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DIE WELT KUNST

Jahrg. IX. Nr. 51/52 vom 22. Dezember 1935

Die Entwicklung des Rahmens in Italien

Es ließe sich über Rahmen eine umfang-
und aufschlußreiche Arbeit schreiben. Merk-
würdigerweise gibt es über viel unwesent-
lichere Gebiete menschlichen Gestaltens die
verschiedensten Niederschläge der Forschung.
Auf dem Gebiet der Rahmenkunde sind sie
spärlich, und eine erschöpfende Darstellung
über die Entwicklung des Rahmens oder gar
des Kunsthandwerkes, das ihn schafft, fehlt
fast ganz.
Vor einigen Monaten hatte ich Gelegen-
heit, an gleicher Stelle unter ästhetisch-kriti-
schem Gesichtspunkt zur Frage des Rahmens


Detail eines Rahmens. Neapel, 16. Jahrhundert
(Photo: Tiecke)
und der Rahmung Stellung zu nehmen. Da-
mals stellte ich eine Abwandlung der Ent-
wicklung des Rahmens in den verschiedenen
Ländern in Aussicht. Es ist folgerichtig mit
der Betrachtung des Landes zu beginnen, das
gewissermaßen die Wiege der Rahmenkunst
ist und dem die Erfindung der fundamentalen
Rahmenform Vorbehalten war: Italien.
Die frühesten Rahmen sind die leisten-
artigen Umrandungen der ersten Tafelbild-
werke im 13. und 14. Jahrhundert. Sie sind
zumeist aus dem gleichen Brett wie die Bild-
tafel selbst geschnitten und stellen eine Wie-
derholung der steinernen Umrandungen der
Wandbilder in anderem Material vor. Der
Goldgrund des Bildes wird in ihnen fort-
gesetzt.
Die vorliegende Skizze beabsichtigt nicht,
auf den Altarrahmen und seine Entwicklung
einzugehen, der in seinem architektonischen
Charakter, sehr oft zu Ungunsten des Ge-

mäldes, mehr der baulichen Gestaltung sei-
ner Umgebung Rechnung trägt als dem Bilde
selbst. Doch sollen durch diese Abgrenzung
keineswegs die herrlichen Blüten mensch-
licher Phantasie, die auch auf diesem Gebiet
erwuchsen, in ihrer Bewertung gemindert
sein. Diese Ausführungen sind vielmehr ab-
gestellt auf die Entwicklung der Rahmen des
Tafelbildes, das an keine gegebene Umge-
bung gebunden, an den Rahmen erstmalig die
Forderung nach Erfüllung seiner vornehm-
sten Aufgabe stellt: das Bild zu begrenzen
und gegen seine Umgebung abzuschließen.
Aber erst dem frühen Quattrocento blieb
es vorbehalten, die fundamentale Form des
Rahmens zu erfinden. Wiie das Kind einen
Berg als Pyramide zeichnet, ein Haus dar-
stellt in der gleichen Reduktion auf das
Wesentliche, ließe sich ein Rahmen als ein
Band zeichnen, das rechteckig in seiner Sil-
houette die innere Fläche umschließt, gegen
diese mit einer Kontur abgegrenzt, dem par-
allel verlaufend eine äußere Kontur dieses
Band umzeichnet. Dies ist und bleibt die
Idee des Rahmens, die sich oft bis zur Un-
kenntlichkeit versteckt, in allen weiteren
Rahmenschöpfungen aufweisen läßt. Die frü-
hen Rahmen des Quattrocento zeigen erst-
malig die Realisierung dieser schematischen
Darstellung im Raum. Ein schmales Profil
zum Bilde abfallend, ein proportional breite-
res Profil von der Fläche nach außen an-
steigend umgrenzen das Rahmenbild. Doch
schnell stellt der Schmucktrieb des Menschen
der Phantasie und dem Können des Hand-
werkers die verschiedensten Aufgaben. Orna-
ment belebt einmal vorzüglich rhythmisch-
plastisch die umgrenzenden Profile, male-
rische aber auch plastisch-ornamentale
Schmückung das andere Mal mit Vorliebe
die Bandfläche. Das verschiedentlichste Ma-
terial findet Verwendung als Oberfläche. Vor-
nehmlich ist es Gold und Holz, aber auch
Marmor, reizvolle malerische Imitation des-
selben, Pastä, Farbe. Die schmückende Orna-
mentik entnimmt die verschiedensten thema-
tischen Motive der Anregung durch die Na-
tur. Aber auch die handwerkliche Erfindung
erwächst in dieser Zeit zu erstaunlicher
Fülle. Das Gold und Holz wird mit feinstem
Empfinden und größtem Können zu den Far-
ben des Bildes abgetönt. Es ist abwegig,
anzunehmen, daß Holz in seiner Naturfarbe
verwendet wurde oder die käsige Farbe un-

