IX. JAHRGANG, Nr. 10
D I E
ilde
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ARTo/fc WORLD
SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
lesinger
iktoriaslr. 2$
irst 0513
schaftsminisl1
Künste an9'
eckmäßigkei*
des Deutsch]
den Ueb*
jser Anregui1
I vom 31. J(
. II. 35) vJ
dem frei, b'
Herzog-Mö
Anträgen c
:ks BefürwO
ichen.
ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE
OFFIZIELLES ORGAN DES BUNDES DER DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHÄNDLER E. V. MÜNCHEN
leistet Maerz 1935
om 20. 6.
■Ordnung zu4j;
1 30. 10. 3'
lie Mitglied«
itätenhändl«
lerer erlanS
t
... j, .Scheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
nhandlere.’g
whnW62, Kurfürstenstr. 76 77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin»,
anisation d«har>kkonto: Deutsche Bank u. Disconto-Gesellschaft, Depositen - Kasse M,
■lin W 62, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 118054; Den
aag 145512; Paris 170014; Prag 59283; Wien 114783; Zürich 8159
Redaktion, Verlag und Lesesaal:
Berlin W62, Kurfürstenstr.76-77 • Tel. B5 Barbarossa 7228
Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 35 Pfennige. Quartal für Deutschland inkl. Postzustellung
Mk. 4.50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mk. 5.50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk. 5.50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3.25; Schweiz und die nicht ange-
führten Ländersfrs. 7; Übersee $ 1.50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4.50
ä Vermittle«
1 W 3, Tie«
Meinmüller.
Gefälschte Expertisen
Von Dr. H. Schneider, den Haag
Antike Rahmen
PAUL TIECKE Rahmen-Kopien
Restaurierungen aller Art
Berlin W62. Lüizowplalz 11 Tel.: Kurfürst Bl 1762
ide,
de
Via
rlin
An-
□be
iner
März 1935
»der
'laiin
’aphischen
n o , hielt
Künstler-
ber „Der
F.
■aldirektor
lochschule
analsozia¬
ler Bruder
len Samm-
■ im Alter
P.
er beschä-
F.
stliche Ar- |
:hristl ichen
m 6. März
* M a n e t , Bildnis seiner Frau. Ehern. SIq. Gerstenberg, Berlin
Versteigerung: Paul Graupe, Berlin, 23.
reichen war. In erster Linie sind heute nicht
mehr lebende Kenner die Opfer derartiger
posthumer „Produktion“ geworden. Nament-
lich in den letzten fünf Jahren hat sich im
Kunsthandel diese neue Plage der gefälsch-
ten Gutachten fühlbar zu machen begonnen.
Zur allgemeinen Warnung und Belehrung
seien hier einige Beispiele bekannt gegeben,
die bloß eine kleine Auslese aus bisher ge-
sammeltem Material darstellen,
Im Jahre 1932 sind dem Verfasser eine
größere Anzahl von Photographien nach hol-
ländischen und flämischen Gemälden aus
Berliner Besitz vorgelegt worden (s. Abb. 2,
Seite 2). An der Zugehörigkeit der beigeleg-
ten handschriftlichen Gutachten von W. von
Bode und C. Hofstede de Groot war zwar
nicht zu zweifeln, wohl aber an der Eigen-
händigkeit des Geschriebenen und an der
Echtheit der Stempel-Abdrucke. Ein Ver-
gleich mit originalen Briefen Bodes ließ er-
kennen. daß es sich unbedingt um von an-
derer Hand nachgeahmte Fälschungen han-
delte. Dasselbe ergab sich bei der Prüfung
der angeblich Hofstede de Grootschen Exper-
tisen. Hierzu leistete der besondere Umstand
erleichternde Dienste,
daß dieser Gelehrte alle
seine Gutachten genau
zu datieren, fortlaufend
zu numerieren und in
ein „Grundbuch“ einzu-
tragen pflegte.
