Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 3.1917/​1918

DOI issue:
Nr. 4
DOI article:
Frimmel, Theodor von: Die Gemäldesammlung des Wiener Schottenstiftes, [1]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52767#0117

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
107

schäft von 1538 bei Konsul Weber in Hamburg so wie auf dem Bilde in
Brüssel haben die Figuren meist auffallend dicke, große Köpfe, ein Fehler,*
der auch noch ein wenig die Figuren des Bildes in der kaiserlichen Galerie
verunziert. Das Bild im Schottenstifte zu Wien scheint also aus der besten
Zeit des Künstlers zu stammen, der späterhin wieder recht schwache Ar-
beiten lieferte. Zwei Zeichnungen von 1560 und 1568 im Berliner Kupfer-
stichkabinett legen davon Zeugnis ab (Nr. 393 und 394)*)- Etwas, das ich
bisher auf dem Gassel des Schottenstiftes vergebens gesucht habe, ist die
laufende Eidechse im Vordergründe, die auf dem Bilde in Hamburg, Brüssel
und in der kaiserlichen Galerie jedesmal vorkommt. Vielleicht hat der
Künstler diese Spielerei in seiner späteren Zeit aufgegeben.
Nicht minder interessant für die Geschichte der südniederländischen
Malerei als das Gasselsche Bild ist ein monogrammierter Joachim Beucke-
laer (Nr. 84). Breitbild, über und über mit Figuren voll Prächtige Erfindung,
auch wenn strenge Richter hervorheben werden, daß die Hauptperson,
Christus, der dem Volke gezeigt wird, in den Mittelgrund an eine unbe-
deutende Stelle gerückt erscheint. Die religiöse Darstellung bot dem Künstler
augenscheinlich nur Gelegenheit, das lebhafte Treiben eines flämischen
Markttages auf die Bildfläche zu bringen. Wir befinden uns auf einem breiten
Marktplatze. Obst, Gemüse, Fleischwaren werden feilgeboten und mitten-
durch gewahrt man allerwärts Landleute und Mägde, die kaufen. Vorn, fast
mitten, ein Holzschlitten, auf dem links das Monogramm mit . I B und
weiter rechts die Datierung mit „1564 6 Dece . . .“ zu finden ist. Beuckelaer
ist von der Literatur viel mehr beachtet worden als Gassel, so daß ich es
wohl hier bei einigen Andeutungen bewenden lassen kann. Der Beuckelaer
des Schottenstiftes hat kleinere Figuren, als sie sonst bei diesem Ant-
werpener Meister vorzukommen pflegen. Mißt doch das ganze Bild kaum
viel mehr als 1 m in der Breite und etwa 40 cm in der Höhe. Und nun
dieses Gewimmel unzähliger Personen auf der verhältnismäßig kleinen
Fläche. Im ganzen ist das Bild hell gehalten. Viel weiß, grau, grün in den
Gewändern, weniger braun und rot. Die weiblichen Gesichter sind fast aus-
nahmslos sehr blaß.
Der Richtung des Gillis van Coninxloo muß man zwei weitere alt-
niederländische Bilder zuschreiben, die hier im Schottenstifte zu finden sind.
Sie stehen als „Finkenbaum, Fig. von Brueghel“ im alten Inventar (Nr. 48
und 49). Landschaften von höchst sauberer Durchbildung. Eine ist mit „1602“
datiert. Vorübergehend habe ich an Petrus Stephani aus Mecheln gedacht,
der ähnlich durchscheinende Figürchen gemalt hat, wie sie hier vorkommen.
Die Rahmen sind sogenannte Mechel-Rahmen, das ist solche, wie sie Direktor
Mechel bei der Aufstellung der kaiserlichen Galerie im Belvedere hat an-
fertigen lassen. Sie zeigen außen eine Kreistänie, dann einen Perlenstab und
innen einen Blattsturz. Vielleicht sind diese Bilder einmal als Geschenk aus

*) Ich kann nicht umhin, hier einige Mitteilungen über Gassel und seine Arbeiten
einzuschalten. Das Bild bei Konsul Weber ist offenbar identisch mit dem Bilde, das
ehedem in der Derschauschen Sammlung gewesen ist (Nr. 52). Nach Naglers Mono-
grammisten war ein signiertes Werk von 1539 in der DevJyschen Sammlung zu
München. Seltene Stiche nach Gassel finden sich hier in der Hofbibliothek und in
den Kupferstichbänden aus der alten Ambraser Sammlung. In Lille wird ihm ein Bild
ohne einleuchtende Berechtigung zugeschrieben (Nr. 226).
 
Annotationen