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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 12.1921

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Achtes Heft
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Walden, Herwarth: Unter den Sinnen, [4]: Dichtung zwischen Menschen
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https://doi.org/10.11588/diglit.47209#0178

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Dich an mein Bett. Ich gebe Dir meinen
Mund, weil Du jung bist.
Komm mit mir. Komm mit mir fort.
Ich kann nicht.
Du liebst mich nicht allein.
Ich liebe Dich
Du betrügst Dich in meiner Liebe
Gib mir Deinen Mund und lache.
So kann ich nicht.
Lache, dass ich bin.
Grausam bist Du.
Aber heute Abend darf ich aufstehen.
Warum weichst Du aus
Ich liege.
Warum weichst Du ab.
Noch liege ich. Aber des Abends werde
ich aufstehen und mein Herz wird in den
Morgen sinken.
Bleib bei mir.
Ich bin bei Dir. Immer wenn Du mich
brauchst.
Ich brauche Dich immer.
Eine Tänzerin bin ich auf der Strasse. Ist
mein Knöchel gebrochen, hüpfe ich auf dem
Grase im Dämmerlauschen der Zweige.
Du bist unmenschlich.
Hier ist meine Hand, hier ist mein Mund.
Nimm, nimm, was Du willst, wie du willst.
Aber Deine Augen müssen zwitschern, ganz
leise, dass mein Herz von Ast zu Ast springt
und des Abends will ich ein grünes Kleid
anziehen. Es ist sehr weit. Daran kannst Du
mich halten, wenn ich in die offnen Fenster
springe.
Ich bin der ärmste Mensch auf der Erde.
Weil ich Dich liebe
Du spielst um mich
Jetzt wird der Doktor kommen
Aber Du darfst nicht aufstehen.
Nicht bis Du kommst
Nie werde ich Dich lassen.
Nie brauchst Du mich verlassen.
Nun, aufgestanden, mein junger Freund
sagte mir soeben noch, dass Sie liegen
Ich bin gesund.
Sie können dem Leben nicht aus weichen,
immer führt es zurück
Ich eile voran bis zum Rande
Zum Rande im Kreise
Ich kann nicht leben auf der Erde.
Nun sind Sie Freund dem Leben
Sie wollen mich auf die Strasse stossen

Und klagt die Tänzerin auf der Strasse
Alle Gärten blühen neben meiner Strasse.
Mein Herz wacht strassab, strassab
Ich will Dich auf meinen Schoss nehmen,
dass dein Herz im Schweben ruhe
Wenn einer fühlte was ich möchte
Nun stehst Du vor der Liebe deines Leibes.
Nun fühlt ein jeder, was Du möchtest.
Nun ketten Deine Glieder sich an Glieder.
Nun schreit Dein Blut liebauf, liebab.
Nimm mich auf Deinen Schoss.
Dein Schoss ist ein Herzen.
Schütze mich vor der Liebe.
Liebe ist Schutz der Liebenden
Du musst mich halten im Geäst Deines
Mondbaums
Meine Hände sind welke Stile mit blühen-
den Dornen
Stösst Du mich auf die Strasse
Der Mondbaum blüht hinter der Liebe.
Und der Paradiesvogel singt hinter dem Leben
So geh ich
Geht die Tänzerin auf der Strasse
Du quälst mich
Brich auf aus allen meinen Qualen, dass
mein Schoss sich schliesse, der geschlossen ist
Nie werde ich einen andern Menschen
lieben.
Menschen werden anders lieben. Andere
Menschen werden einander lieben. Andrer
Liebe wirst Du mir verfallen
Wenn ich nun gebrochen vor Dir liege
Ein Paradiesvogel singt im Geäst meines
Mondbaumes. Sein Lied ist Schrei. Meine
Fenster sind offen.
Nie werde ich Dich verlassen
Dein Blut schweift strassab, strassab
Aber das ist nicht Liebe
Menschen sind wir noch im Grabe
Ich will für Dich leben
Wenn einer für den andern leben könnte,
dann würde die Liebe Leben sein
Aber das Leben ist nicht die Liebe.
Was ist das Leben
Alle Menchen lieben. So geh und lebe
Du lässt mich nicht zu Dir hinein.
Alle Herzen stehen Dir offen
Nur Dein Herz ist mir verschlossen.
Da geht ein Mann im Garten
Gib mir nicht Worte
Da geht Dein Freund im Garten
Ich lasse Dich nicht
Da geht mein Freund im Garten
Ich hasse Dich

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