Das sich zusehends
häufende Auftauchen
von einwandfrei als
Fälschungen erkennba-
ren Gutachten, die die
Namen der beiden ge-
nannten Kenner tragen,
scheint darauf zu wei-
sen, daß irgendwo syste-
matisch derartige Falsi-
fikate massenweise her-
gestellt werden. Un-
längst erhielt Verfasser
Kenntnis von einem
Fall, wo ein gutgläubi-
ger Käufer, der seinem
Lieferanten nachträg-
lich noch die exakten
Maße seines „Brueghel“
mitteilen mußte, das an-
geblich bei einem Vor-
besitzer liegengeblie-
zugeschickt bekommen
Umtaufen einmal verkaufter Sachen
... gesichert zu sein. Durch dieses große
Bedürfnis nach schriftlich feststehender Ex-
Pertenmeinung haben sich aber leider viele
-Xperten zur Beurteilung von Objekten ver-
leiten lassen, die weitab von dem Gebiete
»egen, auf dem sie für ihre speziellen Kennt-
nisse bekannt und geachtet waren. Dies ist
»Ur eine der Quellen für das Bestehen und
stets noch Entstehen der zahllosen falschen,
‘I- h. unzutreffenden, Gutachten.
Bis vor kurzem hatte sich die Expertise zu
»inem beim Verkauf anscheinend vielfach
Unerläßlichen Attribut eines Kunstgegen-
stands entwickelt. Dies mußte aber auch
*nit Notwendigkeit zur betrügerischen Her-
1 Stellung von Gutachten führen und zwar in
denjenigen Fällen, wo entweder keine Ex-
pertise des als kompetent bekannten Spezia-
listen vorlag oder nicht (nicht mehr) zu er-
deutschei1 Das Expertisenunwesen und alle damit
Doms zl1'»t'bundenen Nachteile haben, namentlich
A. T s c Jijeit dem Kriegsende, einen ungewohnten Um-
angenommen. Mit der Steigerung der
! ‘»duktion und der Gewöhnung des Kunst-
’Undels an Zertifikate haben auch die fal-
Schen. d. h. unzutreffenden Gutachten in er-
llustrierivchreekender Weise zugenommen. Dabei
’on J. llHeibt unentschieden, ob dies vor allem der
craldirek"'ach frage eines in seinem Kunst- und Ge-
n Kupfer'Rehmacksurteil unsicheren Käuferpublikums
rhielt di^neh vermehrter Gewißheit über die „Echt-
ederzeich'1,eit“ des zu erwerbenden Objekts zuge-
•um 150p>rchrieben werden muß, oder aber dem Kunst-
mit Dar-^andel. Während noch die vorige Generation
; ist eiiiwielfäch sich auf ein eigenes Urteil verlassen
ingsfonds^nd dem Käufer für die gelieferte Ware aus
Persönlicher Sachkenntnis garantieren
konnte, trachtet jetzt eine neue Schicht un-
r Flie e deJk»nipetenter Kaufleute, die Garantie dem
ebJn9Obe« v'inden gegenüber auf (len sachverständigen
. tätig warAenner abzuwälzen. Die verfeinerte und
Ile geborerjPlehr detaillierte Kunstkritik mag dazu beige-
F. Pagen haben, daß der Händler von vornher-
er, Schöpfeiejjj (|je Arrsiclit des Spezialisten festzulegen
hen, ist Wünscht um gegen dessen spätere Einwände
der bilden;
bene Gutachten _o_ ___
bat (s. Abb. 1. Seite 2). Auch die Art des
Kaufabschlusses unter Vorlage von photogra-
fisch vervielfältigten Expertisen, deren Nach-
lieferung im „Original“ versprochen wird,
hat der Verfasser des öfteren bemerkt.
