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DIE W E L T K U N S T

Jahrg. IX, Nr. 45 vom 10. November 19V?

brachte ein Gebot von fl. 1075. Gerard Dous
Bildnis der Mutter Rembrandts, früher
Sammlung James Simon, erreichte fl. 1125.—.
Von den beiden Wouwermans erzielte der
u. E. schwächere, die italienische Landschaft
mit Furt (31), fl. 1400, während das entzük-
kende holländische Dünenbild (32) mit
fl. 925 sicher nicht teuer war. Die Straßen-
ansicht von Jan van der Heyden, die bei
einer Reinigung sehr viel gewinnen wird,
wurde mit fl. 2000 wahrlich nicht überzahlt,
während die Waldansicht von van der Neer
(17) mit fl. 1650 verhältnismäßig höher be-
wertet wurde. Das interessante Bildnis eines
jungen holländischen Mädchens — ein unge-


Jan Lievens (Leyden 1607—74), Porträt der Schwester
Rembrandts. Versteigerung: Dr. E. Mandelbaum
und P. P. Kronthal, Berlin, 16. November

wohnliches Sujet für Philips de Köninck (12)
— erzielte mit fl. 1400 einen recht annehm-
baren Preis. Weitere Preise folgen:
1) Backhuisen, Schiff im Sturm fl. 700;
2) Diepraam, zwei Raucher, fl. 340: 8) van
Goyen, kleine Wasserlandschaft fl. 380;
9) E. van Heenskerk, Vaterunser, fl. 350;
14) Metsu, Sängerin und Violinspieler fl. 1500
(zurück); 15) Claes Molenaer, Kanalland-
schaft fl. 200 (zurück); 16) idem, Landschaft
fl. 675; 18) A. van Ostade, Federnschneider
fl. 600; 19) idem, zwei Bauern vor dem Herd,
fl. 1000; 20) A. de Pape, Alte lesende Frau,
fl. 340 ; 22) Rombouts, altes Schloß fl. 130;
30) David Teniers d. J.. Dorffest, fl. 1850;
35) Wijnants, Landschaft, fl. 500 und Dau-
bigny, Flußlandschaft (34) fl. 520.—.
Dr. W. M.

Das Problem des Internationalen
Kunsthandels
gebung, die den internationalen Austausch
regelt, müßten sie deshalb als eine besondere
Kategorie betrachtet werden. Nun sind aber
die Zollbestimmungen in ihrer ursprüng-
lichen Fassung meist lange Zeit vor dem Auf-
schwung des Kunsthandels verfaßt worden
und haben die Existenz alter Kunstwerke
kaum berücksichtigt. Die späteren Zolltarife
wurden durch die Krise in den verschiedenen
Ländern wesentlich verschärft und durch
Schutzgesetze kompliziert, so daß auch dann

niemals den Schwierigkeiten des internatio-
nalen Kunsthandels Rechnung getragen
wurde. Unübersteigbare Zollschranken haben
sich an allen Landesgrenzen erhoben: Aus-
fuhrverbote, Kontingentierungen, Steuern
und willkürliche Gutachten. Dazu kommt
die Verschiedenheit all dieser Bestimmungen
in den verschiedenen Ländern und der stän-
dige Wechsel der Verordnungen. Hierdurch
wurde der einst so blühende Kunsthandel
fast völlig lahmgelegt. Es ist heute fast un-
möglich, ein Geschäft mit der Gewißheit ab-
zuschließen, daß das gekaufte oder verkaufte
Objekt auch bestimmt die Grenze passieren
kann, ohne nicht noch einmal durch hohe
Aus- und Einfuhrzölle belastet zu werden.
Um den Behörden gegenüber eine sichere
Handhabe zu besitzen, hat sich der Kongreß
zu einer international gültigen Definition des
alten Kunstwerks entschlossen: Zollfreiheit
soll erwirkt werden für Kunstwerke aus
Bronze, Marmor, Terrakotta, Fayence, Stein-
gut oder Porzellan, künstlerisch wertvolle
Bilder und Möbel und alle Kunstwerke von
__

