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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Hager, Georg: Zur Geschichte der abendländischen Klosteranlage, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0120

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175

1901. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

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genannt und wohl unterschieden werden.
Wenn ein entsprungener oder verstofsener
Mönch wieder aufgenommen werden soll, so
hat er, wenn er nicht mehr im Mönchshabit
ist, vorläufig in der Eleemosynaria, wenn er
aber noch die Kutte trägt, im Domus hospi-
talis sich aufzuhalten. Ist die Zeit der Wieder-
aufnahme gekommen, so werden der Ostiarius
und der Camerarius vom Kapitel abgeschickt,
ihn zu holen. Die beiden führen ihn zunächst
in das Auditorium hospitum, wo er seinen
Oberkörper entkleidet und die Geifsel in die
Hände nimmt, die der Ostiarius vom Kapitel
mitgebracht hat. Hat der Pönitent keinen
Mönchshabit, so bringt ihm der Camerarius

eine Cu-
culla in das
Auditorium
hospitum,
indem er,
wie es aus-
drücklich
heifst,durch
den westli-
chen Kreuz-
gang geht.
Die abge-
legten Klei-

dungs-
stücke trägt
der Came-
rarius so-
dann in das
Auditorium,
das im Clau-
strum ist, in dem er denselben Weg, den er ge-
kommen, durch den westlichen Kreuzgang zu-
rückkehrt. Und zwar soll dies der Camerarius be-
sorgen, weil, so lange die Brüder Kapitel halten,
keinem andern gestattet ist, dort vorbeizugehen.
Die Bemerkung deutet darauf, dafs das Audi-
torium neben dem Kapitel lag. Da das Ka-
pitel durch einen Eingangsbogen und durch
offene Fensterarkaden mit dem östlichen Kreuz-
gangfiügel verbunden war, so durfte, um das
Lauschen zu verhindern, während der Kapitel-
sitzung kein Unberechtigter in die Nähe des
Kapitels kommen.86) Mit dem zuletzt genannten

36) Wie sehr man bestrebt war, die Verhandlungen
im Kapitel vor Unberufenen geheim zu halten, beweist
auch eine Vorschrift im Lib II, cap. 58, welche das
Belauschen der Kapitelsitzungen durch die Kranken-
hausdiener von Osten her zu verhüten sucht.

Abb. 4. Kloster Alpirsbach.
Ostfiügel des Kreuzganges. Links der Kapitelsaal.

Auditorium ist dasselbe gemeint, das wir oben
gelegentlich der culpa gravior kennen lernten.
Hier hat sich der wieder aufgenommene Mönch
wieder anzukleiden, wie es bei de'r culpa gra-
vior vorgeschrieben ist.

Die Hinweise, welche die Cluniacenserregel
zur Bestimmung der Lage des Auditoriums
und des Kapitels gibt, sind noch nicht er-
schöpft. Weitere, und zwar sehr wichtige,
werden uns geboten bei den Bemerkungen über
das Krankenhaus und über die Marienkapelle.
Ich ziehe daher diese beiden Räume hier so-
fort in den Kreis der Betrachtung.

Die Marienkapelle lag unmittelbar östlich
vom Kapitel, mit ihrer Westmauer an die Ost-
wand des-
selben sto-
fsend und

mit dem
Kapitel hier
durch eine
Thüre ver-
bunden. Die

Hirsauer
Regel be-
stimmt,
dafs, wenn
der Kon-
vent nach
Matutin
und Vesper
in Prozes-
sion in die
Marienka-
pelle zieht,

die Novizen als die letzten folgen, die Ka-
pelle aber nicht betreten, sondern aufsen im
Kapitel die Rückkehr des Konventes erwarten
und sich dann demselben wieder anschliefsen.
(Lib. I, cap. 72.) Wenn die Mönche in Pro-
zession in die Marienkapelle ziehen, so hat
der Hebdomadarius ecclesiae eines von den
drei Lichtern, welche im Kapitel zunächst
bei der Thüre der Marienkapelle hängen, an-
zuzünden. (Lib. II, cap. 29. Vergl. Lib. II,
cap. 30.) Wenn ein Mönch während des Ka-
pitels als Kranker in das Krankenhaus ge-
schickt wird, so kann er, wenn die Erlaubnifs
ertheilt ist, sofort in das Krankenhaus gehen
und sich zu Bette legen, oder einstweilen in
die Marienkapelle gehen; verläfst er das Ka-
pitel nicht sofort, so hat er zu warten, bis der
 
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