrag hielt. Er fand diesmal ge-
neigteres Gehör und die Räte erklärten,
sie seien bereit, den Kapuzinern einen
Platz anzuweisen, wenn sie sich damit be-
gnügen. Jedoch verlangen sie, daß die-
selben sich zu einem Reverse herbeilassen,
wie ein solcher auch in Biberach gefordert

wurde, welcher der Stadt die Sicherheit
biete, daß Spital und Seelhaus von
ihnen nicht überlaufen werden. — Dieser
Beschluß scheint indessen nur ein vor-
läufiger und unverbindlicher gewesen zu
sein, da Truchseß Heinrich es für nötig
hielt, auch persönlich die Beistimmung
des Rates entgegen zu nehmen. Er
schreibt nämlich am 26. Mai an den
Amtsbürgermeister Paul Roth von Schre-
ckenstein, er habe Bericht empfangen,
wie sich der Rat mit seinem Unterkom-
missär hinsichtlich des Baues eines Ka-
puzinerklosters verglichen habe. Da ihm
gleichfalls der nächste Mittwoch gelegen
sei, so möge man an diesem Tage um
8 Uhr früh auf dem Rathause zusammen
kommen, wobei er ihnen die kaiserliche
Resolution eröffnen und ihre unverzüg-
liche Erklärung entgegen nehmen wolle.
— Unbekannt aus welchen Gründen fand
jedoch die vereinbarte Verhandlung nicht
Mittwoch, dem 2. Juni, sondern schon
Samstag, dem 29. Mai statt. Der
Unterkommissär l)r. Everhart hatte wieder
das Referat und betonte darin besonders
folgende Punkte:
1. Die Kapuziner begehren kein statt-
liches Gebäude.
2. Sie werden auf dem ihnen ein-
geräumten Platze bleiben und keinen
weiteren Besitz ankaufen.
3. Betreffs der Sammlung werden sie
solche Diskretion gebrauchen, daß sie eher
Mangel leiden, als jemandem beschwerlich
fallen. Überhaupt pflegen die Kapuziner
die Einwohner ihres Wohnsitzes hinsicht-
lich der Sammlung zu schonen und ihre
Hilfe mehr bei Fremden zu suchen.
Man möge sich also dem Kaiser will
fährig zeigen, einen Platz anweisen und
weil der ?. Provinzial gerade in Bi-
berach sei, demselben einen Tag zur
Augenscheinaufnahme bestimmen.
Nun traten die Protestanten ab, jedoch
mit der ausdrücklichen Erklärung, daß
dadurch dem Religionswesen nichts prä-
judiziert sein solle und daß sie hoffen,

') Stadtarch. Rav., Sch. 55, L. c. F. 1975a 20.
2) Stadtarch. Rav., Sch. 55, L. o. F. 1975a 1.
ff Stadtarch. Rav., Sch. 55, L. 6. F. 1975s. 23.
Stadtarch. Rav., Sch. 55, L. o. F. 19751,
u. u S. 21 und Hafner: Die evangelische Kirche
in Ravensburg 1884, S. 69.
 
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