dekorativem Charakter oder erzieherischem
Wert, die vor dem Jahre 1830 herge-
stellt worden sind.
Dais Datum 1830, das schon von mehreren
Ländern anerkannt ist, wurde vom Kongreß
beibehalten, weil es eine klare Grenze zwi-
schen der alten Produktion und dem moder-
nen Schaffen darstellt. Es1 wäre wün-
schenswert, dieses einheitliche Datum allge-
mein beizubehalten, um Schwierigkeiten vor-
zubeugen, die durch die Verschiedenheit der
von den einzelnen Ländern gewählten Zeit-
grenzen entstehen können. So hat z. B.
Frankreich das Jahr 1600 und Belgien das
Jahr 1700 als Grenze zwischen alter und
neuer Kunst gesetzt. In Amerika gibt es
besondere Zollbestimmiungen für Teppiche
und Stoffe nach 1700 und für Musikinstru-
mente nach 1800. Um alle diese Bestimmun-
gen aus dem Wege zu schaffen, ist die Fest-
legung eines internationalen Abkommens ein
dringendes Bedürfnis.
(Fortsetzung nächste Nummer)

Bevorstehende Auktionen

Postkutsche“ (s. Abb.); aus der frühen Zeh
die Landschaftier Dillis, Reinhart, die Ko-
bells, Kniep, Koch, Kolbe, Ramboux. Die
neuere Zeit wird durch ausgesuchte Blätter
von Eduard von Gebhard, Feuerbach, Klin-
ger und Menzel vertreten. Den Beschluß
des Kataloges bilden die Zeichnungen und
Aquarelle der außerdeutschen Meister, unter
ihnen Jan Brueghel, Goyen, Ostade, van
Uden.
Die Auktionen der Firma C. G. Boerner
sind voraussichtlich in diesem Herbst die
einzigen, die kostbare alte Graphik und eine
geschlossene und schöne Sammlung von
Handzeichnungen auf den Markt bringen-
Wegen der Knappheit des Angebotes wirk-
lich schöner Blätter, die sich nicht nur in
Deutschland, sondern auch in außerdeut-
schen Auktionen immer empfindlicher be-
merkbar macht, dürften diese beiden Kata-
loge einer besonderen Beachtung sicher sein.
Die Sammlungen werden am 15. und 16. Nov.
im Hotel Bristol in Berlin, Unter den Linden,
ausgestellt.
Darmstadt, 19.—21. Nov. 35
Dr. Fritz Nagel, Mannheim, versteigert in
Darmstadt, An-nastr. 25, die Slg. des Hofrat
Dr. Ing. E. A. Alexander Koch, in der vor
allem die Gemälde aus dem 19. und haupt-
sächlich 20. Jahrhundert hervorzuheben sind.

Hamburg, den 27.-28. Nov. 1935
Bei Dr. Ernst Hauswedell & (io.,
Hamburg 1 (vorm. Der Deutsche Buch-
Club m. b. H.), werden Teile der Biblio-
thek Leopold O. H. Biermann, Bre-
men, und Beiträge aus anderem Besitz ver-
steigert. Der illustrierte Katalog enthält
1060 Nummern. Der Inhalt gliedert sich in
3 Abteilungen:
I. Deutsche und ausländische Literatur
vor allem des 19. Jahrhunderts. Unter der
deutschen Literatur befinden sich eine Reihe
von Einzelbänden der „Harsdörffer’schen Ge-
sprächsspiele“, Ossian Works (mit den 4
Titelvignetten nach der Radierung von
Goethe in der ersten Ausgabe), das Sib-
macher’sche Wappenbuch von 1656 und eine
Faksimile-Ausgabe des ersten Shakespeare-
Folio’s aus dem Jahre 1866.
II. Graphik. Darunter frühe Blätter von
Bartolozzi, Bartsch, Chodowiecki, Daumier,
L. E. Grimm, Gubitz, Haas, Menzel, Rem-
brandt. Schadow, Waterloo u. a.
III. Neue Deutsche Buchkunst, Vorzugs-
ausgaben und illustrierte Bücher, 1880—1930,
zumeist in wertvollen Handeinbänden. Mo-
derne Erstausgaben, Buchwesen. Kulturge-
schichte, Ostasien und zahlreiche Zeitschrif-
tenfolgen.
Leipzig
Seit nunmehr fünfzehn Jahren veranstal-
tet die Leipziger Firma C. G. Boerner mit
unbeirrbarer Regelmäßigkeit im Frühjahr
und im Herbst jeden Jahres Auktionen von
alten Kupferstichen, oft gepaart mit solchen
alter und neuerer Handzeichnungen. Auch
in diesem Herbst versendet die Firma wieder
zwei Kataloge ihrer Versteigerung am 26.
und 27. November. Der eine Katalog enthält
kostbare Graphik alter Meister aus verschie-
denem Besitz, der andere eine Sammlung
von Handzeichnungen aus dem Besitz des
verstorbenen Geheimrat Ehlers in Göttin-
gen.

