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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 3.1917/​1918

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Nr. 1
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Frimmel, Theodor von: Zwei neuaufgefundene Bildnisse Beethovens
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https://doi.org/10.11588/diglit.52767#0024

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die allgemeinen Erörterungen. Ich trenne nunmehr die beiden Porträte voll-
kommen. Das eine ist eine kleine Federzeichnung von J. N. Höchle, das
andere ein derlei Blatt von Jos. Weidner.
Joh. Nep. Höch les sogenannter Beethoven befindet sich gegenwärtig
bei Herrn Generaldirektor der Zivnostenska Banka A. Ruzicka in Prag.
Dahin ist das Blättchen gelangt bei Gelegenheit der Versteigerung Fritz
Donebauer im Dezember 1915. Damals wurde in Prag durch den Kunst-
verein für Böhmen ein Teil der Donebauerschen Sammlung unter den
Hammer gebracht. Nr. 79 war angeführt als „Beethoven auf der Bastei“,
Federzeichnung, aquarelliert, 11X6 cm.*) Die erste wissenschaftliche Er-
wähnung des Blättchens geschah durch Dr. Leo Grünstein in einem Vortrag
über Joh. Nep. Höchle im Wiener Altertumsverein. Das „Monatsblatt“ des
Vereins brachte im Februar 1916 einen Auszug aus Grünsteins Vortrag mit
Erwähnung des Beethovenblattes. Mich um die Sache bekümmernd*), erfuhr
ich nach einigem Suchen, daß die Zeichnung Höchles in den Besitz des
Herrn Generaldirektors Ruzicka gelangt ist. Bei diesem fand ich das freund-
lichste Entgegenkommen, so daß ich das Blatt nicht nur kennenlernen
konnte, sondern auch abbilden durfte (vgl. die Abbildung auf Tafel XIV).
Daß J. N. Höchle wirklich der Schöpfer des Blättchens ist, kann
nicht in Zweifel gezogen werden. Die ganze Art paßt vollkommen zu
Höchles Stil. Was an diesem kleinen Kunstwerk zu erörtern und des beson-
deren zu untersuchen ist, betrifft die Frage: Beethoven, oder sonst jemand?
Der Name Beethoven scheint durch Überlieferung gegeben zu sein, und so-
weit die Kleinheit des geschickt gezeichneten Profils es erlaubt, ist auch
eine gewisse Gesichtsähnlichkeit nicht abzustreiten.
Mit der Maske von 1812 zusammengehalten, ergibt sich dasselbe Profil
für die untere Stirn und Nase. Die Stellung des Mundes und der Augen ist
so wie in der Maske; dagegen ein bemerkenswerter Unterschied: der ein-
springende Winkel zwischen Unterrand der Nase und Oberlippe in der
Maske ist merklich spitzig, in der Zeichnung aber ganz wenig stumpf. Manche
Übereinstimmung also mit dem Gipsabguß nach dem Leben, indes auch eine
Abweichung davon.
Mit der Gesichtsähnlichkeit allein ließe sich allerdings nichts beweisen.
Doch tritt sie als verstärkend zu anderem hinzu, das zugunsten der An-
nahme: Beethoven spricht. Höchle war nämlich höchstwahrscheinlich ein
Verehrer Beethovens. Das kam z. B. dadurch zum Ausdruck, daß Höchle
nach Beethovens Ableben, 1827, sich das Musikzimmer in der Wohnung
des Komponisten zeichnete (über diese merkwürdige Studie, die später auf
Stein gezeichnet wurde, gedenke ich an anderer Stelle ausführlich zu be-
richten). Nun wäre es doch sonderbar, wenn Höchle erst gerade durch
Beethovens Tod auf den längst berühmten Tonkünstler aufmerksam gemacht
worden wäre. Viel wahrscheinlicher ist es, daß er längst auf den großen
Mann geachtet hat. Und da wird er denn die in jeder Beziehung auffallende
Erscheinung Beethovens auch einmal künstlerisch festgehalten haben. Die
Skizze, die durch die Überlieferung als Beethoven bezeichnet wird und die
*) Für freundliche Auskünfte bin ich zu Dank verpflichtet den Herren Dr. Wilh.
Engimann, Kustos der städtischen Kunstsammlungen in Wien, Dr. Max Donebauer,
Advokaten in Pilsen, August Ströbel, Sekretär des Kunstvereins für Böhmen und gewiß
nicht zuletzt Herrn Bankdirektor Ruziöka in Prag.
 
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