getönten Goldes, sein ungebrochener mili-
tanter Glanz ohne weitere Behandlung be-
lassen wurden. Die Grundierung wird form-
gebend plastisch auf getragen (Pastiliierung),
die Pasta, eine Abart der Grundierungsmasse,
wird, in Formen gepreßt, welche der Rah¬

menkünstler in Stein, Alabaster oder Schiefer
unmittelbar im Negativ mit der munitiösen
Schärfe des Stichels zu schneiden versteht.
Die wenigen aus dieser Technik erhaltenen
Belege gehören zu den reizvollsten Gestal-
tungen des ausgehenden Quattrocento. Eine
dem Sgrafitto verwandte Arbeitsweise schafft

die goldornamentierten schwarzen, blauen,
braunen, oft bunten Flächen, aus denen
durch Herauskratzen der über dem Gokle
liegenden Farbe, die „Gravierung“ genannte
Ornamentik zutage tritt. Nahezu alle diese
Techniken sind im 19. Jahrhundert verloren
gegangen. Erst unserer
Zeit blieb es Vor-
behalten, durch Studi-
um der antiken Vorbil-
der und von den hand-
werklichen Vorausset-
zungen ausgehend, die
Techniken wieder neu
zu erfinden, welche die
Meister dieser versun-
kenen Zeiten so voll-
kommen beherrschten.
Die Freude am haut-
verwitternder Ma-
terie ließ den forschen-
den Handwerker unse-
rer Tage über diese
Wiederschöpfung verlo-
renen Handwerks hin-
aus danach streben,
auch alle Schönheiten
der Patina handwerk-
lich aufzubauen. Nicht
nur die farbige, auch
die Patina der Materie,
um mich so auszudrük-
ken, das Lockere porö-
ser Oberflächen gestal-
ten zu lernen; die Cra-
quelure, die Risse alten
Goldes kunstvoll ent-
stehen zu lassen, die auf
unwillkürliche Art die
glatten Flächen mit dis-
kretem Netzwerk durch-
ziehen. Sie bewirkt, daß
das Gold das Licht in
den verschiedensten
Brechungen zurück-
strahlen läßt in einer
Milde, die an Kerzen-
schimmer gemahnt. Dieses reiche Können,
welches das Handwerk unserer Tage wieder
zu erwerben verstanden hat, läßt Hoffen und
Glauben berechtigt erscheinen, daß, auf die-
ser Basis erwachsend, eine zeitgenössische
Rahmenkunst entstehen kann.
P. Tiecke (Fortsetzung folgt.)