Der Katalog der alten Graphik bringt als
wichtigsten Inhalt eine kleine Serie von herr-
lichen Dürerblättern. Unter ihnen sind die
schönsten eine Darstellung der „Madonna
auf der Mondsichel“ und die „Maria an der
Mauer“. Eine andere Serie bringt eine Reihe
von Rembrandt-Blättern gewählter Qualität.
Hervorzuheben sind ein herrlicher Druck
des „Blinden Tobias“, ebenso der „Grabtra-
gung Christi“, der „Mutter Rembrandts“, ein
seltener erster Druck des Porträts des Gold-
schmiedes Jan Lutina. Außer diesen Haupt-
meistern finden wir eine hübsche Partie der
Radierungen des Adrian van Ostade, sowie
gute Drucke von Albrecht Altdorfer. Bartel
Bekam, Hans Burgkmair, Lucas van Leyden,
Andrea Mantegna u. a. vor. Des weiteren ent-
hält der Katalog eine sehr hübsche und qua-
litätsreiche Partie von französischen Blättern
des 18. Jahrhunderts und. in größeren Num-
mern zusammengefaßt, eine ungewöhnlich
reiche Menge von Kupferstichen verschie-
denster Schulen, zumeist aus einer sehr alten
fürstlichen Sammlung stammend.

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WELTKUNST

Der Katalog der Handzeichnungen aus
der Sammlung Ehlers bringt einen Ueber-
blick über die besten deutschen Zeichner des
späteren 18. und frühen 19. Jahrhunderts von
ungewöhnlicher Reichhaltigkeit. Diese
Sammlung ist im Laufe von drei Generatio-
nen zusamimengekommen, begründet von
dem berühmten Sammler Heinrich Campe im
Anfang des 19. Jahrhunderts. Wir finden den
führenden Meister des Berliner Rokoko Da-
niel Chodowiecki neben dem berühmten An-
ton Graff mit entzückenden und charakte-
ristischen Arbeiten, sowie interessante Blät-
ter von Caspar David Friedrich, Schwind,
eine Oelskizze von Spitzweg „Ankunft der


Karl Spitzweg, Die Postkutsche, Oel 53 X 31,5 cm
Versteigerung: C. G. Boerner, Leipzig, 27. No*
vember. Ausstellung: Berlin, Hotel Bristol, 15. u. 16. Nov-

Unter den 97 Bildern befinden sich mehrere
bekannte Namen, deren Aufzählung hier
zu weit führen würde. Ein Stilleben
von Alexander Kanoldt, Berlin, geb. 1881,
bilden wir auf Seite 4 ab. Außerdem ent-
hält die Sammlung Ostasiatika, Porzellane,
Bronzen, Möbel u. v. a.

Egon von Kameke

In seinem am Fuße des Potsdamer Pfingst-
berges aus vielfältigem Grün von Gärten und
märkischem Kiefernwald hervorliugenden
väterlichen Haus wohnt seit seiner Kinder-
zeit ein aus dem Jahrgang 1881 stammender
Landschaftsmaler, der einen längeren Umweg
über die juristische Karriere genommen hat,
bevor er seine ganze Kraft der Kunst wid-
men konnte. Er ist trotzdem nicht Autodidakt
geblieben. Denn auf der Berliner Akademie,
wo besonders Paul Vorgang, Saltzmann und


