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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Bergner, Heinrich: Befestigte Kirchen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0151

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Abhandlungen.

Befestigte Kirchen.

(Mit 17 Abbildungen.)
(Schlufs.)
Um Niederrhein scheinen feste Kir-
chen ganz zu fehlen. Dagegen
treten sie wieder am Mittelrhein,
in Schwaben und in den Reichs-
landen massenhaft auf. Ueber die mittel-
rheinischen geben die Arbeiten von Wörner
hinreichenden Aufschlufs.2C) Interessant ist;
dafs auch hier Keller und Schleifgänge unter
den Kirchhöfen auftreten, und zwar noch im
XVI.Jahrh. wie in Gundersheim, Kr. Worms,
von 1523. Auch in Bai-
ern, in Grofsinze-
moos (B. A. Dachau)
sind unter dem Kirch-
hof in den blosen Sand
spitzbogige Gänge mit
zahlreichen gröfseren
und kleineren Nischen
im Jahre 1523 eingegra-
ben,27) wie sie in Alt-
baiern und Oesterreich
in gröfserer Zahl be-
obachtet wurden.28) In

Schwaben sind die
Neckar- und Maingegen-
den wieder besonders
reich. Ich nenne nur

Waiblingen (Fig. 10) *fe-10. Kirche in Waiblingen

mit einem schartenreichen Eckthiirmchen und
anstofsender Zinnenmauer29) und Derüngen bei
Bronnbach,30) welches noch 1607 von Graf
J. D. von Löwenstein gegen die Würzburger
erfolgreich vertheidigt wurde. Hier ist ein

2li) Wörner und Heckmann, »Mittelalterliche
Ortsbefestigungen« Corrbl. des Ges. V. (1880) 37 ff.
und: »Orts- und Landesbefesligungen des Mittelalters«
(Mainz 188j). Wörner, im »Archiv f. hess. Gesch.«
XIV. 638 und im »Corrbl. des Ges. V.« XXVII. 103.

27) »Oberbairisches Archiv« II. (1896) 320.

2a) F. Kraus, »Höhlenkunde« (Wien 1894) 178 ff.

29) Paulus, »Die Kunst- und Alterthumsdenkmale
im Kr. Württemberg« Atlas I. 72,

3°) F. X. Kraus, »Die Kunstdenkmäler im Grofs-
herzogt. Baden« IV. 99. =? Jer-it-n-jen.

Thorhaus aus romanischer Zeit, ein kleiner
Eckthurm, auf Konsolen in Höhe des Wehr-
thurms ausgekragt von 1515, andre Theile von
1550 erhalten. Auch finden sich hier feste
Kirchthürme mit Zinnenkranz, auf deren plattem
Dach die Blide und noch im XVII. Jahrh. die
Donnerbüchse stand. In Baiern kann ich nur
ein schönes, stolzes Thorhaus bei der Frauen-
kirche in Pittriching (Fig. 11) von ca. 1500
nachweisen, welches vor dem Kegeldach mit
vier Erkern geziert ist.81) Die Spuren der Be-
festigung sind anscheinend verwischt. In Tyrol
und Oesterreich ist die Zahl der festen An-
lagen sehr grofs. Hier
war es die Türken-
gefahr, welche immer
wieder auf Erneuerung
der alten Festungskir-
chen drängte. Als Typus
sei nur die Kirche in
St.Michael beiDürn-
stein von 1523 ge-
nannt, deren Thurm mit
halbrunden Zinnen und
Eckthiirmchen bewehrt
ist, während der ebenfalls
stark befestigte Kirch-
hof nur durch eine Zug-
**■%£ brücke zugänglich ist.

Eine zusammenfassende
Fig. it. Thor in pittriching. Abhandlung über die

österreichische Gruppe wäresehr zu wünschen.32)
Das klassische Land der Burgkirche ist indefs
Siebenbürgen.33) Seit dem Mongoleneinfall 1241
und vor allem in den Türkenkriegen von der
Mitte des XV. Jahrh. an wurden die alten
Kirchen fast ausnahmslos zu Bauernburgen ein-
gerichtet, mit zwei und dreifacher Mauer umge-
ben, mit Thürmen und Basteien bewehrt. Die

31) G. v. Bezold und B. Rieh], »Die Kunst-
denkmäler des Königreiches Bayern« Atlas I. 66.

32) Kleinere Abhandlungen in »Mitth. K. IC. C. C.«
I. 248, II. 211, III. 33 und »Ber. und Abh. des
Wiener A. V.« XIV. 103, XV. 118. »Prüfers Archiv«
IV. 20 s. a. P. Clemen in »Mitt. C. C.« XIX. 19.

3a) E. Sigerus, »Burgen uud Kirchenkastelle im
siebenbürg. Sachsenlande «3. Aufl. (Hermannstadtl900.)


 
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