Daß die Fälscher vor keiner Möglichkeit
zu rückschrecken, mögen die Abbildungen 3
und 4, nach Aufnahmen der Polizei-Direktion
im Haag, zeigen. Zum einem plump gefälsch-
ten Pastell, das von Renoir sein soll und seit
mehr wie Jahresfrist sich im schweizerischen
Kunsthandel herumtreibt, gehören ein auf
der Rückseite der Photo befindliches ge-
fälschtes Gutachten von Dr. Otto Grautoff in
Paris und unsinnigerweise ein zweites auf
den Namen des Verfassers lautendes. Dabei
hatte man sich die Mühe genommen, den of-
fiziellen Briefkopf der Königl. Gemäldegale-
rie (Mauritshuis) im Haag nachzudrucken.
irch
*Bronze-Becken, Chou, sog. Tsin-Stil. Liquidation Dr. Otto Burchard & Co.
Versteigerung: Paul Graupe, Berlin, 22.—23. März 1935
Eine weitere derartige Fälschung für einen
sog. Goya ist neuerdings in Zürich aufge-
taucht. Da der Verfasser grundsätzlich über-
haupt keine schriftlichen Gutachten abgibt
oder je abgegeben hat und er sich amtlich
nie mit moderner Kunst zu befassen hatte,
leuchtet die Absurdität ohne weiteres ein, zu
der das Expertisenunwesen notwendigerweise
einmal führen mußte. Man kann es also bloß
begrüßen, daß durch Fälschertricks eine Art
Inflation der Expertisen eingetreten ist. Daß
sich gerade die untern und untersten Schich-
ten des Kunsthandels vorzugsweise mit Gut-
achten für ihre minderwertige Ware ein-
decken, ist für diese Entwicklung kennzeich-
nend. Das allgemeine Mißtrauen hat aber
wach zu werden begonnen und erfaßt so
Ihre wohlfundierten und begründeten Mei-
nungen sind wohl zu unterscheiden von
den schematischen „Ablaßzetteln“ der Frei-
beuter auf dem Gutachtengebiet. Sie sind
im Vergleich hierzu nach der Anzahl
immer sehr gering. Wo aber solche Exper-
tisen nicht zu Gebote stehen, wende man sich
an die Museen, deren Beamte durch ihre
Stellung geradezu auf eine Funktion als un-
eigennützige Berater angewiesen sind.
Der Weiterblickende wild überdies beob-
achten können, daß der reelle Kunsthandel,
der an der Erhaltung und restlosen Befrie-
digung seiner Kundschaft alles Interesse hat,
sich der Berufung auf die maßgebende An-
sicht geschäftlich uninteressierter Museums-
leute und auf die Meinung seriöser Forscher
gleichzeitig gerade auch die unend-
lich vielen zwar „echten“, aber doch
falschen, d. h. unzutreffenden Ex-
pertisen, deren Produktion nicht
weniger Schaden gestiftet hat als
die der Fälschungen.
Betrügerische Handlungen im
Kunsthandel lassen sich kaum aus-
rotten. Hat die Expertise als Mittel
dazu ausgespielt, so werden neue
Wege dafür gefunden werden. Dies
kann aber nicht — so wenig wie
bisher — die geschmackssicheren
Sammler und reellen Händler be-
rühren. Die große Masse der Außen-
seiter möge jedoch durch das hier
Gebotene von Neuem gewarnt sein.
Mit Erstaunen sieht der Kenner
immer wieder, wie Leute, die auf
ihrem eigensten Gebiet sonst keine
Vorsicht außer Acht zu lassen pfle-
gen, einem naiven Papierglauben
huldigen, sobald es sich um Kunst-
dinge handelt. Bankiers aller Län-
der und die von ihnen beliehenen
Bilder wären als eines der ein-
drucksvollsten Beispiele hierfür zu
nennen.
Welchen Weg hat, angesichts der
angedeuteten Mißstände und Schwie-
rigkeiten, der Nicht-Sachverstän-
dige zu seiner Information und
Sicherung einzuschlagen? Zum
Glück gibt es immer noch eine
allerdings sehr geringe Anzahl Be-
rufsexperten, deren spezielle Kennt-
nisse eines ihnen vertrauten be-
stimmten Kunstgebiets allgemeine
Anerkennung genießen und die
mehr sind als bloße Lokalgrößen.
