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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Hager, Georg: Zur Geschichte der abendländischen Klosteranlage, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0119

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173

1901. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

174

kapelle einige von den linksseitigen Arkaturen
bereits zum Opfer gefallen waren, die ich
wenige Jahre früher noch beobachtet hatte.
Aufser Hirsaff nenne ich noch das Cluniacenser-
kloster Alpirsbach im Schwarzwald, wo die'
Bogenstellungen von gekuppelten Säulchen ge-
tragen werden, also ganz analog wie in Farfa.32)
(Abb. 4.) Hierher gehört auch die Schenkenka-
pelle in Grofskomburg bei Schwäbisch Hall,
welche nichts anderes als der ehemalige Kapitel-
saal dieses Hirsauer Klosters ist. Hier sehen wir
rechts vom Eingang sieben, links vier ge-
kuppelte Bögen mit einfachen Theilungssäul-
chen.83) Ge-
kuppelten
Säulchen be-
gegnen wir
ferner in den
zahlreichen
romanischen
balcones des
Kapitels im
Cluniacenser-
kloster Kastei
in der Ober-
pfalz aus dem
XII. Jahrh.

Auf den
Kapitelsaal
folgt im Or-
do Farfensis
das Audito-
.. rium.
v. Schlosser
sieht in dem-
selben den
Sprechsaal

der]Mönche im Verkehr mit den Laien und findet
es daher im westlichen Trakte ,,nahe den beiden
Thoren desKlosters und den Fremdenwohnungen
ganz am Platze". Aber das Auditorium neben
dem Kapitel hat mit dem Sprechzimmer, wo die
Besucher empfangen werden, nicht das min-
deste zu thun. Letzteres heifst Auditorium
hospitum, auch wohl Salutatorium, Sprechhaus.
Das Auditorium neben dem Kapitel aber
diente als Lehrsaal, zur Unterweisung der No-
vizen etc.31) Wenn in der Hirsauer Regel vom

Abb. 3. Klosterruine Hirsau.

Westwand des Kapitclsaales.
Aufgenommen 1899.

32) Abb. bei R. Dohme »Gesch. d. deutschen
Baukunst« 1887, S. 83 und bei Paulus a. a. O.
>*) Abb. bei Paulus a. a. O. Atlas, Jagstkreis.
'*) Vergl. Du Cange »Glossarium« I (1883) 471.

Auditorium die Rede ist, so müssen wir wohl
unterscheiden, ob die Regel vom Auditorium
schlechthin oder vom Auditorium hospitum
spricht. Letzteres lag, wie sich aus der Regel
ergibt, an der Westseite des Kreuzganges bei
der Klosterpforte, ersteres aber kann, wie eben-
falls aus verschiedenen Stellen der Hirsauer
Konstitutionen erhellt, nur am östlichen Trakt
des Kreuzganges neben dem Kapitel gesucht
werden.

Die Stellen der Hirsauer Regel, welche für
die Bestimmung der beiden Räume in Be-
tracht kommen, sind folgende: Der Mönch,

welcher in

die culpa gra-

vior verfällt,

soll aus dem

Kapitel unter

Vorantritt
des Camera-
rius in das
Auditorium
gehen, dort
Füfse und
Oberkörper
entkleiden
und dann, die
Geifselinden
Händen, ins
Kapitel zu-
rückkehren.
Nach vollzo-
gener Bufse
kleidet er
sich im Au-
ditorium'wie-
der an.3B) In
einem westlichen Winkel dieses Auditoriums ist
eine verschliefsbare Gefängnifszelle abgegrenzt,
gerade grofs genug für einen Menschen. Der
Pönitent, der hier eingesperrt wird, darf zur Be-
friedigung seiner natürlichen Bedürfnisse in das
Krankenhaus gehen. Letztere Ortsangabe ist
wichtig, weil, wie sich zeigen wird, das Kran-
kenhaus östlich vom Claustrum, also in der
Nähe des Auditoriums liegt.

Interessant ist das Kapitel 10 des 2. Buches
der Hirsauer Regel, da hier beide Auditorien

**) Vergl. dazu Disciplina Farfensis, lib. II, cap.
15, bei Migne »Patrologia« lat. CL, 1209. Con-
suetudines Cluniacenses des Ulrich von Zell. Lib. III,
cap. 3 bei Migne CXLIX.
 
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