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DIE WELTKUNST

Jahrg. IX, Nr. 1 vom 6. Januar 1935

römischen Universität hängen von der An-
stalt ab; sie sorgen für den Nachwuchs an
italienischen Kunst- und Archäologiebeamten,
vornehmlich an Sopraintendenten für
Altertümer und Kunstdenkmäler in den ein-
zelnen italienischen Zonen. Schließlich bildet
das Kapital des Institutes den Grundstock
für die italienischen Altertumsforschungen
innerhalb und außerhalb der Landesgrenzen.
Die Studien in Kreta, im ganzen Mittelmeer-
becken, in Palästina und Syrien haben hier
ihren finanziellen und auch geistigen Rück-
halt gehabt. Schließlich hat das Institut unter
Mitarbeit des verstorbenen Corrado Ricci
und des Sekretärs des Institutes, Valerio
Mariani, an der Umformung der Ewigen
Stadt, vor allem an der Schaffung der Via
dell’Impero, entscheidend mitgearbeitet.
Als die am meisten für das Publikum in
Erscheinung tretende Aeußerung der Anstalt
sind die Vortragsreihen zu nennen, die in
jedem Winter abgehalten werden. Außer-
ordentlich interessant waren in diesen Tagen
die hier gegebenen Berichte über die
Kreta- Ausgrabungen von Festos, die Luigi
Pernier zusammen mit E. Stefani drei
Jahre lang durchführte. Besonders ausgiebig
war die Berichterstattung über die beiden
kretensischen Paläste, von denen der eine auf
2000 v. Chr. und der zweite auf 1700 v. Chr.
festgelegt worden sind. Die gesamten Funde
werden in Bälde in einem großen Lichtdruck-
werk des Polygraphischen Institutes erschei-
nen. Die nubischen Forschungen des Prof.


M. J. Rothstein-Schievrnk, Porträtbüste P. R.
siehe Bericht S. 3
Monneret de Villart zwischen dem 1.
und 2. Nilkatarakt mit den überraschenden
Ergebnissen der Auffindung von fünf be-
festigten Städten, etwa 90 Kirchen und Tem-
peln und mehr als 10 Kirchhöfen werden
jetzt von dem Institut ebenfalls in einem

Band des Polygraphischen Institutes heraus-
gebracht. Interessant für die Michel-
a n g e I o - Forschungen sind die neuen Un-
tersuchungsergebnisse Prof. Bertini-Ca-
1 o s s o s , der in den wenig genau identi-
fizierten Gestalten des Jüngsten Gerichtes

zahlreiche Zeitgenossen Michelangelos fest-
stellte. Man hat Paul III. Farnese, Papst
Clemens VII. und Julius II. durch Porträt-
vergleiche feststellen können, die drei Päpste
also, durch deren Verdienst die Sixtinischen
Fresken gemalt werden konnten. G. R.

Musste

l l u n g e

n

in Berlin:
„Ewiges Deutschland"
Preußische Staatsbibliothek
Die Preußische Staatsbibliothek und die
Reichsstelle zur Förderung des deutschen
Schrifttums haben es unternommen, das Un-
vergängliche im deutschen Schrifttum von
der gotischen Bibelübersetzung des Ulfilas
(Reproduktion) bis zu Hindenburgs „Aus
meinem Leben“ und Hitlers „Mein Kampf“ an
einer Reihe kostbarer und eindrucksvoller
Zeugnisse zu zeigen, daran anschließend die
Auslese des heutigen Schrifttums.
Der erste Teil der Ausstellung, den die
Staatsbibliothek bearbeitet hat, zeigt die
großen Stationen der Buch- und Schriftent-
wicklung, von der gotischen Schrift des
4. Jahrhunderts bis zu den monumentalen
mittelalterlichen Buchillustrationen (Bruch-
stücke aus dem Nibelungenlied, aus den
Handschriften Walthers von der Vogelweide,
Wolframs von Eschenbach und Meister Ecke-
harts), und weiter bis zu den klassischen
und romantischen Dichtern, teilweise von
der Hand namhafter Künstler illustriert. In
diesen ersten Teil der Ausstellung fällt auch
die Musik: Ludwig van Beethovens 9. Sym-
phonie in Originalhandschrift, die Matthäus-
Passion von J. S. Bach, ebenfalls Original-
handschrift, weiter kann man die Hand-
schriften von Händel, Haydn, Weber, Schu-
bert, Schumann u. a. studieren.
An diese Ausstellung wertvoller Doku-
mente deutschen Geisteslebens der Ver-
gangenheit reiht sich im 2. Teil eine Zusam-
menfassung der Arbeit der Reichsstelle zur
Förderung des deutschen Schrifttums. Sie
will alle Gebiete deutschen Schrifttums zur
Erfüllung höchster Forderungen erheben, die
dem Maßstab einer großen Ueberlieferung
entspricht. In dem dritten Teil der Ausstel-
lung ist anläßlich des 175. Geburtstages
Schillers eine Gedächtnis-Ausstellung des
Dichters zusammengestellt. Der vierte Teil
umfaßt die dramatischen Werke, von Lessing
bis Hebbel, ferner 30 Dramen, die vom Dra-
maturgischen Büro der NS-Kulturgemeinde
seit seiner Gründung 1929 gefördert wurden.

