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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0195

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341

1890. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

342

Figur 3

Auf welche Weise dieselben in den Besitz
des Breslauer Magistrats gelangt sind, ist nicht
nachzuweisen. Wahrscheinlich stammen sie aus
Kirchen oder Klöstern; wenn eine Vermuthung
hier zulässig ist, so möchte ich darauf hin-
weisen, dafs der Breslauer Rath 1525 von dem
Adelbertskloster, 1529 von der Corpus Christi-
kirche, der alten Vinzenzkirche, der Nikolai-
kirche, der Sand- und Mauritiuskirche die Klein-
odien einforderte, als Beitrag zu den Kosten
der Herstellung von Befestigungsarbeiten bei
der drohenden
Türkengefahr.26)
Theils wegen des
nicht bedeutenden

Metallwerthes,
theils aus Pietät
gegen das Anden-
ken der schlesi-
schen Landesheili-
gen mögen die bei-
den Gefäfse dem
Einschmelzen ent-
gangen sein.

Veröffentlicht
wurde der Hed-
wigsbecher zuerst
von Luchs in
seinen »Romani-
schen und gothi-
schen Stilproben
aus Breslau und
Trebnitz«,26) ab-
gebildet daselbst
und in »Schlesiens
Vorzeit in Bild u.
Schrift«.27) Seit

dieser Zeit haben |______________________

Essenwein, Frie-
drich und andere Forscher in ihren Schriften
mehrfach auf das merkwürdige Gefäfs Bezug
genommen.

Mit dieser Nummer verlassen wir den schle-
sischen Boden; die nachstehenden, aufserhalb
Schlesiens befindlichen Gläser sind dem soeben
beschriebenen in der Technik völlig gleich-

Geschnittenes Glas im Besitz des Generalmajors Rose zu Berlin

25) A. Schultz »Einige Schatzverzeichnisse der
Breslauer Kirchen« (Abh. d. schles. Ges. f. vaterl.
Kultur 1867, Philos.-histor. Abtheil.).

*6) Breslau 18F.9, S. 12, 13 und Fig. 16.

VI) Bd. IV S. 182, Fig. 19. Vergl. auch Friedrich
in der »Wartburg« 18l9, Nr. 9 und 10, S. 187 Bf.

Nur in Bezug auf die Gröfsenverhältnisse be-
stehen geringe Unterschiede. Sie gehören alle
der Klasse der geschnittenen, von der Kunst-
forschung speziell als Hedwigsgläser bezeich-
neten Gefäfse an. Am längsten bekannt ist,
aufser dem Breslauer, ein zweites in Polen be-
findliches Stück:

7. Im Domschatz zu Krakau ein konischer
Becher, dem Breslauer in Gestalt, Masse und
Behandlung des Glasschnitts völlig gleich. Der
letztere zeigt dasselbe Paar schreitender Löwen,

welche sich einem
Adler28) mit aus-
gebreiteten Flü-
geln nähern; auch
hat der Becher die
nämlichen Drei-
eckschilde, wie der
Breslauer. Oberer
Durchmesser 10,9
cm, unterer Durch-
messer 7 cm, Höhe
9,9 cm, Glasdicke
5 mmP) Das Glas
ist auf einen hohen,
silbervergoldeten
Fufs aufgesetzt und
verräth hierdurch
seine Bestimmung
als Mefskelch. Die
Fufsplatte ist sechs-
theilig kreisförmig
ausgeschweift und
gehört der späte-
ren Gothik (XV.
Jahrh.) an. Der
Fufs zeigt auf zwei
plastisch aufgeleg-
ten Medaillons das
Schweifstuch Christi und das Haupt Johannis
des Täufers. Die übrigen vier Flächen sind
durch Gravierungen verziert; diese stellen Sim-
son, den Löwen würgend, den Pelikan, der seine
Jungen mit seinem Blute nährt, einen knieenden
Abt mit Krummstab und die hl. Hedwig mit
dem Modell des von ihr gestifteten Klosters
(Trebnitz) und einem Gebetbuch dar.

28) Bei Przedziecki und Rastawiecki »Mo-
numents du Moyen-äge et de la Renaissance dans
l'ancienne Pologne« (Text) werden zwei Adler genannt.

29) Die Maafse verdanke ich der Güte des Herrn
Leonard Lepszy in Krakau.
 
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