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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Schnütgen, Alexander: Zwei neue Seitenaltäre romanischen Stiles
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0016

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 1.

bis zur Höhe der Kapitale aufzumalende Teppich
soll wiederum die Horizontale betonen und
den Hintergrund zu ruhiger Farbenwirkung
verstärken. Die unter dem zu vergoldenden
Kamme sich hinziehende Borte kann durch
Hinterglasmalerei verziert werden, am besten
in der Abwechselung mit Stuckornamenten.
Diese beiden den filigranirten Steinfassungen
und den Grubenschmelzen der romanischen
Metallschreine in der Wirkung sich anschliefsen-
den, aber durchaus selbstständigen, die Schlag-
wortbezeichnung von Surrogaten durchaus nicht
verdienenden Techniken, welche schon im
XIII. Jahrh. stark gepflegt wurden, sind um
so empfehlenswerther, als sie einfach in der
Handhabung, glanzvoll und kräftig im Effekt,
solid hinsichtlich der Dauer sind. Die Leuchter,
die hier als geschickte Unterbrechungen in den
Kamm aufgenommen sind, können auch als
Standleuchter auf die Altarplatte gestellt, als
Armleuchter an den die Doppelsäulchen der
Mittelnische tragenden Stylobaten angebracht
werden. — Ueber der Arkatur kragt an der
Wand in der Höhe des hier aufgemalten, Re-
tabel und Bekrönung verbindenden Teppichs
eine Holzkonsole mit knieender Engelfigur aus,
und trägt die schlanke Standfigur des hl. Willi-
brordus, des Patrons des Erzbisthums, in
einer Kastennische, die über einem Klettblatt-
bogen wimpergartig geschlossen als Baldachin
eine architektonische Bekrönung zeigt, einen
über Eck gestellten kräftigen Mittelthurm mit
vier ihn umgebenden niedrigen Eckthürmchen,
eine dem Holzcharakter angepafste, nicht zu
schwere, ganz harmonische Lösung. — Hätte der
Künstler sich auf diesen Schrein beschränkt,
so hätte die Wand ohne Figurenschmuck einen
zu öden Eindruck gemacht. Er gab ihm des-
wegen mit Frontispizen versehene, also der
Schreinsform genau sich anpassende Flügel,
die an der Rücktafel durch Charniere befestigt,
die Seiten zu schliefsen, und auf den Ecken
als Halbflügel nochmals umgeklappt, auch die
Vorderseite zu decken vermögen. Die den
breiteren Flügeln in zwei Zonen aufgemalten
Darstellungen illustriren das Leben des hl. Willi-
brordus; auf den schmalen Klappen sind Pro-
pheten dargestellt und die kräftigen rosetten-
verzierten Einfassungen erfüllen vollkommen
den Zweck der Gliederung und Abgrenzung,
dem das ruhige Stoffmuster des Hintergrundes
noch weiter entgegenkommt.

Die Aufgabe, diese hohe schmale Wand
mit einfachen Mitteln und geringem Kosten-
aufwand zu gliedern, war etwas schwierig, nur
zu lösen von einer Hand, die mit Sicherheit
und Leichtigkeit verfügt über die Formen der
Architektur, Plastik, Malerei, wie über die
Techniken, in denen sie zum Ausdruck kommen.
Dafs die Lösung durchaus richtig ist, zeigt
schon die Abbildung, obwohl sie nur der
Zeichnung entlehnt ist.

Der Ausführung hingegen ist die Abbil-
dung 2 entnommen, welche den in der
Apostelkirche zu Köln den ersten Pfeiler des
Mittelschiffes auf der Evangelienseite schmücken-
den St. Antouius-Altar zeigt, eine ähn-
liche , aber dem Material wie der Ausführung
nach viel reichere, dazu dem Hintergrund des
Pfeilers angepafste Lösung. Sie wurde er-
schwert durch die bei dem späteren Umbau der
Kirche erfolgte eigenartige Zusammensetzung
des Pfeilers, den die Unregelmäfsigkeit der
Form als Hintergrund nicht empfahl. Trotz-
dem ist er in seiner monumentalen Erscheinung
nicht wesentlich beeinträchtigt, und Sockel wie
Dienste kommen ausreichend zur Geltung.
Auch hier besteht der Altar, der nur an den
Pfeiler anlehnt, aus zwei Haupttheilen, der
Mensa mit dem Retabel, die beide aus Marmor
gebildet sind, und dem auf ihm ruhenden, ganz
aus Holz gefertigten Klappaltärchen. Der auf
schwarzem Marmorsockel stehenden Rückwand
von weifsem Marmor ist in der Mitte aus dem-
selben Material ein Pfeiler vorgebaut, der mit
den drei dunkelrothen Marmorsäulchen auf
vergoldeten Knollenkapitälen die weifse Mar-
morplatte trägt. Unter derselben im Hintergrunde
sind zwei grofse Hinterglasmalereien eingesenkt,
welche das Paschahlamm und das Opfer der
Schaubrode, also zwei Vorbilder des Abend-
mahles darstellen. Die den Rückseiten dicker Glas-
tafeln, bei denen durch mäfsige Wellung und
grüuliche Tonung die Wirkung noch ver-
stärkt wird, in kräftigen warmen Farben auf-
gemalten Szenen leuchten weithin, Dank der
reichen Goldverwendung, und sind ein ebenso
wohlfeiler als dankbarer Dekor, der an feierlichem
Glanz das Email noch übertrifft, nicht nur auf
die Dauer, da es, bei guter technischer Be-
handlung und hinreichender rückseitiger Be-
deckung seine Leuchtkraft nie verliert, sondern
sogar von Anfang an, da diesen Glanz selbst der
Goldschmied nicht hervorzubringen vermag.
 
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