Werner Gilles
Die Buchhandlung Karl Buchholz in
der Leipziger Straße zeigt neben gewählten
Aquarellen von Schmidt-Rottluff und Beck-

mann, Zeichnungen von Hofer und einiger
Kleinplastik von Kolbe, Harth und der Sin-
tenis eine größere Serie Wasserfarbenblätter
von Werner Gilles. Sie sind voll zarter,
schwebender Reize und wirken klangerfüllt
mehr im musikalischen Sinne als eigentlich
darstellend, obgleich das Motivische, das von
der Ostseeküste stammt, immer noch durch-
schimmert. Dieser Rheinländer hat weder
zum Gegenständlichen noch zur malerischen


P. P. Rubens, Kopf einer Diana
Holz, 52 : 40 cm — Gutachten Friedländer
Versteigerung: Berlin, Internationales Kunst- und
Auktionshaus, 19. Januar 1935.
Form ein besonderes Verhältnis. Er deutet
in einer geschmacksicheren, auflockernden
Art um, die für sein Empfinden, in dem ein
Zug zur Vision stark fühlbar wird, eine
eigene, wenn auch leise Sprache findet. Sie
meistert nicht alles in gleicher Weise. Wo
er nicht genug verdichtet und allzu flüchtig
hinsetzt, entstehen Stücke, die mehr kolo-
ristisch gefällig als farbig eindrucksvoll an-
sprechen, während in den gelungeneren alles
wie in einer anderen, höheren Wirklichkeit
erscheint. Zk.

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» Weltkunst“

Das vierte Quartal 1934 lief mit der
Nr. 51/52 ab. Wir bitten, die Abonnements-
gebühr für das I. Quartal 1935 im Betrage
von 4,50 RM (für Deutschland) oder 5,50 RM
(für das Ausland) bis zum 15. Januar
1935 einzusenden. Wir werden uns andern-
falls erlauben, den Quartalsbetrag durch die
Post nachnehmen zu lassen.
Eine Zahlkarte liegt dieser Nummer bei.
WELTKUNST-VERLAG
G. m. b. H.

