Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

DOI Artikel:
Schnütgen, Alexander: Die restaurirten Fenster in der Dreikönigenkapelle des Kölner Domes
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0172

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
259

1901.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 9.

260

anlafst haben, ferner das gar bis zu 24 typo-
logischen Szenen fortgeschrittene Fenster in
M.Gladbach (vgl. die Kunstdenkm. d. Rheinprov.
vonClemen, Bd. III, Heft IV), welches noch etwas
entwickelter in den Formen, noch bestimmter in
der Technik ist. Da in sie aber weder das
Ausschleifverfahren, noch auch das Silbergelb
Eingang gefunden haben, die in Köln schon
von der Mitte des XIV. Jahrh. begegnen, so
wird auch hier ein etwas früherer Ursprung an-
genommen werden müssen.

Die Ausschleiftechnik, welche zunächst und
lange Zeit hindurch allein, beim rothen Glase,
als dem damals einzig überfangenen, angewendet
wurde und wenigstens für monumentale Ver-
wendung dem Silbergelb vorherging, beherrscht
aber bereits, wenn auch nur im Hintergrunde
der Figuren, die beiden Nebenfenster der
Dreikönigenkapelle, von denen das linke in
seinem unteren Drittel die (hier Lichtdruck-
tafel VII abgebildete) Anbetung der heiligen
drei Könige darstellt, denen diese Ostkapelle
von Anfang an gewidmet war. Um diese
Gruppe in der architektonischen Anwendung,
welche hier der Stil verlangte, dem zweitheiligen
Fenster einzugliedern, bildete der Künstler ein
breiteres Mittelfeld, in welchem der Pfosten
die sitzende Gottesmutter und den ältesten
knieenden König Kaspar scheidet. In dem
ganz architektonisch aufgelösten Konsolenunter-
bau, der fast ganz neu, aber auf Grund der
alten Nachbildung durchaus korrekt gebildet
ist, befinden sich, wie in den Sockeln der gleich-
zeitigen Wandgemälde über dem Chorgestühl,
die Standfiguren von Königen mit Szepter und
Reichsapfel, welche im Aufsatz über dem grofsen
Wimperg wiederkehren, um mit reichem Mafs-
werk und Zinnengiebel bekrönt zu werden. Die
Mittelgruppe wird durch die sie flankirenden
Standfiguren der Könige Melchior und Balthasar
ergänzt, die, in lebhafter Bewegung, je auf
einer schlanken Konsole stehen, von einem
Baldachin überragt, in dessen Lauben überein-
ander die Figuren des hl. Johannes Baptist und
eines Propheten einerseits, die des hl. Gereon
und eines Propheten andererseits stehen, in
eine Fiale ausklingend auf der Höhe des mittleren
Zinnengiebels. In vollendeter Konsequenz und
Klarheit bauen sich nebeneinander die drei
Thürme auf, ein Muster imposanter Flächen-
architektur, und die Figuren, von denen sie
belebt werden, sind so meisterhaft in der Zeich-

nung, zugleich den betreffenden Nischen so
vorzüglich eingegliedert, dafs ein Bild grofs-
artigster Harmonie entsteht. Hierbei wird die
Komposition in jeder Hinsicht unterstützt von
der Färbung, die sich auf sechs stark ausge-
sprochene Farben beschränkt. Die abwechselnd
in Weifs und Gelb, also in Silber und Gold
gehaltenen Architekturglieder bilden den Rah-
men und in ihm entfalten sich die stark kon-
turirten, strengen Figuren in reichem Farben-
wechsel auf den zu demselben Zwecke un-
gemein klein gemusterten, lichten und doch
geschlossenen Hintergrunde zu vollendeter
Wirkung, ein wahres Zauberbild von Gröfse
und Anmuth. Ihm entspricht der obere, durch
grofse, auf 12 Feldern vertheilte Mafswerk-
rosetten belebte Teppich, dessen sich wieder-
holende Musterungen gerade so einfach sind,
wie die Farbenzusammenstellungen, indem die
durch Eichenblattkonturen geschmückten und
gedämpften weifslichen Glasstückchen ab-
wechselnd roth oder blau eingefafst sind mit
gelbem Mittelstreifen. Sehr komplizirt sind hier-
bei die Verbleiungen und auf das Zusammen-
wirken dieser verschiedenen, auf reichster Er-
fahrung beruhenden Eigentümlichkeiten ist das
prachtvolle Gefunkel zurückzuführen, welches
dieses Teppichmuster auszeichnet, mag die Sonne
es durchfluthen, oder indirekt ihr Strahl wirken
in den mannigfaltigsten, beständig wechselnden
Reflexen. Hier zeigt sich die monumentale
Glasmalerei auf ihrer höchsten Höhe, würdig
der gewaltigen Zeit, der sie angehört (wohl
das zweite Jahrzehnt des XIV. Jahrh.), würdig
des Domes, für den damals nur das Beste
gut genug erschien, was die Zeit zu lei-
sten vermochte.

Gibt dieses Fenster sich durch das in der
Bekrönung erhaltene Wappen als eine Stiftung
der Overstolzen zu erkennen, dann ist sein jüngst
wiedereingesetztes Seitenstück wiederum vom
Kapitel bestellt. Dasselbe theilt mit jenem
die architektonische, figurale, ornamentale Be-
handlung wie die ganze Technik und Farben-
stimmung bis zu dem Mafse, dafs es auf die-
selbe Hand zurückgeführt werden darf. Die
beiden Hauptfiguren des hl. Petrus und Ma-
ternus, denen das Fenster gewidmet ist, haben
hier die vollständige Beibehaltung der Zwei-
theilung ermöglicht, und in den Lauben kommen
noch mehrere andere, zum Dom in besonderen
Beziehungen stehende Heilige zu ihrem Recht.

Schnütgen.
 
Annotationen