Quattrocento Rahmen Florenz mit Pasteneinlage
(Photo: Tiecke)

der nach seinen grundlegenden Forschungen über den
Burgbau der Ordenszeit zusammenfassende Publikationen
über die mittelalterliche Skulptur und Malerei der
Ordensstaaten vorbereitet, umrissen hat.
Der Königsberger Verlag Graefe & Unzer,
seit Jahren bemüht, für die Kulturgüter Ostpreußens in
Publikationen zu werben, hat einige neue Werke
auf den Markt gebracht. Anton Ulbrich, dem wir
bereits eine zweibändige Veröffentlichung über die Bild-
hauerkunst Ostpreußens insbesondere der neueren Zeit
seit der Renaissance danken (im selben Verlag), gibt
in einem 272 Seiten starken Band — allerdings mit leider
vielfach völlig unzureichenden Abbildungen, für die
besserer Ersatz leicht zur Hand gewesen wäre — eine
gedrängte Uebersicht über die „Kunstgeschichte
Ostpreußens von der Ordenszeit bis
zur Gegenwart", die zwar auf neue kunstge-
schichtliche Aspekte verzichtet, aber als gewissenhafter
und klar eingeteilter Ueberblick — das Fehlen von Re-
gistern darum doppelt bedauerlich — sehr zu be-
grüßen ist.
Wer sich durch das im Jahre 1933 grotesk und
barock anmutende Widmungs-Vorwort Carl v o n
Lorcks nicht schrecken läßt, wird in dem Bande
„Herrenhäuser Ostpreußen s", der eine
Serie von Forschungen über Bauart und Kulturgehalt der
deutschen Herrenhäuser beginnt, auf eine Arbeit stoßen,
die mit ebenso großer wissenschaftlicher Akribie wie
darstellerischer Klarheit Probleme einer architektonischen
Gattung darstellt, die bisher kaum in den Bereich der
Wissenschaft getreten war. Dankenswert hier vor allem
der Katalog sämtlicher Guts- und Herrenhäuser Ost-
preußens aus der Spätgotik bis in die Gegenwart, die
baukünstlerisch von Interesse sind.
Das Gesamtbild Ostpreußens in Landschaft, Städten,
Burgen, Dörfern, Gehöften und Innenansichten wird in
222, teilweise photographisch als Spitzenleistungen an-
zusprechenden Abbildungen des Bandes ,,D a s ma-
lerische Ostpreußen" festgehalten. Auch dem
Kunsthistoriker wird hier eine reiche Ausbeute geboten,
die immer wieder auf viele noch ungelöste Probleme
ostdeutscher Kunst hinweist. W. R. D e u s c h

Jhiktions ‘ftachberichte

Auf der Kölner Lempertz-Auk-
t i o n am 27. November, die die bekannte
Gemäldesammlung Wesendonk
zur Auflösung brachte, sah man neben einer
großen Anzahl von privaten Sammlern und
Kunstfreunden viele Vertreter erster deut-
scher und ausländischer Kunsthandelsfirmen,
sowie rheinische Museumsfachleute. Die Ver-
steigerung nahm einen sehr flotten Verlauf,
und die Spitzenbilder der Wesendonk-Samm-
lung erbrachten recht imponierende Preise,
die bei einzelnen sogar beträchtlich über die
vorhergegangene Taxierung hinausgingen. —
Am Tag darauf, 28. Nov., versteigerte Lem-

Aeltere und neuere Kunstliteratur
beziehen Sie am schnellsten und preis-
wertesten durch die Buch- Abteilung des
Weltkunst-Verlages
Berlin W 62, Kurfürstenstr. 76 77
Telephon: B 5 7228
Telegramm-Adresse: „Weltkirnst Berlin"

pertz Plastik, Malerei, Kunsthandwerk und
Mobiliar des, 16.—18. Jahrhunderts. Auch hier
brachten alle Objekte von Qualität beacht-
liche Preise, was sich besonders bei den go¬

tischen Plastiken sowie bei den alten Silber-
schmiedearbeiten und den Bronzen zeigte
Eine genaue Preisliste veröffentlichen wii
nachstehend.

Nicolas Poussin, Inspiration des Dichters, (Paris, Louvre), Poussin-Ausstellung, Wien, Kunsthistorisches
Museum. Siehe Bericht S. 2 (Photo: Museum)


P r eis b e r i c f)
zum Einträgen in den Katalog

Math. Lemnertz. Köln
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Katalog Nr. 377

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Galerie Commeter, Hamburg

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Alte und moderne Graphik
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