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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Schubring, Paul: Die primitiven Italiener im Louvre
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0245

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381

1901.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

382

Ich benutze die Gelegenheit, um hier noch
ein kleines Trecentobild zu publiziren, das
kürzlich auf der Auktion Cernasai in Udine
von Bode für Strafsburg erworben wurde. Die
kleine Predella ist ein Unikum, denn sie ist
das einzige bis jetzt bekannte Tafelbild der
Schule Altichieros. Es stellt die Geburt Ma-
rias dar: Die oberitalienische Herkunft wird
nicht nur durch die Provenienz, sondern noch
mehr durch den stilistischen Charakter ge-
sichert. Es ist die echt malerische Raum-
anschauung Altichieros, die in dieser Wochen-
stube ähnlich wie im Schlafzimmer des Königs
Ramiro in der Felicekapelle zu Padua zum

Ausdruck kommt.16) Die feinen gothischen
Muscheln und Dreipässe am Betthimmel der
hl. Anna kommen häufig in den Paduaner
Fresken vor; ebenso die Architektur mit dem
Balkon rechts oben. Vor allem aber ist der
Kanephore in der schmalen Thür ein echter
Strafsenbube, wie ihn Altichiero oft und schel-
misch anbringt. Die Veroneser sind die Väter
des.. italienischen Genres und die frühesten
Humoristen unter den Malern.

Charlottenburg. Paul Schubriiig.

16) Schubring »Altichiero« S. 24 f.; dort auch
die Abbildung.

Bücherschau.

Der Psalter Erzbischof Egberts von Trier,
Codex Gertrudianus in Cividale. Historisch-kritische
Untersuchung von H. V. Sauerland. Kunstge-
schichtliche Untersuchung von A. Haseloff. 214 S.
mit 108 Abbildungen auf 62 Lichtdrucktafeln in
gr. 4°. Trier. Selbstverlag der Gesellschaft für
nützliche Forschungen 1901. Preis: Mk. 75.—.
Aus der in dieser Zeitschrift XIII (1900) Sp. 65 f.
bei Besprechung des Evangelienbuches Heinrichs III.
zu Upsala zusammengestellten Gruppe deutscher illu-
strirter Handschriften des X. und XI. Jahrh. hat Swar-
zenski in seinem XIV (1901) Sp. 158 angezeigten
Buche, die zu Regensburg ausgemalten Prachthand-
schriften, besonders den herrlichen Codex der Uota
eingehend gewürdigt. Die Gesellschaft für nützliche
Forschungen zu Trier hat dann zur Feier ihres hundert-
jährigen Bestehens am 10. April 1901 eine eingehende
Behandlung des Psal ters Egberts veröffentlicht,
wodurch über andere wichtige Glieder jener Gruppe
neues Licht verbreitet wird. Sauerlands scharfsinnige
Untersuchungen im ersten Theile der Festschrift jener
Gesellschaft thun dar, dafs Erzbischof Egbert (977
bis 993) den Psalter durch einen Mönch Ruodpreht
(nicht durch den Chorbischof Ruotbert) für seinen
Dom schreiben, mit vier Widmungsbildern und vier-
zehn Bildern hl. Vorgänger auf dem Stuhle seines
Bisthums auszieren liefs. Etwa ein Jahrhundert später
finden wir den Psalter im Besitz der polnischen Prin-
zessin Gertrud, der Enkelin des lothringischen Pfalz,
grafen Ezzo, der Gemahlin des russischen Grofsfürsten
Isjaslaw, der Mutter des Fürsten Petrus Jaropolk II.
(t 1087). Sie liefs dem Psalter fünf russische Minia-
turen, einen Kalender (Vgl. S. 198) und viele Ge-
bete anfügen, worin sie meistens um das Heil ihres
Sohnes fleht. Um das Jahr 1140 war der Kodex
über Polen nach Zwiefalten gekommen, wo man
in den Kalender die Todestage hervorragender Wohl-
thäter dieser Abtei eintrug. An zwanzig Jahre später
schenkte der Abt ihn der Familie der Grafen von
Andechs, von denen die hl. Elisabeth von Thüringen
ihn erbte. Letztere schenkte ihn ihrem Oheim Bert-

hold, Patriarch von Aquileja, durch den die Hand-
schrift in dessen Residenz Cividale gelangte, wo sie
seitdem ruht.

An die mühsamen, durch schöne Ergebnisse ge-
krönten Untersuchungen Sauerlands reihen sich die
nicht minder werthvollen Haseloffs an. Auf Grund
ausgebreiteter, auf zahlreiche selbst aufgenommene
Photographien gestutzter Kenntnifs fast aller verwandten
Handschriften, weist er zuerst nach, dafs Ruodpreht,
der Urheber des Psalters Egberts auch das Evange -
listar der Abtei Poussay in der Pariser Nationalbiblio-
thek verfertigte, dann dafs beide Werke Ruodprehts
mit einer Reihe wichtiger Handschriften des X. Jahrh.
verwandt sind, besonders mit den Sakramentaren von
St. Blasien, Reichenau (in Florenz), Petershausen (aus
Reichenau in Heidelberg), Worms (in Paris) und
Hornbach (in Solothurn), dann mit einem Lektionar
des Britischen Museums und dem Evangelienbuche
des Erzbischofs Gero von Köln (in Darmstadt). Alle
diese Bücher entwickeln in ihren Initialen und Bildern
die Keime, welche in dem Karolingischen, zu Trier
ruhenden Evangelienbuche der Ada und den ihm
verwandten Handschriften liegen, sie stützen sich
sowohl auf abendländische Vorlagen altchristlicher
Zeit als auf morgenländische. Da nun einerseits die
früher als der Egbertspsalter in der Reichenau ent-
standenen Handschriften ihm so sehr gleichen, ander-
seits viel später als er vollendete, ihm ebenfalls verr
wandte Handschriften, besonders das Evangelienbuch
Egberts und die sogenannte Vögesche Gruppe (vgl.
diese Zeitschrift a. a. O. Sp. 82 f.) aus der Reichenau
stammen, schliefst Haseloff, auch der Psalter Egberts
sei in der Reichenau geschrieben und ausgemalt
worden. Eine Bekräftigung dieser Ansicht findet er
in dessen Litanei. Entgeht so der Trierer Diöcese
der Ruhm, jenen Psalter hergestellt zu haben, so weist
Haseloff ihr das Verdienst zu, uns mit einer Gruppe
anderer Handschriften des X. Jahrh. beschenkt zu
haben, mit dem Registrum Gregorii aus dem Dome
zu Trier, den Sakramentaren aus Lorsch (in Chantilly)
und aus Trier-Metz (in Paris) und mit dem Evange.
 
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