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13. OKTOBER 1935

IX. JAHRGANG, Nr. 41

D I E


LrMONDErffjARTS

SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT

ART«/* WORLD —
ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE
OFFIZIELLES ORGAN DER REICHSKAMMER DER BILDENDEN KÜNSTE/FACHGRUPPE: KUNST- UND ANTIQUITÄTEN HANDEL

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76 77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin»;
m den Monaten Juli bis September jeden zweiten Sonntag.
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Antike Rahmen

PAUL TIECKE
Restaurierungen aller Art

Rahmen-Kopien

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Tel.: Kurfürst Bl 1762

Bilder auf Reisen

■HB


Eine deutsche Privatsammlung

u

II

drei
aus-
eine
man
zu-

Das Wohnhaus von Albrecht Dürers Vater

Sorgfalt
zurüek-
Jcden-

fei-
von
Stift
Die

n g : Kassel, Gemäldegalerie
(Photo J. Schulz)

Roger van der Weyden, Nachfolger, um 1470: Kreuzigung
Holz, 76 : 57 — Sammlung H. Scheufeien, Oberlenningen
A u s s f e I I

gener Zeiten noch nicht wieder gutgemacht.
Den letzten entscheidenden Schritt tat Ober-
bürgermeister Willi Liebel. Er ließ das
altehrwürdige Haus freilegen und stellte da-
mit ein Stadtbild wieder her, das einen hohen
malerischen Erscheinungswert besitzt. Nun
bieten sich die alten Hölzer in ihren mannig-
fachen Lagen und ihrer von künstlerischem
Empfinden getragenen technischen Konstruk-
tion unverhüllt den Blicken dar. Die Köpfe
der Deckbalken sind wieder sichtbar, ebenso
die großen Setzschwellen, die in diese ein-
gezapften Ständer, die zwischen diese ein-
gefügten Fensterstöcke und die bald ganz,
bald teilweise durch die Geschosse durch-
laufenden Schrägbalken. Durch zahlreiche
Querhölzer wird der Eindruck echter alt-
fränkischer, aus guter handwerklicher Tra-
dition heraus erwachsener Bauweise vervoll-
ständigt und der Wanderung zur alten Kai-
serburg ein neuer Reiz verliehen. Gewisse
Unausgeglichenheiten in der Lagerung und
Stellung der Hölzer, vor allem aber der mas-

licher Kritik geben, die wohl in keiner Weise
die außerordentlichen Verdienste dieses
Sammlers herabmindern kann, aber vielleicht
hie und da in fruchtbarer Weise dem wei-
teren Ausbau dieses schönen Sammlerbesitzes
zu dienen imstande ist. D.

Die der Brüsseler Weltausstellung ange-
gliederte Ausstellung alter Kunst findet,
nachdem eine sachlichere Einstellung die
erste Begeisterung verdrängt hat, in den
Kreisen der Kunstforscher und Kunstfreunde
mehr und mehr eine sehr geteilte Aufnahme.
Prominente Gelehrte haben sich z. T. den
’m der Presse hie und da erhobenen Vorwür-
fen angeschlossen. Wir haben an dieser
Stelle schon früher („Weltkunst“ Nr. 25, S. 1)
auf das Ueberhandnehmen von solchen inter-
nationalen Ausstellungen hingewiesen, die,
ohne ihre innere Berechtigung aus ihrem
wirklichen wissenschaftlichen oder erziehe-
rischen Wert zu beweisen, aus rein repräsen-
tativen oder kunstpolitischen Absichten her-
aus ohne die genügende Sorgfalt zusammen-
gestellt werden. Gerade in diesem Jahre
haben sachlich begründete Ausstellungen wie
die Tizian-Schau in Venedig oder die Delfter
Ausstellung in Rotterdam gezeigt, in wel-
chem Rahmen solche Veranstaltungen mög-
lich und fruchtbar sind.
Im Gegensatz dazu steht die Brüsseler
Kunstausstellung. Man hätte verstanden und
als ein Aktivum empfunden, wenn hier
Kunstwerke, die auf Flandern, auf seine Ge-
schichte und sein Volkstum Bezug haben, ge-
zeigt worden wären. Aber man hat den Ein-
druck, daß die Bilder ohne diesen Gesichts-
punkt und ohne große Sachkenntnis zusam-
mengebracht sind: vieles hält dem kritischen
Blick nicht stand, ganz abgesehen von den
zahlreichen Fehlzuschreibungen. So ist z. B.
ein ganzer Raum dem Bauernbrueghel ge-
widmet, hier befinden sich die berühmten
»Sprichwörter“ aus dem Museum Mayer van
den Bergh und das Pariser Bild „Die Blin-
den“. Das kostbare Bild aus Darmstadt, die
»Landschaft mit der Elster auf dem Galgen“,

