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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0023

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21

1890.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

22

Mittelalterliche Miniatur-Glasmalereien im Kunstgewerbe-Museum zu Köln.

Abbildungen.

Erscheinungen, zumal

Mit

onumentale Glasmale-
reien sind aus dem
Mittelalter in erheb-
licher Anzahl übrig
geblieben und zwar
glücklicherweise zu-
meist an ihren ur-
sprünglichen Stätten.
Miniatur-Glasgemälde
aber aus dieser Pe-
riode sind seltenere
in den Räumen, für
welche sie geschaffen wurden. Die Verwüst-
ungen der früheren, der Sammeleifer der letzten
Jahrzehnte haben leider die meisten derselben
aus dem geschichtlichen Zusammenhange her-
ausgerissen, so dafs sie sich.-fast nur noch in
Museen und in Privatsammlungen vorfinden.
Besondere Beachtung verdient der kleine Schatz,
den das Kölner Kunstgewerbe - Museum be-
wahrt, aus dem es mir vergönnt gewesen ist,
einige Exemplare photographisch aufnehmen
und hier reproduziren zu lassen.

Neben der bereits im XI. Jahrhundert nach-
weisbaren Gewohnheit, die Kirchenfenster farbig
zu beleben, entwickelte sich ganz naturgemäfs,
wenn auch allmählich das Bedürfnifs, auch in
in den anslofsenden Gebäulichkeiten, also in
den Sakristeien, Kapitelssälen, Klöstern u. s. w.
die Fenster mit farbigem Glase auszustatten.
Viel kleiner und feiner mufsten hier die dem
Auge um so näher gerückten Darstellungen,
viel einfacher die Musterung, viel lichter die
Wirkung sein. In den beweglichen hölzernen
Fensterrahmen bot ein kleines aus einem Glas-
stücke bestehendes Mittelbild den geeignetsten
Kern für eine aus geometrischen Linien be-
stehende Umgebung, die aus grünlich-weifsem
Glase gebildet höchstens am Rande einer bunten
Fassung bedürftig schien. Aus der romanischen
Periode sind mir solche Verglasungen, die bald
wohl auch in profane Räume (wie Schlösser,
Zunft-, Rathhäuser etc.) eingeführt wurden, nicht
bekannt. Aus der frühgothischen Epoche aber
fehlt es nicht an Beispielen, die leider fast nur
einzelne Theile betreffen, ganz wenige vollstän-
dige Fassungen. Eine solche war auf der „Aus-
stellung westfälischer Alterthümer und Kunst-

erzeugnisse" in Münster im Jahre 1879 erschie-
nen in Gestalt von zwei aus dem Soester Ho-
spital stammenden Flügeln von 45 cm Höhe
und 38 cm Breite, für welche die Zeichnung
des Heiligenbildes in der Mitte und der es um-
gebenden Ornamente das XIV. Jahrhundert als
Ursprungszeit in Anspruch nehmen liefsen.

In ganz ähnlicher Weise werden die klei-
nen Bilder disponirt gewesen sein, welche auf
der umstehenden Tafel oben und unten veran-
schaulicht sind. Als das älteste derselben er-
scheint Figur 1, welches lll2 cm breit 21 cm
hoch ist und den hl. Johannes unter dem Kreuze
darstellt. Die ihm entsprechende Muttergottes-
Figur ist ebenfalls noch vorhanden, aber in den
Konturen stark verletzt, wie ein dazu gehöriges
Abt-Bild. Die mit durchaus sicherer Hand vor-
züglich gezeichnete, ungemein edel bewegte
Figur gibt sich durch ihren ganzen Typus als
ein Erzeugnifs der kölnischen Malerschule aus
dem Anfange des XIV. Jahrhunderts zu er-
kennen, in welchem Merlo (»Die Meister der
altkölnischen Malerschule«, S. 191) eine Anzahl
von Glasmalern nachweist. Auf 'die grünlich-
weifse Tafel hat der Künstler zuerst die Figur
gezeichnet mit ihren starken Umrifskonturen,
die sich von dem dunklen ebenfalls durch Auf-
tragung von Schwarzloth gebildeten Grunde durch
eine feine lichte Umrifslinie aufs Bestimmteste ab-
heben. Nachdem dieser Grund getrocknet war,
wurden die zierlichen Ranken mit ihren stilisirten
Blättchen ausradirt. Sodann wurde, um diesen
Ranken und Blättchen eine feierliche Wirkung zu
geben, von der Rückseite Silbergelb aufgetragen,
welches zwar durch die starke Oxydation des Gla-
ses an der Luft gröfstentheils weggefressen, aber
doch noch hinreichend vorhanden ist, um mit
aller Bestimmtheit festgestellt werden zu können.
Diese Feststellung ist um so wichtiger, als für
die so bedeutungsvolle Einführung des Silber-
gelb in die Glasmalerei von der Kunstgeschichte
bisher als frühester Termin die Mitte des XIV.
Jahrhunderts angenommen wurde. Nicht uner-
heblich früher dürfte nämlich unsere Figur 1
entstanden sein, welche zugleich in Bezug auf
Zeichnung und Technik eine so hervorragende
Stelle einnimmt, dafs sie auf einen der bedeu-
tendsten Künstler der damaligen Zeit zurück-
 
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