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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Bergner, Heinrich: Befestigte Kirchen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0145

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219

1901. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

220

fanden sich — genau wie bei Burgthoren — ge-
zinnte Bastionen. Hinter dem Thore erhob
sich ein gewaltiger, runder Wehrthurm, welcher
durch einen Rücksprung verjüngt über die
Höhe der Kirchenschiffe emporstieg. Die Bau-
formen sind romanisch, vielleicht noch aus der
Gründungszeit um 1020. Fast möchte man an
die Uebernahme eines alten profanen Werkes
denken, wenn nicht die Lage der Eckehardiner-
burg gegenüber von St. Georg, an Stelle der
späteren Domprobstei, ausdrücklich überliefert
wäre. Aehnlich hatte Heinrich I. 934in Merse-
burg ein „altrömisches Werk mit einer steinernen
Mauer umgeben und unterhalb desselben die
Kirche aus Steinen aufführen lassen". Und
Bischof Bernhari von Verden (-j-1014) „begann
den Bau eines steinernen Thurmes, wie sie dort
zu Lande selten sind, neben der Kirche zu
Verden",18) wobei man doch nur an ein
Festungswerk denken kann. Auffallend ist
jedenfalls, dafs auch die friedlichen Cisterzienser
von Pforte ihren Klosterbezirk mit Mauern,
Thor- und Eckthürmen umgaben.'9)

Ein lehrreiches, wenn auch nur theilweise
erhaltenes Beispiel dieser Art in Thüringen
bietet die Kirche zu Milda b. Blankenhain
(Fig. 7) auf der Hochebene zwischen Saale und
Um. Die Kirche ist unter Benutzung des früh-
gothischen Thurmes und eines späteren Bein-
hauses nach einem Brande 1796 neu erbaut.
Sie ist von einer fast quadratischen Ringmauer
umgeben, welche an vier Ecken mit Wehr-
thürmen gesichert war. Von diesen ist nur ein
einziger stehen geblieben. An ihn stöfst eine
Mauer, welche nach dem jenseits der Strafse
liegenden Pfarrhause geführt ist und früher die
Einfahrt nur durch ein mit Zinnen bewehrtes Thor
gestattete. In der Stirnmauer der Pfarrei, welche
nach Inschriften 1555 und 1675 neugebaut
wurde, findet sich eine Schiefsscharte, eben-
solche in der Kirchhofsmauer, davon einige in
der Form von „Hasenscharten", mit eingesetzten
Keilsteinen, angelegt sind. Sehr zur Festigkeit
der Anlage dient ein vorliegender Teich, von
welchem örtlicher Ueberlieferung nach auf bei-

18) Thietmar »Chronicon Merseb.« I. 18,
VIII. 31.

19) Weitere Beispiele von Klosterburgen bei A.
Lenoir »Architecture monastique«. pag. 57 ff. Die
Betrachtung der höchst lehrreichen und eigenartigen
englischen und irischen Denkmäler mufs hier unter-
bleiben. Siehe darüber Sehn aase IV 419.

Fig. 8. Kirche in Schaala.

den Seiten einst Wall-
gräben um das ganze
Dorf gezogen waren.

Weit einfacher ist der
Kirchhof von Schaala
bei Rudolstadt (Fig. 8).
Hier ist über dem spät-
gothisch erneuerten Thore
eine gezinnte Mauer auf-
geführt, in welcher ein
gedeckter Wehrstand aus-
gespart ist. Ein kleines
Satteldach bedeckt das
Thor. Dagegen ist hier
der Zinnenkranz des Kirch-
thurms noch wohlerhalten.
Man steigt durch eine Fallthür hinaus und kann
sich noch heute nothdürftig in dem Wehrgange
bewegen. Die Zinnen, die Wasserrinnen am
Boden und die weitvorragenden Wasserspeier
sind ganz unversehrt. Die Plattform ist nur
4 x 4 m weit und wahrscheinlich war der alte
Helm viel bescheidener als der jetzige, fehlte
vielleicht ganz. Sonst sind in Thüringen blofse
Mauern mit Schiefsscharten fast die Regel, oft
freilich bis auf dürftige Reste abgetragen. Ich
nenne solche in Lichtenhai'n b. Jena, Kefs-
lar, Engerda, Heilingen, wo auch am
Thurm noch Spuren des Zinnenkranzes sicht-
bar sind, Neckerode mit einer deutlich er-
kennbaren Dorfumwallung, Gertewitz b. Pöfs-
neck, Neunhofen, wo auch das Pfarrhaus
von einem Wassergraben umgeben war. In
Gumperda, S. A., ist der äufsere Apparat bis
auf eine Schiefsscharte im Süden des romani-
schen Thurmes vernichtet; aber neuerlich stiefs
man auf einen in das Kiesgeschiebe einge-
hauenen Schleifgang, der einerseits durch einen
Schlot in den Altarraum, andrerseits in einen
benachbarten Keller mündete. Früher sollen
noch zwei gleiche Schleifgänge vorhanden ge-
wesen sein.

In Sachsen sind bisher vier feste Kirchen,
in Ebersdorf, Thierbach i. Vogtland, Geithayn
und Lugau bekanntgeworden. In Ebersdorf
b. Flöha ist die Mauer rundlich und von zwei
Thürmen mit spitzbogigen Durchfahrten be-
wehrt, neben denen Schiefsscharten den Ein-
gang decken. Die Thürme sind nur von der
anliegenden Mauer aus zugänglich.20) In Lugau

21) Steche »Bau- und Kunsldenkmäler des König-
reichs Sachsen« VI. 48.
 
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