Mehrere Jahrhunderte hindurch war das
an der Ecke der Burgstraße und Oberen
Schmiedgasse in Nürnberg gelegene Haus
durch Bewurf und wiederholten Anstrich
seines ursprünglichen Aussehens entkleidet
und damit das Stadtbild an dieser bedeu-
tungsvollen Stelle zerstört und verschandelt.
Ein früherer Besitzer hatte sogar die ehedem
an der Nordseite befindliche Inschrift: „Die-
ses Haus hat Albrecht Dürers Vater im Jahre
1475 um 200 Gulden gekauft“ übertünchen
lassen. So meldete keine Tafel, keine In-
schrift, welch geschichtliche und kulturelle
Bedeutung diesem Hause zukommt. Erst an-
läßlich des Dürer-Jahres 1928 wurde seitens
der Stadt an der Seite der Burgstraße eine
Gedächtnistafel angebracht, auf der zu lesen
ist: „Dieses Haus kaufte 1475 der Gold-
schmied Albrecht Dürer und bewohnte es
bis zu seinem Tode am 20. September 1502.
Sein Sohn Albrecht Dürer, der Maler, wohnte
darin mit Unterbrechungen von 1475 bis
1509“. Doch damit war die Schuld vergan-

Es darf immer mit Freude und Genug-
tuung begrüßt werden, wenn die Möglichkeit
besteht, auf das Wachsen neuen deutschen
Kunstbesitzes hinzuweisen. Dies umso mehr,
wenn der Sammler nach einer bestimmten
Etappe seine Kunstschätze der weiteren
Oeffentlichkeit zugänglich macht, wie das
jetzt der bekannte Oberlenninger Papier-
fabrikant Dr. Heinrich Scheu fei en
durch die Ausstellung eines Teiles seines
Gemäldebesitzes in der Staatlichen Gemälde-
galerie zu Kassel tut. In aller Stille ist
hier, nur wenigen Fachleuten bekannt, eine
Sammlung aufgebaut worden, die, fehlt ihr
auch noch hie und da die notwendige Ab-
rundung und Geschlossenheit einer einheit-
lichen Linie, doch bis zu einem gewissen
Grade als museal an gesprochen werden
kann. Der Sammler hat sich nicht darauf
beschränkt, ausgefahrene Bahnen zu be-
schreiten, sondern auch Gebiete in Angriff
genommen, die noch immer nicht wieder
ihren früheren Rang im heutigen Sammler-
tum einnehmen. So ist ein ganzer großer
Saal mit Italienern des 17. Jahrhunderts ge-
füllt, mit z. T. sehr beachtenswerten Arbei-
ten der Stroiffo, Morazzone, Pietro Belotti,
Mazzoni, Giordano, Maffei, Mattia Preti,
Pietro da Cortona u. a. Die wenigen Werke
früherer Italiener scheinen daneben etwas
weniger glücklich gewählt, wie überhaupt
der in Vorbereitung befindliche große illu-
strierte Katalog der Sammlung auf manchen
Gebieten mit größerer Behutsamkeit, als es
das vorläufige Verzeichnis tut, an die Frage
der Zuschreibungen herangehen dürfte.
Wichtig sind dann vor allem die deutschen
Bilder des 15. und 16. Jahrhunderts sowie die
gleichzeitigen Altniederländer, von denen wir
das schöne Kreuzigungsbild eines Roger-
Nachfolgers aus der ehemaligen Sammlung
Lanna hier abbilden. Mit größeren Bestän-
den sind die späten Flamen und Holländer

