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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Bergner, Heinrich: Befestigte Kirchen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0144

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217

1901.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 7.

218

als Keller und Vorrathsräume benutzt. Be-
zeichnend ist es, dafs zu jedem Nachbarrecht,
d. h. zu jedem der alten Bauerngüter, welche die
„Gemeinde" bildeten, je ein solcher Gaden ge-
hörte. Die Einrichtung hat sich also mit den
ältesten Siedelungsverhältnissen entwickelt. Ein
Theil der Gaden ist zweistöckig auf der Ring-
mauer errichtet und bewohnt worden. Im be-
nachbarten Vachdorf (Fig. 4) ist nur ein
starker Rundthurm an der dem Dorfe zuge-
kehrten Ecke des Kirchhofs erhalten, welcher
mit dem anstofsenden Mauerring und den über-
kragenden Gaden eine recht malerische Bau-
gruppe bildet. Auch sind hier die Spuren des
Wallgrabens sichtbar. In Einhausen (Fig. 5)
finden wir dagegen wieder den Thorthurm, und

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Ende des XVIII. Jahrh. abgetragen wurden.
Im Volksmund lebt die Sage, dafs an Stelle
der Kirche ehemals eine Burg gestanden habe.
Und so oder ähnlich waren die meisten Kirchen
dieser Gegend befestigt. Man nannte sie
schlechthin „Burgen oder Burgstadel". Icj Auch
an der untern Werra sind die Kirchen mit
Pfarrei und Schule mehrfach auf sichrer Höhe
über den Ortschaften angelegt. Ein Thorthurm,

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Kirche zu Miuln.

auch der Kirchthurm zeigt noch einen zinnen-
artigen Wehrgang ähnlich dem in Schaala. In
Walldorf ist die Kirchhofsmauer fast rein
quadratisch angelegt und an den vier Ecken
mit Rundthürmen bewehrt. Besonders interessant
sind dann noch die Anlagen in Herpf mit
doppelter, in Gleichamberg mit terrassenartiger
Mauer und in Queienfeld mit einem Wasser-
ring. Eine Untersuchung dieser Gruppe ist
von Herrn Geh.Oberbaurath Fritze in Meiningen
in Kürze zu erwarten.

Wie viele von den urkundlich erwähnten
Festungskirchen im Amt Hildenberg an der
Rhön noch existiren, konnte ich nicht fest-
stellen. In Kaltensundheim war die Kirche
von einer doppelten Mauer umgürtet. Die
äufsere war mit fünf Rundellen, die innere mit
vier dicken Thürmen versehen, welche aber

der 1517 erneuert wurde, findet sich noch in
der Kirchhofsmauer zu Ettenhausen.

Im eigentlichen Thüringen begegnen ver-
hältnifsmäfsig wenig und nur schlecht erhaltene
Beispiele von Burgkirchen. Eine der interessan-
testen Anlagen, das Kloster St. Georg vor
Naumburg (Fig. 6), ist spurlos von der Erde
verschwunden. Nur aus einem alten Stiche
kann man den stark bewehrten Zustand er-
kennen.17) Kirche und Propstei waren von
einer hohen Ringmauer umschlossen. Das Haupt-
thor war von zwei starken, mit Schiefsscharten
versehenen Rundthürmen flankirt. Neben diesen

lß) Binder „Das Amt Lichtenberg", »Ztschr
d. Ver. f. Thiir. Gesch. u. A.« XVI. 246.

17) J. M. Schamelius »Histor. Beschreibung
von dem ehemals berühmten Benediktiner-Kloster zu
St. Georgen.« (Naumburg 1728.) S. 18.
 
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