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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 3.1917/​1918

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Nr. 2
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Kachnik, Josef: Neuentdeckte Original-Ölgemälde in der Olmützer Dom-Kirche
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https://doi.org/10.11588/diglit.52767#0058

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Wien, beobachtet man auch da den starken Einfluß Michel Angelos, in
dessen Banne auch sein Lehrer Bronzino als Manierist stand. Der Heiland
scheint mit seinen halb geschlossenen, nach dem im Hintergründe erschei-
nenden Leidenskelche gerichteten Augen unter dem Kreuzesholze halb auf-
gerichtet zu schlafen. Es ist unverkennbar eine Variation des Werkes Jesus
auf dem Kreuze schlafend. Die Muskulatur aller Körperteile ist mit pein-
licher Sorgfalt durchgeführt, wie ja von einem Meister, der selbst eine
Anatomie zum Gebrauche für Maler geschrieben hat, zu erwarten war. Die
lichtgraue Fleischfarbe hebt sich von dem Braun des Hintergrundes, des
aufgerichteten Kreuzes und der Marterwerkzeuge: der Lanze und der
Dornenkrone, vorteilhaft ab und stimmt den Beschauer wehmütig, aber im
Hinblick auf den goldstrahlenden Leidenskelch, der zugleich das vom
Heilande eingesetzte Meßopfer versinnbildet, auch hoffnungsvoll. (Siehe die
Abbildung auf Tafel XIX.)
Die drei folgenden Gemälde haben Niederländer zu ihren Urhebern.
2. Über allen Zweifel verbürgt erscheint das Holztafelbild Christus
mit der Samariterin am Jakobsbrunnen als Werk des Malers Cor-
nelis van der Voort (geb. um 1580 zu Amsterdam, gest. 1632). Es trägt
seine Signatur CV—V; die Jahreszahl wird nicht angegeben. Der Heiland
hat sich unter einem schattigen Baume am steinumfaßten Brunnen nieder-
gelassen, um auszuruhen. Da kam ein Weib, eine Samariterin, heran, um
Wasser zu schöpfen. Jesus sprach zu ihr: Gib mir zu trinken! Die Sama-
riterin reicht ihm eine reichverzierte Kanne hin, aus welcher sich glitzerndes
Wasser ergießt, und wundert sich, daß er als Jude von ihr zu trinken be-
gehrt, nachdem die Juden mit den Samaritern keine Gemeinschaft haben
wollen. Jesus, mit einem roten Mantel angetan, erhebt die rechte Hand,
blickt das üppig gekleidete, mit einem weißen wehenden Schleier umflorte,
mit Armband und goldenen Ohrgehängen weltlich geschmückte Weib mit
ernsten Augen — welche im ovalen Antlitze von edessenischem Typus
sitzen — an und spricht die Worte: Wenn du die Gabe Gottes erkenntest,
und wer der ist, der zu dir spricht: Gib mir zu trinken, so würdest du
ihn etwa gebeten haben, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben (Joh.
4, 10). Das Gespräch wird weitergesponnen, und links im Hintergrund er-
scheinen bereits einige Jünger, von ausgesprochen holländischem Aussehen,
welche in die rechts auf einer Anhöhe gelegene Stadt Sichar gegangen
waren, um Speise anzukaufen, und wundern sich, daß er mit einem Weibe
redet; doch keiner wagt ihn darob zu fragen. Aus dem Stadttore treten die
Samariter in buntfarbiger Bürgerkleidung heraus und eilen den steilen Steg
hinan zum Brunnen, um den Propheten zu sehen, von dem ihnen das Weib
erzählt hat. Rückwärts im Hintergründe schlängelt sich in die weite Ferne
der Jordanfluß, in dessen glänzendem Wasserspiegel sich die Schatten der
am Ufer wachsenden Bäume und Sträucher abbilden. Rot, Braun, Gold-
ocker, Silberweiß, Grau und Siena verleihen dem Bilde eine faszinierende
Farbenpracht, welche durch die Restaurierung des Kirchenmalers Gustav
Precek aus Olmütz, dem die Reinigung aller dieser Gemälde vom Dom-
kustos Dr. Fr. Ehrmann übertragen wurde, wieder zur Geltung kam.
3. Das dritte Gemälde ist gleichfalls eine Holztafelmalerei, die
Madonna darstellend, wie sie sitzend mit über die Brust ge-
kreuzten Händen das Jesuskindlei n an betet, während rechts ein
 
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