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DIE WELTKUNST
Jahrg. IX, Nr. 49 vom 8. Dezember 1935
Der Verkäufer zahlt bekanntlich bei Chri-
sties und Sotheby nur 7% % Kommission;
auf Rückkäufen liegt nur 5 % des höchsten
Gebotes, und der Käufer hat überhaupt
keinen Aufschlag zu zahlen. Diese
niedrigen Sätze haben den beiden großen
Londoner Auktionshäusern mit zu der Welt-
stellung verhülfen, die sie seit langem ein-
nehmen.
Ein gesunder Auktionsbetrieb erfordert
jedoch nicht nur Attraktionen für den Ver-
Ferdinand von Rayski. „Schloß Rheinsberg in
Abendbeleuchtung" um 1847. Original Oel auf Lwd.,
sign. mit Monogramm. Bildgröße: 2,10X1,70 cm.
Ausgestellt in der Galerie Nicolai, Berlin W,
Lützowplatz 7. Bericht S. 5 (Photo Nicolai)
käufer, vor allem muß auch der Käufer an-
gezogen werden. Der Londoner Auktionator
übernimmt Garantie für nichts, er verkauft
das Objekt tel quel, und alle Bestimmung
bleibt im Grunde genommen dem Käufer
Vorbehalten.
Der holländische Kunsthandel
Man wird, will man die Lage im hollän-
dischen Kunsthandel, auch nur einigermaßen
richtig beurteilen, von einer volkswirtschaft-
lichen Tatsache ausgehen müssen:
nicht gleichartig. Der Eine hat seine alten
Vorräte geräumt.der Eine besitzt neue, billig'
erworbene Ware, die er auch zu zeitgemäßen
Preisen anbieten kann, der Andere, der län-
ger wartete, muß nun, um neuen Vorrat kau-
fen zu können, alte Stücke billiger hergeben
Gerade der Entschluß mancher Händler, alte
Vorräte zu liquidieren, erleichtert dem
schnell entschlossenen Kunden das Finden
preiswerter Ware.
Im allgemeinen findet der sachkundige
und schnell entschlossene Käufer heute im
holländischen Kunsthandel zweifellos noch
manches Stück, das als überaus preiswert
gelten kann.
Was kauft man in Paris?
Es herrscht hier schon seit vielen Wochen
eine gewisse Nervosität, die sich an der
Börse wie auch am Kunstmarkt äußert. Die
internationale politische Spannung hat über
alle Krisenerscheinungen hinaus alle Welt
veranlaßt, einen Teil ihrer Kapitalien in
Sachwerten festzulegen.
In diesem Jahr sind es besonders die Fran-
zosen, die Schweizer und Holländer, die als
Käufer in Erscheinung treten, da durch die
Entwertung des Dollars, des Pfundes und der
skandinavischen Währung die angelsäch-
sischen und nordischen Interessenten fern-
bleiben.
Noch immer sind die vielen großen Auk-
tionen die wirksamste Konkurrenz des Ein-
zelhandels. Fast täglich gibt es in Frankreich
große Finanzskandale, und damit hängt dann
die Auflösung wertvoller Sammlungen zu-
sammen. So kommen in Paris auch heute
noch bedeutende Objekte auf den Markt. Es
findet hier mehr als anderswo eine ständige
Umschichtung des Kunstbesitzes statt.
Am höchsten bezahlt man auf dem Pa-
riser Kunstmarkt Stücke französischer Her-
kunft. Es ist kein Zufall, denn das antike
Mobiliar bildet eben den Hauptgegenstand
im französischen Kunst- und Antiquitäten-
handel. An alten Gemälden von wirklich
großer Qualität ist der Markt zur Zeit nicht
besonders reich.
Die neue Malerei dagegen ist in Paris
häufig angeboten und gefragt. Paris zeigt
damit, daß es noch immer die Hochburg der
modernen Kunst ist. Bisher machte aller-
dings der große Handel nach den Impressio-
nisten einen dicken Punkt. Nur wenige Ga-
lerien öffneten ihre Pforten auch den Jun-
gen, die inzwischen gar nicht mehr so jung
Ferdinand von Rayski. „Schloß Bieberstein in Morgenbeleuchtung" um 1847.