* Lukas Cranach d. Ae., Bildnis einer Prinzessin von Anhalt
Versteigerung: Rudolph Lepke, Berlin, 28. März 1935
EUGEN PEISSAK
Antiquitäten / Gemälde alter Meister / Alte Teppiche / Gobelins und Aubussons
Berlin W 62, Lüizowplalz 1 Tel. B2 l.Ulzow 5036
Eingang Lützowstraße
D I E
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ARTo/fc WORLD
SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
lesinger
iktoriaslr. 2$
irst 0513
schaftsminisl1
Künste an9'
eckmäßigkei*
des Deutsch]
den Ueb*
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I vom 31. J(
. II. 35) vJ
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Herzog-Mö
Anträgen c
:ks BefürwO
ichen.
ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE
OFFIZIELLES ORGAN DES BUNDES DER DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHÄNDLER E. V. MÜNCHEN
leistet Maerz 1935
om 20. 6.
■Ordnung zu4j;
1 30. 10. 3'
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itätenhändl«
lerer erlanS
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... j, .Scheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
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whnW62, Kurfürstenstr. 76 77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin»,
anisation d«har>kkonto: Deutsche Bank u. Disconto-Gesellschaft, Depositen - Kasse M,
■lin W 62, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 118054; Den
aag 145512; Paris 170014; Prag 59283; Wien 114783; Zürich 8159
Redaktion, Verlag und Lesesaal:
Berlin W62, Kurfürstenstr.76-77 • Tel. B5 Barbarossa 7228
Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 35 Pfennige. Quartal für Deutschland inkl. Postzustellung
Mk. 4.50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mk. 5.50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk. 5.50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3.25; Schweiz und die nicht ange-
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Meinmüller.
Gefälschte Expertisen
Von Dr. H. Schneider, den Haag
Antike Rahmen
PAUL TIECKE Rahmen-Kopien
Restaurierungen aller Art
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* M a n e t , Bildnis seiner Frau. Ehern. SIq. Gerstenberg, Berlin
Versteigerung: Paul Graupe, Berlin, 23.
reichen war. In erster Linie sind heute nicht
mehr lebende Kenner die Opfer derartiger
posthumer „Produktion“ geworden. Nament-
lich in den letzten fünf Jahren hat sich im
Kunsthandel diese neue Plage der gefälsch-
ten Gutachten fühlbar zu machen begonnen.
Zur allgemeinen Warnung und Belehrung
seien hier einige Beispiele bekannt gegeben,
die bloß eine kleine Auslese aus bisher ge-
sammeltem Material darstellen,
Im Jahre 1932 sind dem Verfasser eine
größere Anzahl von Photographien nach hol-
ländischen und flämischen Gemälden aus
Berliner Besitz vorgelegt worden (s. Abb. 2,
Seite 2). An der Zugehörigkeit der beigeleg-
ten handschriftlichen Gutachten von W. von
Bode und C. Hofstede de Groot war zwar
nicht zu zweifeln, wohl aber an der Eigen-
händigkeit des Geschriebenen und an der
Echtheit der Stempel-Abdrucke. Ein Ver-
gleich mit originalen Briefen Bodes ließ er-
kennen. daß es sich unbedingt um von an-
derer Hand nachgeahmte Fälschungen han-
delte. Dasselbe ergab sich bei der Prüfung
der angeblich Hofstede de Grootschen Exper-
tisen. Hierzu leistete der besondere Umstand
erleichternde Dienste,
daß dieser Gelehrte alle
seine Gutachten genau
zu datieren, fortlaufend
zu numerieren und in
ein „Grundbuch“ einzu-
tragen pflegte.
