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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Schnütgen, Alexander: Die Vermählung der hl. Katharina mit dem Jesukinde von Correggio
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0034

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Abhandlungen.

Die Vermählung der hl. Katharina
mit dem Jesukinde von Correggio.

Mit Lichtdruck (Tafel II).

ehrere Male hat Antonio
Allegri, geboren zu Cor-
reggio 1494, gestorben
1534 ebendort, die hier
dargestellte Legende ge-
malt, als ob ihre Intimität
und Innigkeit seiner Em-
pfindung besonders nahe gelegen hätte, seinem
Pinsel besonders sympathisch gewesen wäre.
Das hier nach einer Photographie von Braun
u. Co. abgebildete Gemälde, dessen Abmessun-
gen circa 27 zu 22 cm betragen, ist vor beiläufig
40 Jahren im Leihhause zu Rom von dem
Marchese Patrizi erworben worden, aus dessen
Besitz es vor etwa 12 Jahren zuerst in den
deutschen, dann in den amerikanischen Kunst-
handel gelangte. — Dasselbe stimmt ganz genau
überein mit dem Exemplar in der Sammlung Fa-
brici (früher zu Modena, jetzt) in Rom, welches
ebenfalls für ein Original gehalten wird, wie mit
dem im Museum zu Neapel, welches, minder fein
ausgeführt, als eine Kopie (vielleicht von Car-
racci)gilt. Die nämliche Szene, aber in breiterer,
auch um die Figur des hl. Sebastianus ver-
mehrter Komposition ist auf einem wunderlieb-
lichen, wenngleich etwas weltlich gehaltenem
Bilde im Louvre dargestellt, welches grössere
Dimensionen und feinere, d. h. minder breite
und körnige Ausführung zeigt, dazu einen Gold-
ton, der fast noch feierlicher wirkt, als die unser
Bild auszeichnende Farbengluth. Diese verleiht
unserem andachtsvollen Grüppchen eine unge-
meine Wärme, indem die Innigkeit des Aus-
drucks durch die leuchtenden Töne, namentlich
durch das rothe Kleid der Gottesmutter und
das Orange-Gewand der hl. Katharina noch ge-
hoben wird. Die Hingebung, mit der das Kind
zur holdselig lächelnden Mutter aufschaut, wäh-
rend es der verklärten Jungfrau den Ring an
den Finger steckt, kann kaum vollendeter aus-
gedrückt werden, und der abgerundeten Form,
in der diese mit ihren bauschigen Gewän-
dern erscheinen, entspricht die lebendige und

doch mafsvolle Aktion, wie sie namentlich
in den ausgebreiteten und zusammenkommen-
den Händen sich entfaltet. Der Vereinigung
der drei Hände von Mutter, Jungfrau und Kind,
die auf dem Louvre-Gemälde den anmuths-
vollen Mittelpunkt bildet, steht hier die minder
kompakte, aber nicht minder geschickte Grup-
pirung der sechs Hände gegenüber, die trotz-
dem nicht unruhig wirken. Naiver, so zu sagen
menschlicher ist die Sprache des Louvre-Bildes
mit der tastenden Berührung des Ringfingers,
auf den sich die ganze Aufmerksamkeit kon-
zentrirt, nicht nur der beglückten Jungfrau und
des nachdenklich spähenden Kindes, welches
mit der herunterhängenden Hand den Ring
hält, sondern auch der gespannt zuschauenden
Mutter und selbst des seitlich stehenden, bei-
fällig lächelnden St. Sebastianus. Andachts-
voller, übernatürlicher ist die Auffassung unseres
Bildchens, auf dem es dem göttlichen Kinde
vornehmlich am Herzen liegt, zu dem in-
timen Akte den Beifall seiner Mutter zu ge-
winnen, zu der es zutraulich bittend seine
Augen erhebt. Wie breit der malerische Zug,
wie fest die Pinselführung, wie körnig der Auf-
trag nicht nur in den stofflichen Parthien, son-
dern selbst in den Karnaten ist, läfst auch der
Lichtdruck erkennen, und diese Eigenfhümlich-
keit, welche sich vielleicht aus der schon frühe
beginnenden Freskenmalerei des Meisters ent-
wickelt hat, ist gerade an den kleinen Tafel-
gemälden auffällig, die bis dahin mit zarterem
Pinsel ausgeführt zu werden pflegten, zumal,
wenn es sich um so intime Darstellungen han-
delte. Dafs der Meister auch an diese mit sei-
ner breiten, pastosen Pinselführung herantreten
durfte, ohne irgendwie die Zartheit zu beein-
trächtigen, ist der beste Beweis für die Höhe,
auf welche er das Kolorit gehoben hat, in dieser
Hinsicht unmittelbar an Tizian heranreichend,
während die Innigkeit und Lieblichkeit des Aus-
drucks ihn an Raphaels Seite rückt, den er
durch Lebendigkeit noch übertrifft. — Dieselbe
Technik, wie das vorliegende Bild zeigen die
beiden herrlichen, schon etwas manierirten Ma-
donnen in der Nationalgallerie zu London und
im Prado-Museum zu Madrid. Schnütgen.
 
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