Oel auf Lwd., sign. mit Monogramm. Größe 210X1,70 cm.
Neuerwerbung der National-Galerie, Berlin. Bericht S. 5
(Photo Nicolai)
Er hat sich, wie dies
im allgemeinen auch im
ganzen holländischen
Leben der Fall ist, den
neuen Verhältnissen erst
langsam anzupassen
versucht, und das be-
deutet für ihn und seine
Käufer: Senkung der
Preise, die in einer
ihren unveränderten
Goldwert wahrenden
Währung notiert wer¬
den. Diese Anpassung
ist so weit gegangen,
daß die Preise im hol-
ländischen Kunsthandel
heute sicher nicht teu¬
rer, vielleicht sogar et¬
was billiger sein dürften,
als in manchen Län¬
dern, die ihre Währung
abgewertet haben, wo
aber darauf eine wirk-
liche Konjunkturbele-
bung einsetzte, die zu
einer allgemeinen Preis¬
steigerung von Waren
aller Art, besonders aber
der konjunkturempfind¬
lichen Kunstwerke führ¬
te. Darum sind vermut¬
lich — ganz genau kann
dies ja nie gesagt wer¬
den, da fast jedes Kunst¬
werk (sieht man von den
Erzeugnissen der ver¬
vielfältigenden Künste
ab) eine Individualität,
ein Unikat ist, — die
Preise in Holland bil¬
liger als in dem oder
jenem Lande, wo die Furcht vor einer Ab-
wertung oder einer weiteren Abwertung da-
zu treibt, Kunstwerke, wenn auch nicht so
gierig wie in den Inflationsjahren der Nach-
kriegszeit — als Sachwert und mehr oder
weniger wertbeständige Kapitalanlage zu
schätzen.
Natürlich ist diese Anpassung der Preise
— und um dies festzustellen, bedarf es nicht
des Besuches bei sehr vielen Händlern —
geblieben sind. Es scheint sich aber hier ein
Wandel vorzubereiten. Denn während auf
der großen Picasso-Ausstellung bei Georges
Petit vor zwei Jahren keine amtliche Stelle
sich für den Erwerb der Werke dieses Weg-
bereiters interessierte, haben soeben auf der
Auktion Zoubaloff, die am 27. und 28. Novem-
ber im Hotel Drouot stattfand, alle staat-
lichen und städtischen Museen von Paris
Werke von Kubisten erworben.
GALERIE WESTFELD
WUPPERTAL-ELBERFELD
GEMÄLDE ERSTER MEISTER
Ankauf — Tausch —Verkauf
Rebekka und Elieser am Brunnen. Zum Berliner Bilderprozeß
(Photo: de Vries)
Rembrandt oder Barent Fabritius?
Zum Berliner Bilderprozeß
Ueber den mit einem Freispruch für die
beiden angeklagten Kunsthändler zu Ende
gegangenen Berufungsprozeß, der sich an
drei Sitzungsterminen mit den Verkaufsver-
handlungen eines als Rembrandt bezeich-
neten, hier nunmehr zur Abbildung gelangen-
den Gemäldes befassen mußte, ist an dieser
Stelle (siehe Nrn. 46, 47 und 48) bereits be-
richtet worden. Nach diesen, sowohl für den
Kunsthandel als auch für die Sammlerkreise
überaus aufschlußreichen Verhandlungen
wird das aus einer schwedischen Privatgalerie
stammende Bild, das sich seit 1930 in Deutsch-
land befindet und seitdem mehrfach den Be-
sitzer gewechselt hat, wieder für die Diskus-
sion vor einem anderen Forum frei, das die
Frage der sogenannten „Echtheit“, welche im
Gerichtesaal naturgemäß nur eine Art Neben-
rolle zu spielen vermochte, um so schärfer
unter die Lupe nehmen wird.
