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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Schnütgen, Alexander: Altniederländisches Gemälde mit Szenen aus dem Leben des hl. Augustinus
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0113

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Abhandlungen.

Altniederländisches Gemälde

mit Szenen aus dem Leben des

hl. Augustinus.

Mit Lichtdruck (Tafel V).

em hier beigegebenen scharfen
Lichtdruck liegt eine ganz neue
Aufnahme Braun's in Dornach
von dem Gemälde zu Grunde,
welches vor nahezu Jahresfrist
aus Pariser Privatbesitz in
eine Kölner Sammlung gelangte. Dasselbe ist
1,48 m breit, 1,32 m hoch und aus Eichen-
brettern zusammengefügt, welche oben, unten
und in der Mitte durch Holznägel derart auf
den Querleisten und dadurch aneinander be-
festigt sind, dafs die Spuren derselben unter
der Farbe überall bemerkbar, eine seltsame
und seltene Art der Zusammensetzung, wie sie
auch an dem herrlichen Bilde des Hugo van der
Goes begegnet, welches vor Kurzem aus dem
alten Klostermuseum von Maria Novella in die
Uffizien zu Florenz gelangt ist. Die auffallende
Dreitheilung des Bildes, welche durch zwei
schlanke Säulen bewerkstelligt ist, den Ab-
grenzungslinien für den Chor, in dem die be-
deutungsvollste Mittelszene sich vollzieht, weist
den Gedanken zurück, als ob dasselbe Flügel
gehabt habe. Es bleibt daher auch zweifelhaft,
ob es als Altaraufsatz gedient habe. Vielleicht
war es als Devotionsbild bestimmt für ein
Augustinerkloster, denn die fünf Szenen, die
es darstellt, sind dem Leben, und zwar dem
Priesterleben des hl. Bischofs und Kirchen-
vaters Augustinus entnommen, so dafs die Erleb-
nisse seiner Jugend, (aber auch verschiedene Er-
eignisse seines Alters), die in anderen cykli-
schen Darstellungen seines Lebens mit beson-
derer Vorliebe behandelt sind, hier ganz fehlen,
während die hier gewählten merkwürdigerweise
nicht vertreten sind in den berühmten 17 Wand-
gemälden von Benozzo Gozzoli, dem bedeuten-
sten Schüler Fiesole's, welche in S. Agostino zu
S. Gimignano das Leben des Heiligen vorführen.
Zwei der auf unserem Bilde gewählten Darstellun-
gen sind in den beiden schmäleren Nebenfeldern
untergebracht, die nur scheinbar den Eindruck

von Seitenschiffen machen. Ihre dem Mittel-
feld gegenüber geringere Breite empfahl die
Uebereinanderordnung von zwei Szenen, von
denen die obere, schon der besseren Gruppi-
rung wegen, aber auch aus perspektivischen
Rücksichten in kleineren Dimensionen gehalten
sein mufsten. Die obere Szene im linken Felde,
in das Innere eines Rundbaues mit Kuppelbe-
krönung versetzt, stellt die Priesterweihe des
hl, Augustinus dar, dem sein Bischof Valerius
in Hippo die Hände salbt unter der Assistenz
von zwei Klerikern. Darunter erscheint der
hl. Augustinus als Prediger, zu dessen Füfsen
auch sein Bischof sitzt, der, griechischen Ur-
sprungs und der lateinischen Sprache minder
kundig, dem Heiligen die Predigt zu übertragen
pflegte. Diese mag vornehmlich gegen die
drei grofsen Häresieen gerichtet gewesen sein,
als deren Vertreter vielleicht die drei Männer
im Hintergrunde gedeutet werden dürfen. —
Die Hauptaufmerksamkeit nimmt die Mittel-
szene in Anspruch mit der Bischofsweihe bezw.
Inthronisation. Zwei Bischöfe, ohne Zweifel
Valerius von Hippo und Aurelius von Kar-
thago, halten mit beiden Händen die Mitra
über dem vor dem Altare sitzenden Neo-
consecratus, den ringsum Zeugen und Offi-
zianten des feierlichen Aktes umstehen. Dieser
vollzieht sich vor einem glänzenden Flügel-
schrein, über dem, vor dem Mittelfenster, ein
Klappaltärchen paradirt, von je zwei vornehm-
lich in Silber gemalten Fenstern flankirt. —
Das rechte Feld zeigt den Heiligen unten als
Lehrer innerhalb einer aufmerksamen, wohl aus
Pelagianern, nicht aus Donatisten, bei denen Bi-
schöfe nicht fehlen würden, bestehenden Korona
unter einem Dach, darüber die bekannte, hier
in eine Wasserlandschaft verlegte Legende, wie
ein am Meere spielendes Knäblein dem grü-
belnden Heiligen einen bedeutungsvollen Wink
ertheilt, dessen Zeugen fünf Ordensgenossen des
Heiligen sind. Sie erscheinen in der Ferne auf
einer Landzunge und im Hintergrunde markiren
Thürme die Küstenstadt Hippo.

Beansprucht das Bild schon eine besondere
Bedeutung durch den Reichthum an Szenen und
durch den Reiz, mit dem sie gruppirt sind,
 
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