Das sich zusehends
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Fälschungen erkennba-
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Namen der beiden ge-
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scheint darauf zu wei-
sen, daß irgendwo syste-
matisch derartige Falsi-
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längst erhielt Verfasser
Kenntnis von einem
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Lieferanten nachträg-
lich noch die exakten
Maße seines „Brueghel“
mitteilen mußte, das an-
geblich bei einem Vor-
besitzer liegengeblie-
zugeschickt bekommen
Umtaufen einmal verkaufter Sachen
... gesichert zu sein. Durch dieses große
Bedürfnis nach schriftlich feststehender Ex-
Pertenmeinung haben sich aber leider viele
-Xperten zur Beurteilung von Objekten ver-
leiten lassen, die weitab von dem Gebiete
»egen, auf dem sie für ihre speziellen Kennt-
nisse bekannt und geachtet waren. Dies ist
»Ur eine der Quellen für das Bestehen und
stets noch Entstehen der zahllosen falschen,
‘I- h. unzutreffenden, Gutachten.
Bis vor kurzem hatte sich die Expertise zu
»inem beim Verkauf anscheinend vielfach
Unerläßlichen Attribut eines Kunstgegen-
stands entwickelt. Dies mußte aber auch
*nit Notwendigkeit zur betrügerischen Her-
1 Stellung von Gutachten führen und zwar in
denjenigen Fällen, wo entweder keine Ex-
pertise des als kompetent bekannten Spezia-
listen vorlag oder nicht (nicht mehr) zu er-
deutschei1 Das Expertisenunwesen und alle damit
Doms zl1'»t'bundenen Nachteile haben, namentlich
A. T s c Jijeit dem Kriegsende, einen ungewohnten Um-
angenommen. Mit der Steigerung der
! ‘»duktion und der Gewöhnung des Kunst-
’Undels an Zertifikate haben auch die fal-
Schen. d. h. unzutreffenden Gutachten in er-
llustrierivchreekender Weise zugenommen. Dabei
’on J. llHeibt unentschieden, ob dies vor allem der
craldirek"'ach frage eines in seinem Kunst- und Ge-
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rhielt di^neh vermehrter Gewißheit über die „Echt-
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•um 150p>rchrieben werden muß, oder aber dem Kunst-
mit Dar-^andel. Während noch die vorige Generation
; ist eiiiwielfäch sich auf ein eigenes Urteil verlassen
ingsfonds^nd dem Käufer für die gelieferte Ware aus
Persönlicher Sachkenntnis garantieren
konnte, trachtet jetzt eine neue Schicht un-
r Flie e deJk»nipetenter Kaufleute, die Garantie dem
ebJn9Obe« v'inden gegenüber auf (len sachverständigen
. tätig warAenner abzuwälzen. Die verfeinerte und
Ile geborerjPlehr detaillierte Kunstkritik mag dazu beige-
F. Pagen haben, daß der Händler von vornher-
er, Schöpfeiejjj (|je Arrsiclit des Spezialisten festzulegen
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bene Gutachten _o_ ___
bat (s. Abb. 1. Seite 2). Auch die Art des
Kaufabschlusses unter Vorlage von photogra-
fisch vervielfältigten Expertisen, deren Nach-
lieferung im „Original“ versprochen wird,
hat der Verfasser des öfteren bemerkt.
Daß die Fälscher vor keiner Möglichkeit
zu rückschrecken, mögen die Abbildungen 3
und 4, nach Aufnahmen der Polizei-Direktion
im Haag, zeigen. Zum einem plump gefälsch-
ten Pastell, das von Renoir sein soll und seit
mehr wie Jahresfrist sich im schweizerischen
Kunsthandel herumtreibt, gehören ein auf
der Rückseite der Photo befindliches ge-
fälschtes Gutachten von Dr. Otto Grautoff in
Paris und unsinnigerweise ein zweites auf
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hatte man sich die Mühe genommen, den of-
fiziellen Briefkopf der Königl. Gemäldegale-
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*Bronze-Becken, Chou, sog. Tsin-Stil. Liquidation Dr. Otto Burchard & Co.
