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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 3.1917/​1918

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Nr. 4
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Frimmel, Theodor von: Malerische Naturbeobachtungen, 2: durchbrechende Strahlenbündel
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https://doi.org/10.11588/diglit.52767#0123

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schaftlichen Stimmung, wie sie bei den holländischen Landschaftsmalern und
Meerschilderern des 17. Jahrhunderts in herrlicher Abwechslung zu finden
ist, kommt bei Teniers nur selten eine kleine Andeutung vor. Auch die
Landschaften des Rubens halten eine naturwissenschaftliche Prüfung nicht
aus, wie sehr uns auch sonst ihr unbestreitbarer Farbenreiz und ihre stil-
vollen Formen bestricken mögen. Wir werden das bei der Beurteilung
einiger Regenbogendarstellungen des großen Flandrers noch des näheren
zu erörtern haben. In kunstphilosophischer Beziehung wird man sich freilich
bei Rubens sagen, daß in seinen Landschaften noch das Stilvolle überwiegt
und der Realismus nicht betont ist.
Aus neuerer und neuester Zeit gebe ich einige Beispiele der Dar-
stellung von Lichtbüscheln, die durch Wolken brechen. Der ältere Ra ff alt
hat derlei Erscheinungen genau beobachtet und getreu wiedergegeben. Ich
fand dies unlängst wieder bestätigt durch ein kleines Ölgemälde Raffalts in
der Albert Kendeschen Wiener Versteigerung vom 17. Februar 1917 (W. 175).
Mit vollem Verständnis sind die durchbrechenden Lichtbüschel auch zur
Darstellung gebracht durch Eduard Schleich in dem Bilde: Starnberger
See, das in der Münchener Galerie Schack so viele Bewunderer gefunden
hat und noch findet. Eine H. Reifferscheidsche Radierung skizziert den
Durchbruch strahligen Lichtes in anerkennenswerter Weise, wogegen ganz
unperspektivisch behandelte Strahlenbündel auf neuest ausgestellten Bildern
nicht unerhört sind. Es hat wenig Reiz, für solche Fälle ohne Not bestimmte
Namen zu nennen.
Werden beim Durchbrechen der Sonne die Lichtbündel merklich
breiter als die Wolken, zwischen denen sie durchbrechen, so erscheinen
begreiflicherweise die Streifen der Wolkenschatten als dunklere Unterbrechung
helleren Sonnenlichtes. Eine solche Form der Erscheinung ist in sehr ge-
lungener Weise dargestellt durch Altenk'jopf, einen tüchtigen Maler Alt-
Wiens. Das Gemälde, das ich meine, befindet sich im Wiener Privatbesitz*).
Hatten wir bisher eine Ausbreitung der Lichtbüschel jedesmal von
oben nach unten vor uns, so sind auch die Strahlenfächer zu beachten, die
sich von unten nach oben ausbreiten. Sie kommen zustande kurz vor
Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang. Die Bedingungen für die Ent-
stehung sind ohne Zweifel dieselben wie für den Strahlenfächer von oben,
nämlich ferne Wolken mit Lücken darin, durch die sich die Lichtbündel in
die Luft verbreiten, soweit sie unserem Auge sichtbar sind. Die zarten rosen-
roten Büschel einer Morgenröte dieser Art waren schon den Griechen
homerischer Zeit bekannt. Singt doch Homer von der rosenfingerigen Eos.
Auf den Gemälden ist es ja nicht immer sicher, ob mit derlei Strahlen-
büscheln Aufgang oder Untergang unseres Tagesgestirns gemeint ist. Als
ein Beispiel fasse ich eine Zeichnung von Niclas Poussin heraus, eine
Landschaft mit Orpheus und Euridike, die sich zu Chantilly befindet. Sie
gehört zu dem Gemälde im Louvre zu Paris, doch ist gerade der Sonnen-
stand auf dem Gemälde geändert in Vergleichung mit dem Blatt in Chantilly.
*) Es war als Neuigkeit im alten Wiener Kunstverein 1848 als Nr. 305 ausgestellt,
gelangte damals in den Besitz meiner Eltern und verblieb bis heute in der Familie. Es
stellt einen Blick auf die Hochschwabgruppe dar, wie er sich ergibt, wenn man von
Peggau aus zum sogenannten Jägerhof aufsteigt. Im Hochgebirge ist ein Gewitter
niedergegangen und nun bricht wieder die Sonne durch.
 
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