Daß der Prozeß auch nach eingehendster
Vernehmung von Zeugen und Sachverstän-
digen eine Entscheidung über die Urheber-
schaft nicht herbeiführen konnte, war wohil
voraus zu sehen. Immerhin aber brachte
bereits die Urteilsbegründung, als sie auf die
von beiden Beklagten bei dem Angebot ge-
brauchte Bezeichnung „Neuentdeckung“ zu-
rückkam, nachdrücklich zum Ausdruck, daß
diese sinngemäß nur auf Werke zu beziehen
sei, welche die eigentliche Feuerprobe ein-
gehender Nachprüfung durch sämtliche wirk-
lich berufene Instanzen bisher noch nicht be-
standen haben. Sie stellte sich damit auf
einen Standpunkt, den auch die objektive
Forschung in jedem ähnlichen Fall ohne
weiteres einnehmen wird. Dieser liegt dann
noch die Bewertung der einzelnen Kenner-
ansichten ob. Wobei schließlich immer noch
die Frage offen bleibt, ob nicht durch eine
Uebersehätzung des bisher üblichen Exper-
tisenwesens und besonders durch die Heran-
ziehung immer derselben wenigen Gutachter
auch Gefahren entstehen für eine Wissen-
schaft, die schließlich den kennerischen
Nachwuchs keineswegs entbehren, aber auch
kaum gedeihen kann, wollte sie Kunsthändler
und Sammler von der eigentlich selbstver-
ständlichen Verpflichtung zur Kennerschaft
gänzlich entbinden. Denn auch für diese
wird es immer gelten, wenn sie überhaupt
Liebhaber und Bewerter der Kunst bleiben
wollen, den Weg der Spezialisten anzutreten,
die das Gefühl für ihre Aufgaben mitbrin-
gen. Wer sich mit einem Werk von Rem-
brandt abgibt, aber von der ungeheuer
schöpferischen Leistung dieses Meisters un-
berührt bleibt und sich mit dem ganz außer-
ordentlichen komplizierten Grenzgebiet zwi-
schen eigenhändigen und Werkstattarbeiten
nur aus einem lediglich von merkantilen In-
teressen bestimmten Blickfeld einläßt, wird
weder der rechte Verkäufer noch Käufer
sein. Wer aber mit Geschmack und auf
künstlerische Qualität hin sammelt, wird aus
diesem Prozeß die Nutzanwendung ziehen
können, daß er im ehrlichen Kunsthandel
gut beraten und nicht übervorteilt wird-
Denn auch für diesen wird die künstlerische
Verantwortung alten Meistern gegenüber
nicht in einem wahllosen Erwerben und
Wiederabstoßen, sondern immer nur in Her-
anholung und Prüfung von Einzelobjekten
bestehen, für die die Bewertung durch an-
dere kennerische Instanzen ohne weiteres
gegeben ist.
Schon vor Gericht wurden Materialien
herangezogen, von denen aus jede weitere
Diskussion über das im Original 95X 71 cm
große Bild ausgehen wird. Es sind dies vier
Blätter mit Darstellungen von Rebekka und
Elieser am Brunnen, die Valentiner in seinem
ersten Band von Rembrandts Handzeichnun-
gen publizierte („Klassiker der Kunst“, 31
Regence-Epoche. Sessel. Versteigerung
der Sammlung: Madame Gustave Meuniö. Galet'
C h a r p e n t • e r , 14. Dez. 35 (Photo Weltkunst-Archivl
Band, Stuttgart v. J. Nrn. 51—54) und eine
gleichfalls von Valentiner herrührend®
Untersuchung über das Verhältnis der bet'
den Fabritius zu ihrem Meister („The Ar
Bulletin“. Vol. XIV, No. 3, Chicago 1932, b-
197—240). Ob Barent, dem jüngeren Bruder:
der Rembrandt in der zweiten Hälfte der
vierziger Jahre bei der Ausführung v°n
Werkstattarbeiten half, an Hand einer v°n
dessen Skizzen die in ihrer Art so voll®11
Fortsetzung Seite
DIE WELTKUNST
Jahrg. IX, Nr. 49 vom 8. Dezember 1935
Der Verkäufer zahlt bekanntlich bei Chri-
sties und Sotheby nur 7% % Kommission;
auf Rückkäufen liegt nur 5 % des höchsten
Gebotes, und der Käufer hat überhaupt
keinen Aufschlag zu zahlen. Diese
niedrigen Sätze haben den beiden großen
Londoner Auktionshäusern mit zu der Welt-
stellung verhülfen, die sie seit langem ein-
nehmen.
