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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0131

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223

1890.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

224

von Kirchenschiff und Sakristei sind als Bogen-
decken mit Holzverschalung projektirt, welche
in das Dach werk eingreifen, während für das
7 m hohe Chor ein Kreuzgewölbe vorgesehen ist.
Die Anlage in das Dach werk eingrei-
fender Bogendecken ist bei Kirchen dieser
Gattung, welche billig werden sollen, sehr em-
pfehlenswerth; dieselben gestatten, dem Inneren
ein hohes und wirkungsvolles Verhältnifs zu
geben, ohne dafs die Seitenmauern der Kirche
so hoch hinaufgeführt werden müssen, während
anderseits der hohe Dachboden nicht ganz un-
benutzt bleibt. Im vorliegenden Falle beträgt
z. B. die Höhe der Seitenmauern des Kirchen-
schiffes nur 5,50 m, die innere Höhe des letzteren
aber bis zum Scheitel der Bogendecke 9 m.

Die Anwendung von Steinmetzarbeit ist eine
höchst sparsame. Aufser dem Nothwendigsten,
den Gesimsen, Giebel- und. Strebepfeiler-Ab-
deckungen, hat nur der Vordergiebel ein etwas
reicheres Fenster mit Mafswerk, die Chorfenster
sind dagegen mit einfacher Steinfassung mit
Nasen in den Bogen, und die Schiffsfenster mit
eisernen Rahmen und Fenstereisen versehen.

An dieser Stelle ein Wort über die Anwen-
dung der Werksteine (Steinmetzarbeiten) bei
Kirchenbauten. Das ist ein wichtiges Kapitel,
gegen welches manchmal, und fast immer aus
Sparsamkeit an der unrechten Stelle, schwer
gesündigt wird. Eine schöne Steinmetzarbeit
ist nicht nur der Schmuck und die Zierde des
Bauwerkes, sondern giebt auch der Architektur
desselben den Charakter. Fehlerhaft ist es ge-
wifs, bei einfachen Kirchen und wo die Mittel
nicht reichen, in der Verwendung dieses
Schmuckes zu weit zu gehen, viel fehlerhafter
aber ist es noch, denselben dort zu sparen und
durch Surrogate zu ersetzen, wo er nicht nur
im Dienste der Schönheit steht, sondern als
nothwendiges Konstruktionsglied auftritt. Unter
diesen Surrogaten verstehe ich dort, wo Werk-
stein zu haben ist, auch den Backstein. In
solchen Gegenden die Sockel und Gesimse, die
Fenstereinfassungen oder gar die Mafswerke und
das Sprossenwerk der Fenster, die Giebel und
Pfeiler-Abdeckungen von Backstein zu mauern,
auch mit dem „Alles verbessernden" Cement-
zusatz ist eine Todsünde gegen die Konstruk-
tion und Architektur. Keine kleinere Sünde
ist aber auch die Herstellung von Gewölbe-
rippen, Bogen-, Pfeiler- und Thür-Einfassung im

Innern aus Backsteinen und das Ausziehen der
Profilirungen derselben in Gyps oder Stuck.
Die Anwendung dieser Surrogate sollte im
Kirchenbau nicht Platz greifen. Man wende
dagegen nicht die Kosten ein: bei richtiger
Rechnung und sachgemäfser Verwendung der
Steinmetzarbeit stellt dieselbe sich nicht theurer,
häufig sogar billiger, als die Verwendung der
Ersatzmittel. Ich fuhr kürzlich im Rheingau
in unserer Diöcese an einem kleinen im Bau
begriffenen Kirchlein vorbei. An demselben
waren selbst die Fenster-Mittelpfosten und Mafs-
werke in Backsteinen gemauert, und nicht etwa
in profilirten, sondern in gewöhnlichen vier-
eckigen Backsteinen. Und das in einer Gegend,
wo der Haustein von allen Seiten so leicht und
billig zu haben ist. Ich bin überzeugt, wenn
der Architekt mit Haustein umzugehen weifs, —
das ist allerdings auch eine Kunst, welche nicht
Jedermanns Sache ist, —■ und er einmal genau
nachrechnet, so wird der Unterschied der Kosten
selbst zu Gunsten der Steinmetzarbeit ausfallen.
Sollte es aber anders sein und die Steinmetz-
arbeit sich etwas theurer stellen, so kann das
nur unbedeutend, jedenfalls aber nicht so we-
sentlich sein, dafs die andere Ausführungsweise
durch die geringen Mehrkosten der ersteren
ge-rechtfertigt wäre. Eine sachgemäfse Anwen-
dung des Werksteines wird dem Baue nicht
nur zur Zierde, sondern auch zur Dauerhaftig-
keit gereichen und die unwesentlichen Mehr-
kosten hundertfach lohnen.

Diese Ausführungen gelten selbstredend
nicht für Gegenden, in welchen der Werkstein
nicht, oder nur mit grofsen Unkosten zu haben
ist, wie in Norddeutschland, Ost- und West-
preufsen etc. Dort ist aber auch der Backstein-
bau bereits im Mittelalter so ausgebildet, dort
hat sich der ganze Charakter der Architektur
so eigenartig gestaltet, dafs man den Werkstein
in keiner Weise vermifst.1) (Schiufs folgt.)

Frankfurt a. M. M. Meckel.

!) [Musler von Backsteinbauten hoffen wir unseren
Lesern bald vorführen zu können, und zwar sowohl
solche aus Norddeutschland, wie aus den Niederlanden,
in denen der Ziegelbau eine ganz aparte Entwickelung
genommen hat. Alte und neue Beispiele aus diesen
Bezirken sollen zugleich den Zweck erfüllen, unseren
dortigen zahlreichen Abonnenten für ihre Bauten prak-
tische Rathschläge zu bieten.] I). H.
 
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