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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Derix, Heinrich: Spätgotisches Glasgemälde in der alten Sakristei des Domes zu Xanten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0193

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Abhandlungen.

Spätgothisches Glasgemälde in der
alten Sakristei des Domes zu Xanten.

Mit Lichtdruck (Tafel VIII).

bgleich aus dem XVI. Jahrh. eine
Menge ausgezeichneter und vor-
bildlicher Glasmalereien, beson-
ders auch im Dom zu Xanten
erhalten sind, so dürfte doch das auf neben-
stehender Lichtdrucktafel abgebildete Fenster
eines der vorzüglichsten aus dieser Zeit sein,
sowohl in Bezug aufFarbengebung wie Technik.
Schon Clemen nennt in seinen „Kunstdenk-
mäler des Kreises Mors" (S. 123) dies Bild eine
„grofse prachtvolle Kreuzigungsdarstellung".
Damals war dasselbe noch nicht restaurirt, und
getrennt von einander ohne Zusammenhang
in zwei zweitheilige Fenster des Hochchores
in Folge sinnloser Restauration im Anfang
vorigen Jahrhunderts, eingesetzt. Erst durch
die Bemühungen des um die Restauration der
alten Glasmalereien im Dom zu Xanten hoch-
verdienten Herrn Pfarrers Hacks wurde es er-
möglicht , in diesem Jahre durch Wiederher-
stellung diese Perle mittelalterlicher Kunst in
verdienter Weise zu würdigen. Zwar zum
gröfseren Theil noch ziemlich gut erhalten,
wurde dieses Glasgemälde noch gerade zur
rechten Zeit aus dem Fenster herausgenommen,
da die Verbleiung nur noch nothdürftig die
alten Glasstücke zusammenhielt und schon ein-
zelne derselben herausgefallen waren. In der
früheren Sakristei des Domes (jetzt wird der
ehemalige Kapitelsaal als solche benutzt), dem
ursprünglichen Bestimmungsort, wurde dieses
Fenster erst vor Kurzem wieder eingesetzt,
und zwar in dem neuen Theil derselben,
der im Jahre 1519—1522 erbaut wurde;1)
1522 setzte der Glaser des Kapitels, Hermann
Leuken, die Fenster der neuen Sakristei in
Stand. Da 1519 Johann Billerbeck bereits die
Steine zu den Fensterpfosten lieferte, so mufs
es sich wohl um eine provisorische Verglasung
gehandelt haben, die inzwischen defekt ge-

^Beissel »Baugeschichte der Kirche des hl.Viktor«
S. 215 ff.

worden. Im Jahre 1533 bekam die Sakristei
drei neue Doppelrahmen für ihre Fenster; da
die alte Sakristei nur zwei Fenster hat, so
mufs ein Rahmen für den neuen einfenstrigen
Theil der Sakristei bestimmt gewesen sein;
1547 erhielten die Fenster ein Flechtwerk aus
Kupferdraht zum Schutz der Glasmalereien.
Folglich wird das Glasgemälde in der Zeit
zwischen 1533 und 1547 entstanden sein. Eine
Jahreszahl ist leider nicht darauf angegeben,
auch liefs sich der Name des im Bilde dar-
gestellten Donators nicht mehr ermitteln. Jeden-
falls stimmt aber obige Zeitangabe mit der
Technik und Zeichnung überein. Anhalts-
punkte über den Verfertiger dieses Glasgemäldes
haben sich leider nicht ergeben.

Die hier abgebildete Darstellung nimmt un-
gefähr 2/3 der ganzen Fläche des Fensters ein.
Nach unten kommt noch eine Reihe Felder in
Rautenverglasung mit gemalter Bordüre, in wel-
cher farbige: rothe, blaue und violette Quadern
mit gemalten Zwischenstücken in Weifs und
Silbergelb abwechseln. Zwei gröfsere Kouron-
nementzwickel sind ebenso behandelt, während
der kleinere obere Zwickel das Monogramm
itjö von Strahlen umgeben zeigt. An diesem
Fenster sind die Zeichnung, besonders aber
Farbenvertheilung und Technik meisterhaft.
Die Figuren zeigen noch die Formen der letzten
Spätgothik, wenngleich hier und dort, so auch
am Kopfputz der Maria Magdalena, der be-
ginnende Uebergang sich bemerkbar macht.
Die seitlichen Pilaster dagegen, die oben Putten
als Träger der Architektur bekrönen, sind
schon ganz in den Formen der Rennaissance
gehalten. Die obere Architektur, welche noch
Anklänge der Gothik aufweist, zeigt eine sehr
merkwürdige Konstruktion, besonders dadurch,
dafs die Ausläufe der Architektur nach unten
im Mitteltheil gleichsam auf dem Kreuzbalken
aufzustehen scheinen. Rechts und links laufen
die Nasen der Bögen in einer Fratze aus.
Die Architektur ist fast ganz weifs, an den
Pilastem hier und dort etwas Silber ange-
bracht. Der Heiland am Kreuz ist meister-
haft gezeichnet und wohl proportionirt. Be-
 
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