Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

DOI Artikel:
Bergner, Heinrich: Befestigte Kirchen, [1]
DOI Artikel:
Bücherschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0146

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
221

1901. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

222

standen mit der ehemaligen romanischen Kirche
drei freie Thürme in Verbindung, wovon der
nordwestliche auf dem Kirchhof zwei vermauerte
weite Pforten hatte.21) Im nördlichen Deutsch-
land scheint der Typus im allgemeinen seltner
zu sein. Otte nennt Marienhave in Ost-
friesland, Ankum, O. A. Bersenbruck, Giers-
dorf im Kreise Brieg. Ich kann folgende hinzu-
fügen: In Mackenrode, Grafschaft Höllen-
stein, stand der mit Mauern, Thürmen und
Gräben befestigte Ganerbiathof auf dem Kirch-
hofe und wurde 1790 abgebrochen und zum
Kirchbau mitverwendet.22) In Teutenwinkel
steht vor der Kirche ein mächtiges, gezinntes
Spitzbogenthor mit zwei seitlichen Schiefs-
scharten aus dem XIV. Jahrh., eine kleinere
Pforte daneben ist später eingebrochen, die
Ringmauer scheint ganz abgetragen zu sein.28)
In Cammin (Fig. 9) ist eine Wehrmauer mit
Zinnenkranz und zwei rundbogigen Thoren vor
die Kirche gelegt, aus Backstein mit vier gla-
sirten Kacheln und geputztem Querstreifen,
wohl noch aus dem XIII. Jahrh.24) In Horka

21) ebenda VII. 45.

22) Schmidt »Bau- und Kunstdenkmäler der
Prov. Sachsen« XII. 114.

23) Schlie »Bau- und Kunstdenkmäler des Grofs-
herzogl. Mecklenburg-Schwerin« I. 329.

24) ebenda I. 44H.

H.ß. '}<>,

Fig. 9. Thor in Cammin.

in der schlesischen

Oberlausitz umgiebt
den Kirchhof eine ge-
waltige, ungegliederte
Mauer, welche zur Zeit

der Hussitenkriege
noch erhöht worden
sein soll und mit 72
Zinnen nach Zahl der HS,,
wehrfähigen Bauern ge-
krönt ist. Innen läuft
ein Wehrgang auf Holz-
balken.

Ein verwandter Typus, bei welchem nur die
Mauer fehlt, findet sich in den Nordsee-
ländern.25) In Ostfriesland und Schleswig be-
gegnen Kirchen, die vor Einführung der Back-
steintechnik, also noch im XII. Jahrh. ent-
standen sein müssen. In der Marsch stehen
die massigen Bauten aus Sandsteinquadern oder
riesigen Feldsteinen auf einer künstlichen An-
höhe, Wurth, von einem Wassergraben (Graft)
umgeben, im Westen, bisweilen getrennt von
der Kirche, ein fester Thurm, der den freien
Friesen in ihren zahlreichen Kämpfen mit den
Grafen und den Bremensern als Zuflucht diente.

„. . . ,, . (Schlufs folgt.)

Nischwitz, S.-A. v s '

__________ H e i n r. B e r g n e r.

25) Otte »Gesch. der rom. Baukunst« 614.

Bücherschau.

Eichstätts Kunst. Zum Goldenen Priester-
jubiläum, S. B. Gnaden des H. H. Bisehofs
Dr. Franz Leopold Freiherrn von Leon-
rod, geschildert von F. X. Herb, F. Mader,
S. Mutzl, J. Schlecht, F. X. Thurnhofer.
Mit Titelblatt von Fr. Geiges, Zeichnungen von J.
Kiener, 147 Abbildungen im Texte, sowie 25 Tafeln
und einem Farbendruck. München 1901. Verlag
der Gesellschaft für christliche Kunst. (Pr. 12 Mk.)
Dem kunstsinnigen Bischöfe, der seine Domkirche
mit so viel Geschick wie Eifer hergestellt und aus-
gestattet, seiner Hauskapelle besondere Sorge zuge-
wandt, das Diözesanmuseum gegründet, die Kunst-
studien in jeder Weise gefördert hat, konnte zu seinem
Jubelfeste kaum eine passendere Gabe gewidmet
werden, als ein die Kunstschätze seiner Bischofsstadt be.
schreibendes Prachtwerk. Fünf kunstverständige Priester
haben zur Abfassung desselben zusammengewirkt, und
der begeisterten Pietät, welche überall die Feder ge-
führt hat, entspricht die Sachkenntnis, die das viel-
gestaltige, bis dahin aus der Verborgenheit nur spär-
lich herangezogene Material in wissenschaftlicher
Form zusammenstellt und würdigt an der Hand

durchweg guter Abbildungen, die als eine erhebliche
Bereicherung des Bilderschatzes bezeichnet werden
dürfen. — Eichstält hat den ungewöhnlichen Vorzug,
dafs in seinen Mauern die verschiedensten Zweige
der Kunst, nicht nur Architektur, Malerei und Plastik,
sondern das Goldschmiedegewerk und die Weberei
nebst Stickerei von der romanischen Periode bis tief
in die Renaissance durch hervorragende Erzeugnisse
vertreten sind, und wenn über ihre Erhaltung ein
glücklicher Stern geleuchtet hat, dann hat über
ihre Herstellung und Neuausstattung nicht minder
glücklich die Hand gewaltet, der die Einheitlich-
keit der gegenwärtigen Erscheinung grofsentheils zu
danken ist. — Als eine Art, wenigstens als ein
Stück Kunstgeschichte präsentirt sich daher, zumal
in ihrer opulenten künstlerischen Erscheinung die
vorliegende Weihegabe, die namentlich den zahlreichen
auswärtigen Priestern, welche im Seminar gastliche
Aufnahme, wissenschaftliche Ausbildung, auch erste
Anregung zum Kunststudium gefunden, im Dom die
hl. Weihen erhalten haben, ein kostbares Andenken
sein wird an die dort verbrachten Jahre, denn an die
meisten Denkmäler werden sie durch die Abbildungen
 
Annotationen