DER STURM
MONATSSCHRIFT / HERAUSGEBER: HERWARTH WALDEN
Unter den Sinnen
Dichtung zwischen Menschen
Herwarth Walden
Fortsetzung
Bist Du schon wieder da. Siehst Du Erna
es ist noch nicht einmal Mittag.
Wo ist Vater
Sei vergnügt, dass er nicht zu Hause ist.
Ihr seht mich heut zum letzten Mal.
Das ist ja schrecklich
Arme Geschöpfe seid Ihr
Wir danken für das Mitleid der grossen
Dame Komm Erna. Auf Wiedersehen in
einer anderen Welt.
Ist Mutter zu Hause
Wir wollten ihr gerade entgegen gehen,Vater.
Beeilt Euch, aber was machst du denn
Nichts
Warum ist der Tisch noch nicht gedeckt.
Das kann ich Dir nicht sagen, Vater.
Niemand sorgt für mich. Dazu hat man
vier Töchter. Was stierst Du mich so an
Ich sehe Dich nicht an, Vater.
Stier mich nicht so dumm an. Ich werde
doch wohl noch meinen Bart tragen dürfen
wie es mir beliebt
Wie es Dir beliebt
Oder hast Du etwas dagegen.
Ich
Oder wer sonst.
Was wolltest Du mit der Schere in der
Nacht, Vater.
Lass mich mit Deinen albernen Träumen
zufrieden.
Ich träume nie, Vater.
Was für ein lächerlicher Blödsinn. Ich
werde nachts von Dir eine Schere
fordern.
Du hast es getan, Vater.
Du wagst es also, mich Lügen zu strafen.
Ich will Tänzerin werden.
Bist Du verrückt. Abgesehen von allem
anderen, in unserer Familie wird man nicht
Tänzerin.
Mein Wille ist unabänderlich. Trotzdem
bitte ich um Deine Erlaubnis.
Solche Frechheit ist mir noch nicht vor-
gekommen. Du hast überhaupt nichts zu
wollen. Ich habe über Dich zu bestimmen.
Damit ist die Sache erledigt.
So werde ich auf Deine Erlaubnis verzichten.
Mir ist nur meine Hand zu schade, um
mich an Dir zu vergreifen.
Deine Hand hat sich oft vergriffen.
Das hat man von der Gefühlsduselei, wenn
man immer auf die Weiber hört. Ganz an-
ders hätte ich Euch Bande anfassen sollen.
Vielleicht hättest Du dann schon früher
eine Schere suchen müssen.
Ich schlage Dich in Stücke, Du Balg. Dass
man so an seinen Kindern gestraft wird.
Man könnte sich die Haare ausraufen.
Das haben schon andere getan.
Was sagst Du.
Ich bitte um die Erlaubnis, Tänzerin zu
werden.
Nie. Meinen Kopf zum Pfände.
Er ist in meiner Hand.
Du hast den Verstand verloren.
Ich habe Deine Ehre in meiner Hand.
Das wollen wir doch mal sehen.
Bitte.
Verflucht. Du weisst alles.
Ich wünsche Deine Unterstützung nur so
lange, bis ich mir eigne Mittel verschafft habe.
Du wirst begreifen, dass es mein grösstes
Bestreben ist, es schnell zu erreichen.
Und Mutter
Das ist Deine Sache.
Aber Du weisst doch ganz genau, dass Mutter
nicht auf mich hört.
Ich überlasse es Deinem Willen, sie zu über-
zeugen.
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MONATSSCHRIFT / HERAUSGEBER: HERWARTH WALDEN
Unter den Sinnen
Dichtung zwischen Menschen
Herwarth Walden
Fortsetzung
Bist Du schon wieder da. Siehst Du Erna
es ist noch nicht einmal Mittag.
Wo ist Vater
Sei vergnügt, dass er nicht zu Hause ist.
Ihr seht mich heut zum letzten Mal.
Das ist ja schrecklich
Arme Geschöpfe seid Ihr
Wir danken für das Mitleid der grossen
Dame Komm Erna. Auf Wiedersehen in
einer anderen Welt.
Ist Mutter zu Hause
Wir wollten ihr gerade entgegen gehen,Vater.
Beeilt Euch, aber was machst du denn
Nichts
Warum ist der Tisch noch nicht gedeckt.
Das kann ich Dir nicht sagen, Vater.
Niemand sorgt für mich. Dazu hat man
vier Töchter. Was stierst Du mich so an
Ich sehe Dich nicht an, Vater.
Stier mich nicht so dumm an. Ich werde
doch wohl noch meinen Bart tragen dürfen
wie es mir beliebt
Wie es Dir beliebt
Oder hast Du etwas dagegen.
Ich
Oder wer sonst.
Was wolltest Du mit der Schere in der
Nacht, Vater.
Lass mich mit Deinen albernen Träumen
zufrieden.
Ich träume nie, Vater.
Was für ein lächerlicher Blödsinn. Ich
werde nachts von Dir eine Schere
fordern.
Du hast es getan, Vater.
Du wagst es also, mich Lügen zu strafen.
Ich will Tänzerin werden.
Bist Du verrückt. Abgesehen von allem
anderen, in unserer Familie wird man nicht
Tänzerin.
Mein Wille ist unabänderlich. Trotzdem
bitte ich um Deine Erlaubnis.
Solche Frechheit ist mir noch nicht vor-
gekommen. Du hast überhaupt nichts zu
wollen. Ich habe über Dich zu bestimmen.
Damit ist die Sache erledigt.
So werde ich auf Deine Erlaubnis verzichten.
Mir ist nur meine Hand zu schade, um
mich an Dir zu vergreifen.
Deine Hand hat sich oft vergriffen.
Das hat man von der Gefühlsduselei, wenn
man immer auf die Weiber hört. Ganz an-
ders hätte ich Euch Bande anfassen sollen.
Vielleicht hättest Du dann schon früher
eine Schere suchen müssen.
Ich schlage Dich in Stücke, Du Balg. Dass
man so an seinen Kindern gestraft wird.
Man könnte sich die Haare ausraufen.
Das haben schon andere getan.
Was sagst Du.
Ich bitte um die Erlaubnis, Tänzerin zu
werden.
Nie. Meinen Kopf zum Pfände.
Er ist in meiner Hand.
Du hast den Verstand verloren.
Ich habe Deine Ehre in meiner Hand.
Das wollen wir doch mal sehen.
Bitte.
Verflucht. Du weisst alles.
Ich wünsche Deine Unterstützung nur so
lange, bis ich mir eigne Mittel verschafft habe.
Du wirst begreifen, dass es mein grösstes
Bestreben ist, es schnell zu erreichen.
Und Mutter
Das ist Deine Sache.
Aber Du weisst doch ganz genau, dass Mutter
nicht auf mich hört.
Ich überlasse es Deinem Willen, sie zu über-
zeugen.
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