Ein gesunder Auktionsbetrieb erfordert
jedoch nicht nur Attraktionen für den Ver-
Ferdinand von Rayski. „Schloß Rheinsberg in
Abendbeleuchtung" um 1847. Original Oel auf Lwd.,
sign. mit Monogramm. Bildgröße: 2,10X1,70 cm.
Ausgestellt in der Galerie Nicolai, Berlin W,
Lützowplatz 7. Bericht S. 5 (Photo Nicolai)
käufer, vor allem muß auch der Käufer an-
gezogen werden. Der Londoner Auktionator
übernimmt Garantie für nichts, er verkauft
das Objekt tel quel, und alle Bestimmung
bleibt im Grunde genommen dem Käufer
Vorbehalten.
Der holländische Kunsthandel
Man wird, will man die Lage im hollän-
dischen Kunsthandel, auch nur einigermaßen
richtig beurteilen, von einer volkswirtschaft-
lichen Tatsache ausgehen müssen:
nicht gleichartig. Der Eine hat seine alten
Vorräte geräumt.der Eine besitzt neue, billig'
erworbene Ware, die er auch zu zeitgemäßen
Preisen anbieten kann, der Andere, der län-
ger wartete, muß nun, um neuen Vorrat kau-
fen zu können, alte Stücke billiger hergeben
Gerade der Entschluß mancher Händler, alte
Vorräte zu liquidieren, erleichtert dem
schnell entschlossenen Kunden das Finden
preiswerter Ware.
Im allgemeinen findet der sachkundige
und schnell entschlossene Käufer heute im
holländischen Kunsthandel zweifellos noch
manches Stück, das als überaus preiswert
gelten kann.
Was kauft man in Paris?
Es herrscht hier schon seit vielen Wochen
eine gewisse Nervosität, die sich an der
Börse wie auch am Kunstmarkt äußert. Die
internationale politische Spannung hat über
alle Krisenerscheinungen hinaus alle Welt
veranlaßt, einen Teil ihrer Kapitalien in
Sachwerten festzulegen.
In diesem Jahr sind es besonders die Fran-
zosen, die Schweizer und Holländer, die als
Käufer in Erscheinung treten, da durch die
Entwertung des Dollars, des Pfundes und der
skandinavischen Währung die angelsäch-
sischen und nordischen Interessenten fern-
bleiben.
Noch immer sind die vielen großen Auk-
tionen die wirksamste Konkurrenz des Ein-
zelhandels. Fast täglich gibt es in Frankreich
große Finanzskandale, und damit hängt dann
die Auflösung wertvoller Sammlungen zu-
sammen. So kommen in Paris auch heute
noch bedeutende Objekte auf den Markt. Es
findet hier mehr als anderswo eine ständige
Umschichtung des Kunstbesitzes statt.
Am höchsten bezahlt man auf dem Pa-
riser Kunstmarkt Stücke französischer Her-
kunft. Es ist kein Zufall, denn das antike
Mobiliar bildet eben den Hauptgegenstand
im französischen Kunst- und Antiquitäten-
handel. An alten Gemälden von wirklich
großer Qualität ist der Markt zur Zeit nicht
besonders reich.
Die neue Malerei dagegen ist in Paris
häufig angeboten und gefragt. Paris zeigt
damit, daß es noch immer die Hochburg der
modernen Kunst ist. Bisher machte aller-
dings der große Handel nach den Impressio-
nisten einen dicken Punkt. Nur wenige Ga-
lerien öffneten ihre Pforten auch den Jun-
gen, die inzwischen gar nicht mehr so jung
Ferdinand von Rayski. „Schloß Bieberstein in Morgenbeleuchtung" um 1847.
