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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Hager, Georg: Zur Geschichte der abendländischen Klosteranlage, [3]
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Braun, Joseph: Zur Symbolik der liturgischen Farben
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0125

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185

1901.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

es, durch das Cluny in erster Linie auf die
bauliche Gestaltung der zahlreichen Clunia-
censerklöster wirkte. Die Einwirkung auf die
Formen der Bauten steht in zweiter Linie, sie
ist von ganz anderen Umständen abhängig als
die Uebersendung des Schemas. Die Vermitt-
lung kann hier wesentlich nur durch bauver-
ständige Mönche geschehen, die von Cluny in
die andern Klöster oder umgekehrt geschickt
wurden. Es ist klar, dafs ein solcher Aus-
tausch nur bei einer beschränkten Zahl von
Klöstern möglich war. Mit der Entfernung
von Cluny wuchs natürlich auch der Einflufs,
den die lokale Entwicklung der Architektur
auf die Ausführung der Klosterbauten nahm.
Es war eben einheimisches Material und es
waren einheimische Kräfte, mit denen die Bau-
ten errichtet wurden. Wenn trotzdem bisweilen
in weit entfernten, abgelegenen Klöstern plötz-
lich Baumotive auftauchen, die wir nur in Bur-
gund zu finden gewohnt sind, so erhalten wir
hiermit den Beweis, dafs durch einen bauver-
ständigen Mönch ein engerer Anschlufs ver-
mittelt wird, als nach Mafsgabe der lokalen
Verhältnisse der Baukunst erwartet werden
kann. In dem Hirsauer Kloster Kastei in der
Oberpfalz zeigt sich z. B. in der romanischen
Kirche in dem von Kreuzgewölben begleiteten
Tonnengewölbe eine Aufnahme des burgun-
dischen Wölbungssystems.49) Hier äufsert sich
der Einflufs Clunys also nicht nur im Plan-

schema, sondern auch in der Technik. Auf
die künstlerischen Detailformen ist die Ein-
wirkung des Mutterklosters natürlich am be-
schränktesten. Hier kommt die Baukunst der
betreffenden Gegend am ehesten zum Wort.
Trotzdem begegnen wir auch auf diesem Ge-
biete manchmal überraschenden Erscheinungen.
Ich erinnere an das „Würfelkapitäl mit den
Nasen", das, wie ich nachgewiesen habe, von
Hirsau aus weiteste Verbreitung in den Re-
formklöstern und bald auch darüber hinaus
findet.

Das Planschema gewährt für die Ausar-
beitung des Grundrisses natürlich einen mehr
oder minder grofsen Spielraum. Am freiesten
liefs man sich wohl bei der Klosterkirche,
dem Münster, gehen, wofern nur die Haupt-
bestandteile, wie das Querhaus, die Neben-
chöre, die Vorhalle festgehalten wurden. Enger
gestaltete sich wohl in den meisten Fällen der
Anschlufs an das Planschema bei der Dispo-
sition der klösterlichen Gebäude, weil diese
durch die Ordensregel erfordert wurde. Mafs-
verhältnisse und Aufbau waren natürlich auch
hier verschieden. Wie sehr der einmal ge-
schaffene Typus einwirkte, möchte ich an einem
Beispiele zeigen, an der Marienkapelle.

(Schlufs folgt.)

München. Gg. Hager.

49) B.Riehl, »Denkmale frühmittelalterlicher Bau-
kunst in Bayern etc.* (1888) S. 128 ff.

Zur Symbolik der

er die Geschichte der liturgischen Ge-
wänder kennt, weifs, dafs diesel-
ben sich aus der Tracht des Alltags-
lebens entwickelt haben, und dafs
sie weder in der Kultkleidung der Synagoge
wurzeln, noch irgend welchen mystischen Spe-
kulationen und Deutungen ihre Einführung
verdanken.

Allerdings soll nicht geleugnet werden, dafs
mit der liturgischen Gewandung sich mystische
Deutungen verknüpfen lassen. Es entspricht
vielmehr ganz dem Geist und der Gepflogenheit
der Kirche, sie moralisch auf den Priester und
die priesterlichen Tugenden oder dogmatisch
auf Christus, dessen Stellvertreter der opfernde
Priester ist, zu deuten. In dieser Weise hat
man schon wenigstens seit dem IX. Jahrh. mit
der liturgischen Kleidung eine im Ganzen

liturgischen Farben.

ebenso herrliche, wie tiefe und erbauende Sym-
bolik verbunden.

Indessen folgt hieraus keineswegs, dafs
solche mystischen Erwägungen der liturgischen
Gewandung des N. Bundes den Ursprung ge-
geben. Bei dem einen oder andern Gewände
mögen sie darauf einigen Einflufs gehabt, auch
mag die Ausgestaltung einzelner Gewandstücke
unter dem Zeichen der Symbolik gestanden
haben. Im Grofsen und Ganzen aber haben
nicht die mystischen Spekulationen die christliche
Kultkleidung geschaffen, sondern sich an eine
bereits vorhandene liturgische Tracht ange-
schlossen.

Anders wie mit unserer Sakralgewandung
verhält es sich mit der liturgischen Farbenregel.
Freilich verdankt auch sie nicht, sei es unmittel-
bar, sei es wenigstens mittelbar den Vorschriften
 
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