Ulrich Hübner gute Lehrer waren, wurde
ihm noch in verhältnismäßig spätem Alter
ein tüchtiges Handwerk vermittelt. Und seit
etwa 1910 war er dann auch regelmäßig auf
den großen Ausstellungen der Reichshaupt-
stadt mit Bildern vertreten, welche er von
seinen vielfachen und langdauernden, bis
nach Spitzbergen und Island führenden Stu-
dienreisen durch die nordischen Länder
heimbrachte. Alle diese Oelstücke und Aqua-
relle prägten sich ein, weil sie die Darstel-
lung der nordischen Landschaft rein aus den
Mitteln des Farbigen heraus gaben und be-
wirkten auch mit der Zeit, daß der Name
Egon von Kameke einen guten Klang bekam.
Man empfing daraus die Vorstellung von
einer Künstlernatur, die eigene Wege suchte,
wohl eher sparsam als zu hastig produzierte,
aber keineswegs mit der Absicht, nun etwas
Neues, dem Bisherigen Widersprechendes zu
unternehmen. Wobei ihr die damals übliche
und recht üppig ins Kraut schießende Stim-
mungsmalerei nichts anzuhaben vermochte,
weil diesem Maler die unbedingte Treue und
Wahrhaftigkeit dem Naturvorbild gegenüber
immer als eine Sache galt, die sich schließ-
lich von selbst versteht.
Dieser künstlerische Wesenszug geht auch
durch die späteren Werke Egon von Kame-
kes. — Die Welt war nach den langen Kriegs-
jahren wieder enger geworden. Und wenn
sie auch für einen Maler von seinen Graden
nichts von ihrem Glanz eingebüßt haben
mochte, brachte doch der durch die poli-
tischen und wirtschaftlichen Umwälzungen
einsetzende Niedergang mannigfache Be-
schränkungen. Kameke ging in diesen, der
Kunst naturgemäß nicht gerade günstigen
Zeiten ins heimatliche Pommern. Man könnte
aber kaum sagen, er habe damit die Motive

E. von Kameke, Obstallee im Winter


gewechselt. War doch die Flachlandschaft
an der See schon immer sein eigentliches
Darstellungsgebiet, das er aber erst jetzt in
einer Art vertiefte, die seinem malerischen
Können die volle Reife verlieh.
Kameke ist im Verlaufe dieser Entwick-
lung immer mehr zu den Aquarellfarben
übergegangen, weil sie seiner Absicht, den
ursprünglichen Eindruck in voller Stärke
und Bewegung zu erfassen, am meisten ent-
sprachen. So malte er die braunroten über
gelbgrünes Gewässer ziehende Segel, ver-
schneite, in unabsehbare Weiten führende
Wege und einsame Bauernhöfe, die sich un-
ter schwerem Himmel ducken. Aber wenn
auch einzelne dieser großen Blätter nur ein
Stück Feld und das Geäst von Bäumen zei-
gen sollten, so spült der Betrachter doch,

daß einer solchen Land-
schaft die See immer
ganz nahe ist. Und wo,
was seltener vorkommt,
die mehr heiteren Re-
gungen dieser Natur Ge-
staltung finden und far-
big heller klingende
Köstlichkeiten auflelich-
ten, da scheint der
Kampf der Elemente m
diesem unaufhörlichen
landschaftlichen Ge-
schehen, das dem ein-
zelnen Menschen als
solchem keine beson-
dere Rolle mehr zu-
weist, nur auf eine
Weile zu ruhen.
Von den mit Buchen-
wäldern gekrönten Steil-
küsten der Insel Rü-
gen über die frucht-
baren Breiten der
Peene- und Oder-Niede-
rungen bis zu jenen endlosen Flachland-
schaften Ostpommerns, die ins Danziger Ge-
biet vorstoßen, hat Egon von Kameke nord-
deutsches Land in Farben und Formen
widerklingen lassen. Es gibt auch noch
einige Bilder aus der Königsberger Gegend
von ihm. aber kaum welche von dem Land
an der Nordsee. Wenn nach Joseph Nadlers
Vorgang auf literarhistorischem Gebiet wirk-
lich noch einmal eine nach Stämmen und
Landschaften angeordnete Darstellung unse-
rer Kunst kommen sollte, würde Egon von
Kameke darin seine Geltung als Maler de1
pomimerschen Küstenlandschaft haben.
Er hat sich auch auf organisatorischem
Gebiet betätigt, besonders im „Verein Ber-
liner Künstler“, dessen Mitglied er seh
1921 ist. H.


E. von Kameke, Mühle
 
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