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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Clauss, Joseph M. B.: Die romanischen Reliquiare von Reiningen im Elsaß
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0044

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1901.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

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1884. Geschenk Papst Leo's IX. an die Ab-
tei, eine Stiftung seines Hauses, 1049.

Abbildungen: Heilig, »Bull, des monum. histor.
d'Alsace« 2XVII [1895] Tafel I, Pbolotyp. 4°;
Schricker, fol. nr. 60. Vgl. Sattler, »Gesch. von
Altdorf« (1887) S. 32 f.

2. Kästchen der Kirchenfabrik Molsheim
U.-E., aus vergoldetem Kupfer, 0,25 m lang
und 0,30 m hoch, auf vier Löwenfüfsen. Vorn
der segnende Christus mit den Evangelisten-
Symbolen; die Rückseite nur mit einfachem
Blattwerk geschmückt, auf dem Deckel unter
romanischen Arkaden die 12 Apostel, in den
Ecken vier sitzende schreibende Gestalten, ver-
muthlich die vier Kirchenlehrer. XII. Jahrh.

Es wurde 1854 von Kan. Straub entdeckt
und restaurirt. Von dieser Wiederherstellung
stammt der Fufs, die Pomella auf dem Dache
und die Vergoldung, was Schricker. der das
nicht■ wufste, zu dem Irrthum führte, es sei
„jedenfalls eine moderne Arbeit" (1. c. S. 6).
Es ist, wie schon Woltmann aussprach und
seither zur vollen Gewifsheit geworden ist,
rheinische Arbeit, speziell einem Xantener
Reliquiar ähnlich (s. dies, abgeb. bei Clemen,
Kunstdenkm. der Rheinprov. I3, 130 Fig. 48).
Der Unterschied ist nur gering: hier ist der
Grund durchbrochen, die sitzenden Gestalten
auf den Ecken steifer und ohne die Gebärde
des Schreibens, auch die Dachbekrönung fehlt
und am unteren Rand des Daches und des
Kastens läuft ringsum eine Inschrift.

= Abbildungen: Straub, »Note sur un reliquaire
du 12e siecle etc.« (Bull. als. 'II, 2 Lithogr. nach eig.
Zeichnung, Vorderans. u. Rucks. Charnier) s= D i d r on,
»Anna], arche'ol.« (1859) 18 u. Kraus I, 154 Fig. 81
verklein ; Schricker Nr. 64. Betr. des Zusammen-
hangs mit d. Xant. Reliq. vgl. M. Rosen berg,
»Werke der mittelalt. Giefskunst in den Beziehungen
zw. Ober- u. Nieder-Rhein«, Kunstgewerbebl. N. F. VII
[1896] 153-56.

3. Ostensorium in Kreuzform der Kirchen-
fabrik Kaysersberg O.-E. In Dreipässen
ausladend, die mit den Evangelistensymbolen,
rückseitig mit Ornamenten verziert sind,
XV. Jahrh. Darunter die gothische Minuskel-
Inschrift : hie. \ in. ist. ein. \ stick, vom. \ heiligen,
critz. Der mit gravirten und gestanzten Orna-
menten bedeckte Fufs stammt aus der Barock-
zeit (bisher unbekannt).

4. Herme einer unbekannten Heiligen der
Kirche in Dachstein bei Molsheim U.-E.,
0,77 x 0,44 m, aus dem Anfang des XV. Jahrh.

= Abbildung: Schricker Nr. 7a; bei Kraus
nicht erwähnt.

5. Kästchen aus Holz des ausgehenden
XV. Jahrh., 0,81 m breit und 0,54 m hoch.
An den vier Seiten Christus und die 12 Apostel,
kaum merklich von den Kupferstichen Schon-
gauers (Bartsch VI, 34—45) abweichend, auf
den Dachflächen Martyrium des hl. Hippo-
lytus, auf den Seitendächern lothringisches
Wappen. Letzteres daher, weil aus dem bis
zur Revolution nach Lothringen gehörigen
Städtchen St. Pilt, jetzt im Besitze der Ge-
sellschaft für Erhaltung der elsäfsischen Ge-
schichtsdenkmäler.

= Abbildung: Schricker, Nr. 79 und 80, und
vier Apostel besonders.

Hier sei noch erwähnt das in mehrfacher Hin-
sicht interessante kleine Bleireliquiar aus. der Kirche
des zerstörten Dorfes Burnen (nicht Burnert, wie es
fast überall heifst) bei Illfurt O.-E. Es stammt nach
den Detailzeichnungen im Bull, als.2 XVI [IS93]
Append. 1 f. (die Beschreibung allerdings unzuläng-
lich) wohl aus dem Ende des XI. Jahrh. und wurde
beim Abbruch eines Altars in dessen Sepulcrum ge-
funden. Es hat die Form der grofsen Schreinreli-
quiare und ist aus einem Stück gegossen, die Ver-
zierungen bestehen in Linienornamenten.

Zu diesen kommen nun die bis zur Strafs-
burger Kunstausstellung im Jahre 1895 voll-
ständig unbeachtet gebliebenen drei Reliquien-
behälter von Reiningen im Ober-Elsafs: eine
spätgothische Herme des hl. Romanus und
zwei interessante romanische Kasten. Es ist
das Verdienst der erwähnten Ausstellung, wie
so Vieles andere, so auch diese Schätze dem
Staube der Vergessenheit entrissen zu haben.
Ihr Katalag gab die erste kurze, wenn auch
theilweise ungenaue Beschreibung davon (Katal.
S. 14, nr. 57 f.). Sie sollen hier eingehend be-
schrieben und gewürdigt werden.

I. Dachförmige Theka des XI. Jahrh.,
0,41 m lang, 0,19 m hoch (ohne die Füfse)
und 0,20 m breit. Aus Holz, soweit erkenn-
bar aus Lindenholz, mit Silberblech beschlagen,
das in erhabener Arbeit getriebene, vergoldete
Figuren , Arkaden und Ornamentstreifen zeigt.

a) Vorderseite: Christus barfufs mit
Kreuznymbus, den romanischen Kreuzstab in
der Linken, die Rechte im sogenannten la-
teinischen Segensgestus erhoben, umgeben von
jezwei Frauengestalten, die rechts blofseLeuchter,
links solche mit aufgesteckten Kerzen tragen,
also die klugen und thörichten Jungfrauen.
Alle stehen auf einem halbkreisförmgen „Berg",
ein in der romanischen Metall- und Elfenbein-
technik gewöhnliches Motiv, unter einfachen
 
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