Versteigerung: Paul Graupe, Berlin, 22.—23. März 1935
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sog. Goya ist neuerdings in Zürich aufge-
taucht. Da der Verfasser grundsätzlich über-
haupt keine schriftlichen Gutachten abgibt
oder je abgegeben hat und er sich amtlich
nie mit moderner Kunst zu befassen hatte,
leuchtet die Absurdität ohne weiteres ein, zu
der das Expertisenunwesen notwendigerweise
einmal führen mußte. Man kann es also bloß
begrüßen, daß durch Fälschertricks eine Art
Inflation der Expertisen eingetreten ist. Daß
sich gerade die untern und untersten Schich-
ten des Kunsthandels vorzugsweise mit Gut-
achten für ihre minderwertige Ware ein-
decken, ist für diese Entwicklung kennzeich-
nend. Das allgemeine Mißtrauen hat aber
wach zu werden begonnen und erfaßt so
Ihre wohlfundierten und begründeten Mei-
nungen sind wohl zu unterscheiden von
den schematischen „Ablaßzetteln“ der Frei-
beuter auf dem Gutachtengebiet. Sie sind
im Vergleich hierzu nach der Anzahl
immer sehr gering. Wo aber solche Exper-
tisen nicht zu Gebote stehen, wende man sich
an die Museen, deren Beamte durch ihre
Stellung geradezu auf eine Funktion als un-
eigennützige Berater angewiesen sind.
Der Weiterblickende wild überdies beob-
achten können, daß der reelle Kunsthandel,
der an der Erhaltung und restlosen Befrie-
digung seiner Kundschaft alles Interesse hat,
sich der Berufung auf die maßgebende An-
sicht geschäftlich uninteressierter Museums-
leute und auf die Meinung seriöser Forscher
gleichzeitig gerade auch die unend-
lich vielen zwar „echten“, aber doch
falschen, d. h. unzutreffenden Ex-
pertisen, deren Produktion nicht
weniger Schaden gestiftet hat als
die der Fälschungen.
Betrügerische Handlungen im
Kunsthandel lassen sich kaum aus-
rotten. Hat die Expertise als Mittel
dazu ausgespielt, so werden neue
Wege dafür gefunden werden. Dies
kann aber nicht — so wenig wie
bisher — die geschmackssicheren
Sammler und reellen Händler be-
rühren. Die große Masse der Außen-
seiter möge jedoch durch das hier
Gebotene von Neuem gewarnt sein.
Mit Erstaunen sieht der Kenner
immer wieder, wie Leute, die auf
ihrem eigensten Gebiet sonst keine
Vorsicht außer Acht zu lassen pfle-
gen, einem naiven Papierglauben
huldigen, sobald es sich um Kunst-
dinge handelt. Bankiers aller Län-
der und die von ihnen beliehenen
Bilder wären als eines der ein-
drucksvollsten Beispiele hierfür zu
nennen.
Welchen Weg hat, angesichts der
angedeuteten Mißstände und Schwie-
rigkeiten, der Nicht-Sachverstän-
dige zu seiner Information und
Sicherung einzuschlagen? Zum
Glück gibt es immer noch eine
allerdings sehr geringe Anzahl Be-
rufsexperten, deren spezielle Kennt-
nisse eines ihnen vertrauten be-
stimmten Kunstgebiets allgemeine
Anerkennung genießen und die
mehr sind als bloße Lokalgrößen.
* Lukas Cranach d. Ae., Bildnis einer Prinzessin von Anhalt
Versteigerung: Rudolph Lepke, Berlin, 28. März 1935
EUGEN PEISSAK
Antiquitäten / Gemälde alter Meister / Alte Teppiche / Gobelins und Aubussons
Berlin W 62, Lüizowplalz 1 Tel. B2 l.Ulzow 5036
Eingang Lützowstraße