in .Hamburg:
Alte und moderne
Gemälde
Die Firma L. Fried erichsen & Co.
stellt Gemälde alter und moderner Meister
aus, dazu einiges Kunstgewerbe. Unter die-
sem fällt eine lebensgroße Ludwigsburger
Porzellan-Büste auf, Marie Antoinette dar-
stellend. Untersuchungen haben ergeben,
daß es sich offenbar um ein von Le Jeune um
1778 geschaffenes Werk handelt, von dem
nur dieses Stück bekannt ist.
Unter den Gemälden sei von alten Mei-
stern besonders erwähnt eine koloristisch
reizvolle Golgathaszene, sienesische Arbeit
um 1350, kompositionell verwandt Lippo
Memmi. Die holländischen Meister sind gut
vertreten durch einen Valkenburgh, ferner
signierte Bilder von Palamedes, Berghem,
Teniers; die Engländer durch ein hervor-
ragendes Frauenporträt, vielleicht von Höpp-
ner, und durch einen Constable; die Italie-
ner durch einen großen Bordone, einen
Strozzi, einen Paolini; die Meister des 19. und
20. Jahrhunderts durch Bilder von Renoir,
Corinth, Leibi, Trübner, Decamps, van Gogh,
Lenbach, Ed. Schleich, Knaus, Defregger,
Mauve, W. Busch.
in
Walter Lindgens
So sehr das Genrebild von den Malern
umgangen wird, so nachdrücklich bemüht
man sich heute um Architekturdarstellungen.
Walter Albert Lindgens, der in der Ga-
lerie Dr. Becker in Köln ausstellt,
liebt die kleinen ergrauten Dorfkapellen, die
stadtstolzen und selbstbewußten Kirchen, die
einsam-großen Kathedralen. Wie er sie in
Deutschland, der Schweiz, Frankreich und
Italien sah und erlebte, so hat er sie auf eine
eigenartige Malmanier festgehalten. Es sind
mit Oelfarbe leicht und fleckig getönte
Blätter. Die Farbe wächst aus der innern
Stimmung der Bauwerke, während die Zeich-
nung die bauliche Struktur ausdrückt.
K. H. B.
Kölnischer Kunstverein
Im Kölnischen Kunstverein er-
fährt man jetzt eine aufschlußreiche Begeg-
nung mit zwei Bildhauern. Während Harold
Winter aus Oberursel im Taunus großen

1


Vom Gläser-Sammeln

Wie alle Gebiete des Sammelns ist auch
das des Glases heute von Wissenschaft durch-
setzt. Man sammelt antike Gläser kaum
mehr nach Schönheit der Iris, für Gotik und
Renaissance gibt es sehr beschlagene Spe-
zialisten, die authentischen Schapergläser
sondert man sorgfältig von der großen
Gruppe seiner Nachahmer in der Schwarzlot-
und bunten Translucidmalerei, die geschnit-
tenen Gläser des 17. und 18. Jahrhunderts
werden nach ihrer Herkunft und soweit es
möglich nach ihren Meistern unterschieden
und nicht mehr bloß nach der Feinheit des
Schnittes beurteilt usf.
Im Zusammenhang mit den zunehmenden
Ansprüchen an Qualität liegt darin eine be-
merkenswerte Umwertung namentlich bei
antiken Gläsern; so zwar, daß z. B. ein de-
fektes Stück mit der Signatur des Ennion
oder eines anderen der sidonischen Glas-
künstler weit höher bewertet wird, als ein
unsigniertes und unversehrtes im Glanze der
herrlichsten Iris.
Alte Gläser sind naturgemäß an und für
sich immer etwas Rares gewesen, wenn man
auch darüber staunen muß, wieviele auf uns
gekommen sind. Aber das relativ wenige,
wirklich Gute ist in den Nachkriegs jähren
von den Museen des In- und Auslandes mit
großer Bereitwilligkeit aufgenommen wor-
den — manche Museen, namentlich des Aus-
landes, haben in dieser Zeit erst angefangen
zu sammeln. Ebenso hat sich die Zahl der
privaten Sammler sehr vermehrt: bezeich-
nender Weise meist auf dem Gebiete der
deutschen Gotik, wie bei Gemälden, Plasti-
ken und dem Kunstgewerbe. Da solche
Gläser meist aus den Sepulcren der Altäre
stammen und diese seltener als früher ent-
fernt werden und, wo es noch geschieht, die
gefundenen Reliquiengläser an die Ordina-
riate abgeliefert werden müssen, ist das den

Sammlern zur Verfügung stehende Material
natürlich ein sehr beschränktes. Auch sonst
scheint das ausgiebige Sammeln bei einem
naturgemäß beschränkten Bestände bis zu
einem gewissen Grade zum Versiegen ge-