Oel auf Lwd., sign. mit Monogramm. Größe 210X1,70 cm.
Neuerwerbung der National-Galerie, Berlin. Bericht S. 5
(Photo Nicolai)
Er hat sich, wie dies
im allgemeinen auch im
ganzen holländischen
Leben der Fall ist, den
neuen Verhältnissen erst
langsam anzupassen
versucht, und das be-
deutet für ihn und seine
Käufer: Senkung der
Preise, die in einer
ihren unveränderten
Goldwert wahrenden
Währung notiert wer¬
den. Diese Anpassung
ist so weit gegangen,
daß die Preise im hol-
ländischen Kunsthandel
heute sicher nicht teu¬
rer, vielleicht sogar et¬
was billiger sein dürften,
als in manchen Län¬
dern, die ihre Währung
abgewertet haben, wo
aber darauf eine wirk-
liche Konjunkturbele-
bung einsetzte, die zu
einer allgemeinen Preis¬
steigerung von Waren
aller Art, besonders aber
der konjunkturempfind¬
lichen Kunstwerke führ¬
te. Darum sind vermut¬
lich — ganz genau kann
dies ja nie gesagt wer¬
den, da fast jedes Kunst¬
werk (sieht man von den
Erzeugnissen der ver¬
vielfältigenden Künste
ab) eine Individualität,
ein Unikat ist, — die
Preise in Holland bil¬
liger als in dem oder
jenem Lande, wo die Furcht vor einer Ab-
wertung oder einer weiteren Abwertung da-
zu treibt, Kunstwerke, wenn auch nicht so
gierig wie in den Inflationsjahren der Nach-
kriegszeit — als Sachwert und mehr oder
weniger wertbeständige Kapitalanlage zu
schätzen.
Natürlich ist diese Anpassung der Preise
— und um dies festzustellen, bedarf es nicht
des Besuches bei sehr vielen Händlern —
geblieben sind. Es scheint sich aber hier ein
Wandel vorzubereiten. Denn während auf
der großen Picasso-Ausstellung bei Georges
Petit vor zwei Jahren keine amtliche Stelle
sich für den Erwerb der Werke dieses Weg-
bereiters interessierte, haben soeben auf der
Auktion Zoubaloff, die am 27. und 28. Novem-
ber im Hotel Drouot stattfand, alle staat-
lichen und städtischen Museen von Paris
Werke von Kubisten erworben.
GALERIE WESTFELD
WUPPERTAL-ELBERFELD
GEMÄLDE ERSTER MEISTER
Ankauf — Tausch —Verkauf
Rebekka und Elieser am Brunnen. Zum Berliner Bilderprozeß
(Photo: de Vries)
Rembrandt oder Barent Fabritius?
Zum Berliner Bilderprozeß
Ueber den mit einem Freispruch für die
beiden angeklagten Kunsthändler zu Ende
gegangenen Berufungsprozeß, der sich an
drei Sitzungsterminen mit den Verkaufsver-
handlungen eines als Rembrandt bezeich-
neten, hier nunmehr zur Abbildung gelangen-
den Gemäldes befassen mußte, ist an dieser
Stelle (siehe Nrn. 46, 47 und 48) bereits be-
richtet worden. Nach diesen, sowohl für den
Kunsthandel als auch für die Sammlerkreise
überaus aufschlußreichen Verhandlungen
wird das aus einer schwedischen Privatgalerie
stammende Bild, das sich seit 1930 in Deutsch-
land befindet und seitdem mehrfach den Be-
sitzer gewechselt hat, wieder für die Diskus-
sion vor einem anderen Forum frei, das die
Frage der sogenannten „Echtheit“, welche im
Gerichtesaal naturgemäß nur eine Art Neben-
rolle zu spielen vermochte, um so schärfer
unter die Lupe nehmen wird.
