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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Hager, Georg: Zur Geschichte der abendländischen Klosteranlage, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0133

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195

190.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 7.

196

Ausnahme der Sakristei, Bibliothek und zweier
Kapellen zerstörte.51)

In Zwiefalten erhob sich die als Kranken-
hauskirche dienende, 1121 geweihte62) Marien-
kapeile unmittelbar östlich am Kapitelsaal, mit
diesem durch eine Thür verbunden. Der Ka-
pitelsaal aber war im östlichen Trakt des süd-
lich der Klosterkirche
gelegenen Claustrums,
in der Nähe der Haupt-
kirche.53)

Im Allerheiligen-
kloster in Schaffhausen
läfst sich die gleiche
Situation nachweisen.
Der Kapitelsaal befand
sich hier, wie gewöhn-
lich, am Ostflügel des
K reuzganges, nahe dem
Münster. Henking hat
ihn in seiner verdienst-
lichen Monographie
über das Kloster nicht
als solchen erkannt.
Aber die „drei Dop-
pelgruppen von blin-
den, 83 ctn hohen Bo-
genstellungen", welche
Henkingan der Aufsen-
seite der Ostmauer
des Kreuzganges be-
schreibt, lassen keinen
Zweifel übrig, dafs wir
hier die üblichen, jetzt
vermauerten Fenster-
öffnungen des Kapitel-
saales nach dem Kreuz-
gang zu erkennen ha-
ben. „Die Rundbögen
sind aus rothem und
weifsem Sandstein ge-
wölbt, die Gruppen

durch schmale
Zwischenpfeiler getrennt. Einfache basenlose
Säulchen mit leicht geschwellten, schlanken

Abb. 6. Klosterruine Hirsau

Blick aus dein nördlichen Kreuzgang auf die Marienkapelle.

Aufgenommen 1899.

Schäften und gedrechselten Kapitalen, welche
aus Kehle und unterem Wulst bestehen, bilden
die Stützen. Die Fufsbank liegt nur 80 cm über
dem Boden des Kreuzganges.'''54) Oestlich stöfst
an den Kapitelsaal eine tiefe Kapelle, St. Anna-
oder Münsterkapelle genannt. Sie ist sicher
als gothischer Umbau der ehemaligen roma-
nischen Marienkapelle
aufzufassen. Der Wech-
sel des Patrociniums
findet eine Parallele im
St. Peterskloster in Er-
furt, wo die ehemalige
Marienkapelle vom
XV. Jahrh. an ebenfalls
den Titel der hl. Anna
führt.

In St. Peter in Er-
furt, einem Tochter-
kloster Hirsaus, ist die
von dem Laienbruder
DitmarerbauteMarien-
kapelle am 25. Juli
1117 geweiht worden.
Infolge des 1469 unter-
nommenen Neubaues
einer Marienkapelle im
neuen Dormitorium
scheint für die alte
Kapelle dieBenennung
nach der Mutter Anna
ein im Ausgange des
Mittelalters besonders
beliebtes Patrociniutn,
gewählt worden zu
sein. Eine Zeit lang
gebrauchte man die
Bezeichnung capella
S. Mariae sive modo
S. Antiae, bis schliefs-
lich der Titel St. Anna
den Marientitel ganz
verdrängte. Die Ka-

") Vergl. J. Neuwirth a. a. O.
52) Ort lieb „Zwif. Chronicon.'

102 ff.

»Mon. Germ.
SS.« X, 87.

S3) Für die Bestimmung der Lage der Marien-
kapelle sind zwei Stellen bei Arsenius Sulger »Annal.
mon. Zwifaltensis« I (1G98) 50 entscheidend: ad latus
Templi Australe juxta Sacellum domesticum... . Praeter

triplicem hunc sepulturae locum quartus demum fuit
in Copitulo ante introitum Sacelli domesticum. Unter
Sacellum domesticum versteht Sulger stets Sacellum
infirmorum. Diese Lage wird bestätigt durch eine in
Oel gemalte Ansicht des Klosters Zwifalten von 1659,
abgeb. in der kleinen Oberamtsbeschreibung Mün-
singen.
54\

Henking,.Das Kloster Allerheiligen",
hauser Neujahrsblätter« (1891) S. 12 f.

• Schaff-
 
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