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1. DEZEMBER 1955

IX. JAHRGANG, Nr. 48

D I E


LMONDErfwARTS

ARTopfe WORLD

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DER REICHSKAMMER DER BILDENDEN KÜNSTE/FACHGRUPPE; KUNST- UND ANTIQUITÄTENHANDEL

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin»;
in den Monaten Juli bis September jeden zweiten Sonntag.
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Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 35 Pfennige. Quartal für Deutschland inkl. Postzustellung
Mk. 4.50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mk. 5.50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk. 5.50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3.25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1.50; Sammelmappenpro Jahrgang Mk. 4 so

Ueberraschung auf der Boerner-Auktion

Eine so lebhafte Beteiligung, wie sie dies-
mals die Versteigerungen bei Boerner fan-
den, hatte wohl auch der optimistische Be-
obachter des Kunstmarktes nie und nimmer
erwartet. Brachte die Kupferstichauktion
bei Dürer und Rembrandt fast durchweg
Preise, die hoch über den Schätzungen la-
gen, so wirkten die Hauptpreise bei der
Ehlersauktion sensationell und sind, was
wohl lange nicht der Fall war, durchaus als
Rekordpreise zu werten.
Die Folge der vier Jahreszeiten (oder Ta-
geszeiten) von Caspar David Fried-
rich wurde zwar geteilt ausgerufen, blieb
aber in einer Hand und brachte mit
12 15 0 RM bei 2600 RM Taxe über das
Vierfache der Schätzung! Sie ist
von dem Beauftragten der Reichskammer der
bildenden Künste, Berlin, Herrn C. Meder,
ersteigert worden. Ein derartiger Hauptpreis
auf einer deutschen Zeichnungsauktion er-
innert an die besten Vorkriegsversteigerun-
gen und dürfte nicht bald wieder zu über-
treffen sein.
Hauptkäufer war durchaus das Inland,
auch bei der alten Graphik. Ueberwiegend
war die Beteiligung des deutschen Privat-
sammlers — darunter mancher neue Käu-



fer! —, bei den Zeichnungen setzten sich aber
auch viele deutsche Museen mit gutem Er-
folge ein, und der Münchener und Berliner
Handel erwies sich endlich wieder kauffreu-
dig. Wir bringen auf Seite 4 ein paar
Spitzenpreise. Näheres folgt in der nächsten
Nummer.

Der Politiker
als Kunstsammler
Duc de Morny
Von Dr. Kurt Karl Eberlein
Die politische Wirkung bedeutender
Kunstsammlungen sollte eingehender er-
forscht werden, denn in der Geschichte des
Kunstsammelns ist gerade dies Kapitel kaum
gebührend behandelt worden: der Kunst-
sammler als Politiker — der Politiker als
Kunstsammler. Wir möchten diesmal nur ein
Beispiel herausgreifen.
Der uneheliche Bruder Napoleons III., der
Duc de Morny, welcher in der französischen
Politik eine Rolle gespielt hat und in die
Reihe der bedeutenden Profile gehört, ist
als Kunstsammler kaum bekannt. Nicht weil


Caspar David Friedrich (1774—1840) Der Lauf der Jahreszeiten oder die Tageszeiten,
oben: spielende Putten, Blick in ein Flußtal, unten: Blick in ein Tal mit phantastischen Bergen, Kirchenruine
am Meer. Diese 4 Tuschzeichnungen brachten auf der V e r s t e i g e r u n g bei C. G. Boerner, Leipzig,
vom 27. Nov. zusammen RM. 12 150.— (Photo Boerner)

seine Gemäldegalerie be-
sonders wertvoll oder
inhaltsreich war, son-
dern weil sie ihren Be-
sitzer in die Reihe der
politischen Sammler
stellt, deshalb verdient
die Sammlung Morny
Beachtung. Hatten Für-
sten und Adelige schon
immer ihre Kunstsamm-
lungen dem Ansehen
ihres Hofes oder Hauses
dienstbar gemacht, so
hat Morny bewußt und
planmäßig seine Kunst-
schätze in den Dienst
ehrgeiziger Pläne und
französischer Politik ge-
stellt. Der kluge eie-.,
gante Napoleonide, des-
sen Leben und Umkreis
uns Frederic Loiliee in
einem gründlichen Buch
geschildert hat, war bei
seiner Großmutter in
einem Pariser Heim
aufgewachsen, wo gute
alte Bilder zu finden
waren, denn Madame de
Souza und ihr Sohn
Karl, der Vater des Duc
de Morny, sammelten
mit Geschick und Kunst-
liebe, so daß die Bilder-
sammlung schon 1811 aus
34 Bildern bestand. Die
Hauptwerke brachte der
gewandte Erbe hinzu,
der schon in dem klei-
nen Palais der Champs-
Elysees eine gute Ga-
lerie besaß. Als ihn



Rembrandt Harmensz van Rijn, Jon LutmaderAeltere,
Kupferstich B. 276, erzielte auf der Versteigerung bei C. G. Boerner,
Leipzig, vom 26. Nov. RM 6.200.- (Photo Boerner)

nun sein kaiserlicher Bruder für diploma-
tische Aufträge verwendete, die z. B. in Ruß-
land von größter Tragweite waren, benutzte
der galante Herzog das Ansehen seiner
Kunstwerke im Interesse der Politik. Diese
Gelegenheit bot sich ganz besonders, als er
zur Kaiserkrönung Alexanders II. seine
schönsten Bilder mitnahm, um den englischen
Rivalen auszustechen. Alles sprach damals
von dem Glanz dieses französischen Beauf-
tragten, alles erzählte von den herrlichen
Bildern, mit denen Morny das ihm zuge-
wiesene Palais Woronzoff-Daschkoff fürst-
lich geschmückt hatte. Den Erfolg dieser
diplomatischen Mission verdankte er seiner
Kunstsammlung, in der ein köstlicher Metsu
das größte Aufsehen erregte. Kurzum, die
alten Meister waren politische Agenten im
Dienste Frankreichs geworden, dessen Kunst-
politik seit den Tagen Colbert’s immer ein
feines Werkzeug diplomatischer Geschick¬

lichkeit war. Wie wichtig für die Botschaf-
ten und Gesandtschaften als Werber ihrer
Nation die Werke der Kunst und des Kunst-
handwerks sind, ist längst erkannt. Die üb-
liche Pracht vergangener Zeiten kann den
lebendigen Geist der Gegenwart freilich
kaum ersetzen, weshalb der Diplomat als
ein Kunstpolitiker seines Reiches nur das
Beste und Schönste bodenständiger Art in
seinen Diensträumen zeigen sollte. Die poli-
tische Kunstsammlung ist eine eigene Auf-
gabe, die auch Morny erfaßt hatte. „La
galerie — salon de Morny“ war eine Sehens-
würdigkeit in Paris, und die Kenner bewun-
derten auf dem roten Damast der Wände
die kostbaren Bilder. Besonders gerühmt
wurden ein Rembrandt —- ein Männerbildnis
in großem schwarzem Pelz mit Schnurrbart
und rötlichem Kinnbart — die Schaukel von
Fragonard, das Fest von Watteau, die glück-
liche Familie von Boilly, die Garnhasplerin

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