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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0246

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UCHE KUNST

Nr. 12;

liarium der Sainte Chapelle (in ParisX Nahe kommen
dieser Trierer Gruppe die in Echternach entstandenen
Prachthandschriften. Leider fehlt noch eine ein-
gehende Untersuchung der während des X. und XI.
Jahrh. in St. Gallen ausgemalten Bücher, die vielleicht
zu anderen Schlüssen geführt hätte und um so wich-
tiger wäre, weil mehrere den Reichenauer Erzeug-
nissen sehr nahestehende, mit Miniaturen versehene
Codices von dort stammen (vergl. a. a. O. Sp. 79).

Die Gesellschaft für nützliche Forschungen zu
Trier hat sich in ihrer werthvollen Festschrift durch
die beiden mit Herstellung des Textes betrauten Ge-
lehrten, die Mühewaltung ihres zweiten Sekretärs Max
Keuffer und durch freigebige Bereitstellung bedeuten-
der Geldmittel ein glänzendes Denkmal gesetzt und
die Kunstgeschichte mit einem Werk beschenkt, das
bleibenden Werth hat. Steph. Beifsel.

Alt christliche Ehedenkmäler von Otto
Pelka. X. und 1G8 S., 4 Tafeln. (Zur Kunst-
geschichte des Auslandes V.) Strafsburg, Heitz
und Mündel 1901.
Der gröfsere erste Theil des Buches beschäftigt
sich mit den Inschriften und stellt mit grofsem Fleifse
zusammen, was wir aus ihnen über die christliche
Ehe in den ersten Jahrhunderten erfahren, der zweite
Theil behandelt die frühchristlichen Kunstdenkmäler,
die Bilder von Ehepaaren enthalten. Unter den ab-
gebildeten Stücken sind zwei Inedita, zwei Silber-
siegel aus Spalato, und sehr nützlich für die Forschung
ist es, dafs auf Tafel 2—4 fast alle Seiten des Silber-
kastens der Proiecta im British Museum, der bisher
nur sehr unzulänglich publizirt war, in guten Licht-
drucken vorgelegt werden. Sie lassen selbst den Ge-
wandschmuck der Figuren deutlich erkennen und aus
ihm ist zu entnehmen, dafs mehrere Personen, die
der Verfasser für weiblich gehalten hat, männlich sind.
Als die ersten in der Reihe der Bildwerke werden
diejenigen besprochen, in denen die Eheschliefsung
dargestellt ist. Sie geschah nach römischem Brauch
durch die dextrarum iunctio und da die christ-
lichen Künstler für die Gruppe des die Hände ver-
bindenden Brautpaares heidnische Vorbilder benutzten,
haben sie aus diesen mehrfach auch die Gestalt der
Juno Pronuba herübergenommen und in einem Fall
den Altar, der heidnischer Sitte gemäfs den Neu-
vermählten zur Darbringung eines Opfers diente. Auf
einer Goldmünze jedoch, die gelegentlich der Ver-
mählung des Markian mit der Prinzessin Pulcheria
450 geprägt ward, ist Juno Pronuba durch Christus
ersetzt und ebenso ist es auf dem noch jüngeren Me-
daillon eines Halsbandes. Ein Sarkophagfragment
hat statt des heidnischen Altars einen christlichen mit
dem Evangelienbuche, und oberhalb des Altars er-
scheint hier Christus, je einen Kranz über die Köpfe
des Brautpaares haltend. Die gleiche Figur ist auf
einigen Goldgläsern, die als Hochzeitsgeschenke ver-
wandt worden sind, zwischen den Brustbildern der
Neuvermählten angebracht, wo ein anderes Goldglas
einen die Hände ausbreitenden Amor zeigt. Man mufs
damit auch ein bisher in diesem Zusammenhang nicht
beachtetes Elfenbeindiptychon (Molinier, Hist oire
gönerale des arts appliques ä l'industrie,

Les Ivoires p. 44) vergleichen, das einen Amor
mit zwei Kränzen zwischen den Köpfen eines in
mythologischem Kostüm porträtirten Paares bietet.
Solche Bildwerke haben offenbar die Schöpfung jener
Christusfigur angeregt. Eine kirchliche Trauung will
der Verfasser nach Mitius' Vorgang in dem bekannten
Fresko der Priscilla-Katakombe sehen, das man früher
als Einkleidung einer gottgeweihten Jungfrau zu deuten
pflegte. Die neue Deutung will mir trotz der Gründe,
die der Verfasser den von Mitius vorgebrachten zu-
fügt, nicht einleuchten. An dem erwähnten Silber-
kasten der Proiecta sind nur Hochzeitsszenen, wie
sie auch im Heidenthum üblich waren, zur Darstel-
lung gekommen, die Schmückung der Braut, wofür
als Parallele die Toilette der Venus daneben gesetzt
ist, und die Einführung der jungen Frau ins Haus
des Gatten. Wenn nicht die Inschrift wäre SECVNDE
ET PROIECTA VTV AT IS U CHRIsto, würde
man nicht wissen, dafs dies Geräth für eine Christin
bestimmt gewesen ist. Sehr viele der weiterhin vom
Verfasser aufgeführten Ehepaarporträts werden eben-
falls nur durch Inschriften oder Nebendarstellungen der
betreffenden Denkmäler als christlich erkannt, bis-
weilen allerdings erscheinen die Porträtirten in spe-
zifisch christlichen Posen, z. B. als Oranten, oder sie
sind vereint mit Symbolen und heiligen Figuren. Den
Werken der letzten Gattung ist noch der jüngst von
Venturi (Storia dell'arte italiana I, p. 212)
publizirte Sarkophag des Museo Nazionale in Ra-
venna anzureihen. In der Einzelerklärung scheint mir
der Verfasser hier und da geirrt zu haben; sehr
richtig und gut ist die aus dem von ihm bearbeiteten
Material geschöpfte Schlufsbemerkung, dafs der Ge-
dankeninhalt der Inschriften stets ausgesprochen christ-
liches Gepräge hat, dafs dagegen die Kunst lange
von der heidnischen Tradition abhängig geblieben ist.

H. Gr a e ven.

Höhenluft. Ausgewählte Gedichte von Leo van
Heemstede. Cordier, Heiligenstadt 1902. (Preis
geb. 5 Mk.)
Dafs dem Herausgeber der »Dichterstimmen« er-
hebende Ideen in reichster Fülle wie in reizvollster
Mannigfaltigkeit zur Verfügung stehen und schein-
bar ohne Mühe zu Gedichten sich gestalten, weifs
jeder Freund der Dichtkunst. Und doch wird er
überrascht sein durch die entzückende Auswahl der
in der »Höhenluft« gesammelten Perlen. Sie sind
sinnvoll der Natur entnommen, erheben sich zu „der
Schöpfung Lobgesang", bringen „Beschau
lieh es" und „Erbaul ich es", schöpfen „Aus Welt
und Zeit", verlieren sich in „Episches" und wissen
dem „häuslich en Kreis Scherz und Ernst" zu
entlocken. So viele Töne angeschlagen sind, nur
edle, tiefempfundene ohne Mifsklang im Wort
oder Reim, die Kunst geht leer aus, obgleich man-
che deutsche und niederländische Kathedrale, zahl-
reiche Gemälde der altflämischen und altkölnischen
Schule, mehr als eine poetisch gestimmte Figur den
verständnisvollen Freund der mittelalterlichen Kunst zu
sympathischen Lobgesängen hätten verlocken können.
Möge auch mal aus diesen Bergen das Echo er-
tönen! D.
 
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