Daß der Prozeß auch nach eingehendster
Vernehmung von Zeugen und Sachverstän-
digen eine Entscheidung über die Urheber-
schaft nicht herbeiführen konnte, war wohil
voraus zu sehen. Immerhin aber brachte
bereits die Urteilsbegründung, als sie auf die
von beiden Beklagten bei dem Angebot ge-
brauchte Bezeichnung „Neuentdeckung“ zu-
rückkam, nachdrücklich zum Ausdruck, daß
diese sinngemäß nur auf Werke zu beziehen
sei, welche die eigentliche Feuerprobe ein-
gehender Nachprüfung durch sämtliche wirk-
lich berufene Instanzen bisher noch nicht be-
standen haben. Sie stellte sich damit auf
einen Standpunkt, den auch die objektive
Forschung in jedem ähnlichen Fall ohne
weiteres einnehmen wird. Dieser liegt dann
noch die Bewertung der einzelnen Kenner-
ansichten ob. Wobei schließlich immer noch
die Frage offen bleibt, ob nicht durch eine
Uebersehätzung des bisher üblichen Exper-
tisenwesens und besonders durch die Heran-
ziehung immer derselben wenigen Gutachter
auch Gefahren entstehen für eine Wissen-
schaft, die schließlich den kennerischen
Nachwuchs keineswegs entbehren, aber auch
kaum gedeihen kann, wollte sie Kunsthändler
und Sammler von der eigentlich selbstver-
ständlichen Verpflichtung zur Kennerschaft
gänzlich entbinden. Denn auch für diese
wird es immer gelten, wenn sie überhaupt
Liebhaber und Bewerter der Kunst bleiben
wollen, den Weg der Spezialisten anzutreten,
die das Gefühl für ihre Aufgaben mitbrin-
gen. Wer sich mit einem Werk von Rem-
brandt abgibt, aber von der ungeheuer
schöpferischen Leistung dieses Meisters un-
berührt bleibt und sich mit dem ganz außer-
ordentlichen komplizierten Grenzgebiet zwi-
schen eigenhändigen und Werkstattarbeiten
nur aus einem lediglich von merkantilen In-
teressen bestimmten Blickfeld einläßt, wird
weder der rechte Verkäufer noch Käufer
sein. Wer aber mit Geschmack und auf
künstlerische Qualität hin sammelt, wird aus
diesem Prozeß die Nutzanwendung ziehen
können, daß er im ehrlichen Kunsthandel
gut beraten und nicht übervorteilt wird-
Denn auch für diesen wird die künstlerische
Verantwortung alten Meistern gegenüber
nicht in einem wahllosen Erwerben und
Wiederabstoßen, sondern immer nur in Her-
anholung und Prüfung von Einzelobjekten
bestehen, für die die Bewertung durch an-
dere kennerische Instanzen ohne weiteres
gegeben ist.
Schon vor Gericht wurden Materialien
herangezogen, von denen aus jede weitere
Diskussion über das im Original 95X 71 cm
große Bild ausgehen wird. Es sind dies vier
Blätter mit Darstellungen von Rebekka und
Elieser am Brunnen, die Valentiner in seinem
ersten Band von Rembrandts Handzeichnun-
gen publizierte („Klassiker der Kunst“, 31
Regence-Epoche. Sessel. Versteigerung
der Sammlung: Madame Gustave Meuniö. Galet'
C h a r p e n t • e r , 14. Dez. 35 (Photo Weltkunst-Archivl
Band, Stuttgart v. J. Nrn. 51—54) und eine
gleichfalls von Valentiner herrührend®
Untersuchung über das Verhältnis der bet'
den Fabritius zu ihrem Meister („The Ar
Bulletin“. Vol. XIV, No. 3, Chicago 1932, b-
197—240). Ob Barent, dem jüngeren Bruder:
der Rembrandt in der zweiten Hälfte der
vierziger Jahre bei der Ausführung v°n
Werkstattarbeiten half, an Hand einer v°n
dessen Skizzen die in ihrer Art so voll®11
Fortsetzung Seite