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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0105

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173

1890.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST

Nr. G.

174

In dem Ciborium hatte auch die Monstranz
regehnäfsig ihre Stelle. Meistens waren im aus-
gehenden Mittelalter die Monstranzen thurm-
fönnig (m. turriculata) und klein. Die oft
meterhohen, mit allem Beiwerk der Spätgothik
ausgestatteten, welche noch heute zahlreiche
Kirchen Ost- und Westpreufsens bewahren (vergl.
meinen Aufsatz über die mittelalterliche Kunst
im Ordenslande Preufsen, »Vereinsschrift der
Görres-Gesellschaft« 1887, S. 92), gehören, wenn
auch dem Stil nach gothisch, der späteren Zeit
an, meistens dem XVl.Jahrh., wurden aber im
Ermlande noch im XVII. Jahrh., die letzte nach-
weislich 1643, allerdings schon mit Beimischung
einiger Renaissanceformen, gearbeitet. In den
Visitationsberichten des XVI. Jahrh. lesen wir fast
nur von kleinen kupfernen oder ehernen und
vergoldeten oder versilberten, selten von sil-
bernen und vergoldeten, ja sogar von zinnernen
Monstranzen; der Melchisedech war aber doch
stets vergoldet, in der Regel silbern und ver-
goldet. Viele dieser Monstranzen haben sich
als zurückgelegte Stücke in den Sakristeien oder
Aerarien noch erhalten. Häufig notirten die
Visitatoren das Vorhandensein von konsekrirten
Hostien in den Monstranzen. Nicht selten
mufsten die Monstranzen zugleich auch als Re-
liquienbehälter dienen, indem der Melchisedech
herausgenommen und dafür eine Kapsel mit
Reliquien eingestellt wurde. In einem Falle
lesen wir, dafs die Monstranz auch die Stelle
des fehlenden Tabernakels vertreten mufste. „In
monstrantia cuprea deaurala loco Melchisedech
imposita erat pixis argentea. in qua sacculus
mundui cum hostiis consecra/is."

Endlich bewahrte man in dem Ciborium
auch die hl. Oele. Die Gefäfse (rasa chris-
maliaj waren in den Stadtkirchen meist von
Silber, mit pyramidalem Deckel, in den Land-
kirchen fast immer nur von Zinn, ebenfalls
bisweilen thurmförmig, manchmal auch von
Kupfer, was indefs die Visiutoren stets als einen
alsbald zu beseitigenden Uebelstand rügten.

Aermlich war es meistentheils mit den in
dem Ciborium der Landkirchen bewahrten hl.
Gefitfsen bestellt. Da gab es Tabernakel von
Zinn oder gar Holz, im letztern Falle aber
stets bemalt, roth, grün oder mit Bildern, manch-
mal, was die Visitatoren rügen, mit weltlichen
und indezenten Bildern, oder auch gar keine
Tabernakel, sondern nur Hostienbüchsen (capsa,
Capsula): von Silber, Erz, Messing, Kupfer,

Zinn, versilbertem Eisenblech, oder statt deren
mit Kemmich oder Seidenstoff überzogene höl-
zerne Kästchen (scalula lignea), oder endlich
sehr oft nur Tabernakel und keine Pixis. Nicht
immer auch waren die Krankenpatenen von ver-
goldetem Silber; ebenso häufig kommen eherne,
am häufigsten zinnerne vor, einmal auch eine
kristallene Patene. Und dabei die seltsamsten
Kombinationen: ein Tabernakel von Kupfer,
darin eine hölzerne, mit Kemmich überzogene
Pixis, aber eine ,.phiala argentea pro ablutione
communican/ium", oder eine bemalte hölzerne
Kapsel, darin ein Säckchen mit Hostien und eine
zinnerne Patene u. a. Aermlich waren natürlich
auch die Behänge, meistens nur Tüchlein (stro-
phiola) aus weifsem Leinenzeug,selten mit schwar-
zen Fäden gestickt, noch seltener von Seidenstoff.

Reicher ausgestattete Kirchen hatten auch
eigene Vorhänge vor dem Ciborium. So lesen
wir bei Wormditt 1598: „Antependium ex Bro-
catello ante Ciborium cum 12 globulis argen-
teis et hac inscriptione: Ave verum corpus. —
A. ante idem Ciborium ex damasco albo cum
imagine Assumplionis B. M. V. et inscriptione:
O maier Dei, in fimbria superiore appenden-
tibus 20 globulis argenteis cum ßoecis."

Gehen wir zur Altarbekleidung über.
Dazu gehören vor Allem die Antependien. Sie
führen ihren Namen daher, weil sie im Mittelalter,
am vorderen Rande des Altartisches befestigt,
einfach als Vorhänge herabhingen (pendens ad
allare, Dom zu Frauenburg 1598), während sie
heute, da sie, auf einen Rahmen gespannt, dem
Altare vorgestellt werden, ihren alten Namen
zu Unrecht tragen. Dem Stoffe nach waren
sie von Seidenzeug, oft golddurchwirkt, Brokat,
Sammet, Kemmich, Dirdumdey, Harras, Tuch,
Leinwand und Wolle, oder einem Gewebe von
Leinen und Wolle, meistens aber noch mit
Stickerei geschmückt, die Leinwand mit Bildern
bemalt. Reicher noch war der Schmuck an
der oberen Borte fins/ita), welche zugleich den
Zweck hatte, die Naht, welche das obere Altar-
tuch mit dem Antependium zusammenfügte, zu
verdecken. Ringsum war sie mit Franzen ein-
gefafst, ebenso das Antependium selbst. Die
Borte war abnehmbar und wurde wohl auch
zu anderen Zwecken verwendet. So hatte im
Dome zuFrauenburg ein Antependium aus rothem
Tuch und mit Bildern hl. Jungfrauen eine Borte
aus rothem, golddurchwirktem Sammet, welche
am Feste Corporis Christi zur Umhüllung des
 
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