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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Semper, Hans: Eine venetianische Holztafel mit Beinreliefs im Kensington-Museum, [2]
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0065

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89

1901.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

90

derselben Epoche, welche ebenfalls Gottvater
darstellen, wie z. B. auf der Kreuzblume des
Portalgiebels am Campo S Zaccaria zu Venedig.
Das Brustbild des segnenden Gottvaters kommt
überhaupt im XV. Jahrh. häufig als Giebelbe-
krönung oder Giebelfüllung sowohl in der
florentinischen, wie venetianischen Architektur
und Dekoration vor. — Auch die realistische
Ausbildung der Hände Gottvaters auf unserer
Relieftafel weist auf die erste Hälfte des XV.
Jahrh. hin. —

Um nun das Ergebnifs unserer Untersuchung
zusammenzufassen, so darf weder der rund-
bogige, scheinbar romanisirende Charakter der
Architektur, noch die Unbeholfenheit der bei-
den, nach den Porphyrreliefs von S. Marco
kopiiten Kriegerpaare, noch auch die byzan-

tinischen Vorbildern entlehnte, strenge Behand-
lung des Kaiserpaares darüber täuschen, dafs
wir es hier mit einem Werke venetianischer
Beinschnitzerei vom Anfang des XV. Jahrh.
zu thun haben, worauf sowohl die Behandlung
der Kapitale, wie die der Köpfe und Hände
am Kaiserpaare und der ganze Charakter des
Gottvaterbrustbildes hinweisen.75) Gerade in
Venedig, wo byzantinische Ueberlieferungen so-
lange nachwirkten, lag es nahe, dafs das fabrik-
mäfsige Kunsthandwerk alte Vorbilder wieder-
holte und wieder verwerthete.

Innsbruck. HansSemper.

u) Gegen den Verdacht, dafs die Tafel das Werk
moderner Fälschung sei, spricht eben ganz besonders
der ächte, späigothisch venetianische Stil des Kaiser-
kopfes sowie Gottvaters.

Bücherschau.

Grundrifs der Kirchlichen Kunstalterthü-
mer in Deutschland von den Anfängen
bis zum XVIII. Jahrhundert. Von Dr. Hein-
rich Bergner, Pfarrer in Pfarrkefslar (jetzt in
Nischwilz). Mit 228 Abbildungen, meist nach Feder-
zeichnungen des Verfassers, im Text. Vandenhoeck
& Ruprecht. Göltingen 1900. (Preis 7 Mk)

Der strebsame und gründliche Verfasser, den Le-
sern dieser Zeitschrift aus deren Bücherschau als selbst-
sländiger Schüler des alten Otle bekannt, dessen
archäologischen Katechismus er neu bearbeitet hat,
legt hier einen Ueberblick über die kirchliche Kunst,
entwicklung vor, der manches Neue bietet, indem der-
selbe nicht nur die früher vernachlässigte Renaissance
miteinschliefst, sondern auch den Ausstatlungskürsten
hinsichtlich ihrer Sphäre eine gröfsere Beachtung
schenkt, die Technik, wie die einzelnen Gegenstände
in systematischer Anordnung behandelnd, endlich den
Bilderkreis und die Epigraphik in knnpper, aber ab-
gerundeter Form erklärend. So gelingt es ihm, auf
HliH, vielfach illustrirten Seiten ein sehr übersichtliches,
in gewissem Sinne vollständiges Bild zu geben von
dem Entwicklungsgange der kirchlichen Kunst, der
Architektur, welche mehr als die Hälfte beansprucht,
und ihrer Schmuckkünste. Die Abbildungen, die
manches noch nicht Veröffentlichte zeigen, beruhen
zumeist auf von dem Verfasser selbst geschickt ent-
worfenen Federzeichnungen, die trotz ihrer vielfachen
Kleinheit für die Erläuterungszwecke durchweg ge-
nügen und an den zutreffenden Stellen eingereiht,
recht instruktiv wirken. Die Beziehung des Verfassers
zu den Objekten, die auf Beobachtung und Studium
beruhende Kenntnifs auch ihrer Einzelheiten tritt deut-
lich in die Erscheinung, auch sein Streben nach Ob-
jektivität ist unverkennbar; wenn sie an vereinzelten
Stellen, zumal bezüglich liturgischer Verhältnisse,
minder richtige Angaben, wie sie dem Verfasser von

mehreren katholischen Referenten vorgehalten sind,
nicht ganz verhütet hat, so darf von der II. Auflage,
die das Buch vollauf verdient, die Revision dieser
Stellen mit Sicherheit angenommen werden.

Schnütgen.

Katechismus der Archäologie. Uebersicht
über die Entwickelung der Kunst bei den Völkern
des Alterthums von Dr. Ernst Kroker. Zweite,
durchgesehene Auflage. Mit 3 Tafeln und 188 in
den Text gedruckten Abbildungen. J. J. Weber,
Leipzig 1900. (Preis geb. 3 Mk.)
Der Ueberblick, der hier über die Kunst im Alter-
thum, über die ägyptische, mesopotamische, vorder-
asiatische Kunst, über die älteste griechische und
namentlich über die griechisch-römische Baukunst
Plastik und Malerei auf 192 Seiten geboten wird, ist
knapp, aber klar und anschaulich. In den 30 Para-
graphen, in welche er zerfällt, erscheinen die wesent.
liehen Angaben gröfser gedruckt, die weiteren Notizen
in kleineren Typen. Durch diese Anordnung, wie
durch die den Text illustrirenden kleinen aber scharfen
Illustrationen wird das Studium, durch die angehängten
Verzeichnisse die Orientirung sehr erleichtert. b.

Storia dell' Arte italiana in 6 volumi, ricca-
mente illustrata di Adolfo Venturi; Vol. I.
Dai primordi dell' Arte christiana al tempo
di Giustiniano, con 4(52 incisioni in fototipo-
grafia. Ulrico Hoepli, Milano 1901. (Preis L. 16.)
Dafs Venturi, der unter den gegenwärtigen Kunst-
historikern Italiens hinsichtlich der Fruchtbarkeit und
der Universalität die erste Stelle behauptet, zur Heraus-
gabe eines sechsbändigen Werkes über die
Kunstgeschichte Italiens sich entschlossen hat,
ist auf das Wärmste zu begrüfsen. Was von dem-
selben zu erwarten ist, beweist der vor Kurzem er-
 
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