Becher mit Tierkampf-Darstellung
Köln, 3. Jahrhundert n. Chr.
Kopenhagen,Museum
führt zu haben. Aus Privatbesitz werden
Objekte nicht mehr in nennenswerter Zahl
und Güte angeboten und nur noch Auktionen
von Sammlungen kommen als Quellen in Be-
tracht. Hier zeigt sich denn das bereits skiz-
zierte Bild: Sammlerstücke erzielen hohe
Preise, das übrige findet nur geringes In-
teresse. Dabei wäre gerade unter diesem
Unbeachteten manches zu finden, was in
volkskundlicher Hinsicht durchaus von Be-
lang wäre, weit mehr als vieles, was man in
den Volkskunst- und Heimatmuseen antrifft.
Man muß sich in dieser Hinsicht darüber
klar sein, das z. B. die deutschen gotischen
Gläser alle der Volkskunst angehören. Die
Bürger und Aristokraten jener Zeit tranken
alle aus Zinn- oder Edelmetallgefäßen, später

auch aus importierten venezianischen Glä-
sern, während die heute so leidenschaftlich
begehrten grünen „Waldgläser“ in ihrer Zeit
verachtet, ja, deren Feilbieten in manchen
Städten sogar verboten war. Heute ist es
dagegen so, daß der Erwerb solcher früher
Gläser für Heimatmuseen des Preises wegen
überhaupt nicht mehr in «Frage kommt. Im-
merhin gibt es aus dem 16. Jahrh. und
später manches interessante Gefäß und Gerät
aus Glas, das seinen eigentlichen Platz in
einem Volkskunst- bzw. Heimatmuseum
haben würde.
Bei den antiken Gläsern verhält sich die
Sache bezüglich der Seltenheit des Vorkom-
mens etwas anders. Als Grabbeigaben wur-
den sie im Morgen- und Abendlande oft in
Massen gefunden und so entstanden gelegent-
lich durch wahlloses Anhäufen große Samm-
lungen, in denen sich für den heutigen
Sammler oft nur wenige begehrenswerte
Stücke finden. Und doch sollten sie, auch
wenn sie keine besonderen kunstgewerb-
lichen Leistungen darstellen und dem Quali-
tätssammler nicht genügen, für jeden fein-
sinnigen Menschen schon des Gegenstandes
und der oft anzutreffenden schönen Iris
wegen von Reiz sein, zumal ihr Preis ja ein
sehr geringer ist.
Wir haben dagegen gesehen, daß die
grünen gotischen und Frührenaissance-Gläser
alle aufgenommen werden. Insbesondere die
Nuppengläser, Krautstrünke und hohe Stan-
gengläser; letztere ihrer Seltenheit wegen zu
außerordentlich hohen Preisen. Man erin-
nert sich, daß der 28,5 cm hohe Spechter der
Sammlung Vieweg s. Zt. 4600 Mark brachte.
Bei dieser Art Gläsern spricht natürlich auch
die Schönheit der Farbe mit. Die leuchtend-
grünen Stücke sind beliebter als die trüb-
oder dunkelgefärbten.
Neben den eigentlichen Sammlern gibt es
auch Interessenten allgemeinerer Art, die
auch gelegentlich Gläser erwerben, sich aber
nicht rein vom Qualitätsbegriff leiten lassen.

»S. Seligsberger Wwe. Würzburg, Johanniterplatz 2
Antike Gebrauchsmöbel jeder Art • Plastik in Holz und Stein • Altes Kunstgewerbe • l ayencen • Porzellane

Ihr Augenmerk richtet sich auf geschnittene
Pokale und Becher, vornehmlich aber auf
geschmelzte Gläser: späte Reichsadler-, Kur-
fürsten, Lebensalter-Humpen, die Fichtel-


Lichtgrünes Rippenglas
Venedig, 15. Jahrhundert
Augsburg, Maximiliansmuseum
bergs-, Zunft- und Familienbecher, auf Zwi-
schengold- und Vexiergläser, kurz auf Stücke,
die das Auge erfreuen oder sozusagen volks-
tümlich sind. Solche Liebhaber hat es früher
einmal sehr viele gegeben und heute schei-
nen sie wieder in der Zunahme begriffen zu
sein, wie man dies am besten auf den Ver-
steigerungen feststellen kann. So brachten
bei Lempertz (18.—20. Oktober) derartige
Stücke recht gute Preise, während die guten
Sammlerobjekte verhältnismäßig weit höher
bewertet wurden. Jedenfalls dürften sich aus
dem Umstande, daß gute Gläser rar ge-
worden sind, für die Zukunft ein starkes An-
ziehen der Bewertung ergeben.
L. F. Fuchs
 
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