vertreten, unter denen manches Meisterwerk
zu finden ist.
Der im Erscheinen begriffene wissen-
schaftliche Katalog, der auch die hier nicht
ausgestellten Bilder verzeichnen soll, wird
Gelegenheit zu eingehenderer wissenschaft-

Ecke unten einen
nen Strich, der
einem scharfen
herrühren muß.
Farbe ist abgerieben, so
daß der Weißgrund her-
vorkommt. Zwar schrei-
ben die belgischen Blät-
ter diesen Schaden der
Zersplitterung des Hol-
zes infolge veränderter
Atmosphäre zu, aber der
Schaden muß doch auf
ungenügende
der Aussteller
zuführen sein,
falls müssen solche Fest-
stellungen die Bedenken
verschärfen, die immer
wieder gegen die gro-
ßen internationalen
Kunstausstellungen auf-
tauchen. Es erscheint
unangebracht, unersetz-
liche und einmalige
Kunstschätze den Ge-
fahren des Transportes,
des Feuers und nicht
zuletzt den atmosphäri-
schen Veränderungen
auszusetzen, und es ist
begreiflich. daß sich
nach diesen Brüsseler
Erlebnissen mit Bildern
unter Sammlern und Ga-
lerieleitern eine gewisse
Ausstellungsmüdigkeit
verbreitet.

25 zugeschriebenen Bildern sind nur 7 von
seiner Hand. Ebenso enttäuschend sind die
beiden Säle der Primitiven, angefüllt mit
schwächsten Bildern neben wenigen Meister-
werken.
Von den ausgestellten Bildern des Rubens
ist eigentlich nur eins, dem man restlos glau-
ben kann, es ist das bekannte Familienbild-
nis aus der frühen Antwerpener Zeit des
Meisters, eine Leihgabe des Karlsruher Mu-
seums. Unbegreiflicherweise wurde dieses
Bild im Katalog dem Caspar de Crayer zu-
geschrieben. Angesichts der anderen
Bilder dieses Künstlers, die gleichzeitig
gestellt sind, muß man es beinahe als
böswillige Umdeutung ansehen, wenn
das Karlsruher Bild diesem Meister
schreibt. Obgleich im Vorwort des Kataloges
ausdrücklich bemerkt ist, „daß die Veranstal-
ter der Ausstellung die Zuschreibungen der
Besitzer berücksichtigen und daß sie jede
Verantwortung für die Zuschreibung ableh-
nen“, ist hier das zur Ausstellung anvertraute
Bild einem minderwertigen Meister zuge-
schrieben, wras auf eine Herabsetzung des
Bildes und auf eine Schädigung des Besitzers
hinausläuft. Eine Gastfreundschaft, die man
mindestens als fragwürdig bezeichnen muß.
Ein Kapitel für sich bildet in dieser Kunst-
ausstellung das Schicksal des von Berlin ge-
liehenen Mirafloris-Altars des Roger van der
Weyden. Das Gemälde zeigt in der linken

Wilhelm Gimmi, Harlekin
Jubiläumsausstellung Schweizer Künstler
Zürich, Kunsthaus
'v9l- Bericht in Nr. 39/40) (Photo Zürcher Kunstges.)
{'ei weitem das überragendste Gemälde, wird
demselben Raume nochmals als eine süß-
'(|ie Replik ausgestellt. Die andern
"fueghel, die man hier sieht, sind mehr oder
''eniger umstritten; man sieht hier Bilder
l"ls dem 17. Jahrhundert, Bilder von Schü-
ß rn und Nachfolgern, welche alle dem gro-
■('n Meister zugeschrieben sind. Nicht besser
! tent es mit Roger van der Weyden; von den



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