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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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287

1901.

SEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

288

IX. Jahrh kennt, so dafs von hieraus die Anregung nach
Italien zurückgegangen sein dürfte, wo sie durch den
hl. Franziskus und seine Orden aufgenommen und
mit ungemeinem Erfolge gepflegt wurde. Hierbei
wirkte wiederum das geistliche Schauspiel mit, und
im Anschlüsse daran vom XIV. Jahrh. an, besonders
in Flandern der Gebrauch des Kindleinwiegens. Von
da zu den italienischen Thoukrippen war kein weiter
Weg, die genrehafte Behandlung der Weihnachts-
szenen die natürliche Folge, zunächst in den Altar-
schreinen, da er in den selbstständigen Krippen, welche
in Italien und Flandern schon am Schlufs des XV. Jahrh.
auftreten, in der Renaissance schnell sich entwickeln,
gefördert vom Schauspiel, namentlich durch die
Jesuiten, die sie bald in ihrer Münchener Kirche ein.
führten. Die Krippe wird realistisch, gelangt aus den
Klosterkirchen in die Pfarrkirchen und Privathäuser,
erreicht ihre Glanzperiode im XVIII. Jahrh., in dem
sie aber auch Widerspruch fand, freilich nicht für
allzu lange Zeit.

Der Versuch, alte Krippen zu sammeln und in
Museen aufzustellen, begegnet nur ganz mäfsig und
vereinzelt, bis vor kaum zwei Jahrzehnten Schmederer
in München ihn aufnahm und schnell zu dem Erfolg
führte, dafs er 1892 dem Bayerischen Nationalmuseum,
eine jetzt 1000 Quadratmeter einnehmende Sammlung
schenken konnte, die seit Jahresfrist kabinettenweise
mit grofsem Geschick in reichem Wechsel aufgestellt,
das Entzücken aller Besucher bildet. An sie und
sonstige Originalstucke knüpft der Verfasser auf
nahezu 100 Quartseiten die Schilderung und Cha.
rakterisirung der Weihnachtskrippe, wie sie sich
in verschiedenen Ländern vom Schlufs des XVII. Jahrh.
an entwickelt hat. Nacheinander werden die Ti-
roler, altbayerischen, Münchener, Tölzer
Krippen, wie diejenigen im übrigen Deutsch-
land (in Franken, namentlich Bamberg, in Schlesien,
Polen, aber auch im evangelischen Sachsen) und in
Oesterreich (besonders Böhmen) behandelt. Ein
breiter Raum wird den italienischen Krippen
gegönnt, die den Höhepunkt der Pracht und des
Reichthums bezeichnen, ungemein ausgedehnte, le-
bendig ausgestattete Gruppen mit einem gewaltigen
Apparat von architektonischen Anlagen, von Kirchen
und Palästen. Die gröfste Feierlichkeit der Handlung
erscheint in R o m erstrebt, die gröfste Lebendigkeit
und reichste Ausgestaltung in Neapel und Si-
zilien. Während aber, wie in Deutschland, so in
Rom und Neapel die beweglichen Figuren vorwalten,
die aus dem Zusammenwirken von Schnitzer oder Mo-
delleur, Kostümier und Krippenbauer hervorgegangen
sind, gehört die sizilianische Krippe durchaus dem
Gebiete der Kleinplastik an. Bei all' diesen Be-
schreibungen der Originale, die um 1700 einsetzen
und bis in das XIX. Jahrh. hineinreichen, zum Theil
vom Verfasser in höchst lehrreichen und interessanten
Abbildungen, 53 an der Zahl, wiedergegeben, laufen
so viele historische Notizen, so zahlreiche Angaben
von Künstlernamen mitunter, dafs mit einem Male das
vollständige, mit unsäglichen Mühen zusammengesuchte
Material geboten ist, dazu in so gefälliger Form, in

so anmuthender, warmer Sprache, dafs die Lektüre
des Ganzen ein wahrer Genufs ist, eine hohe Be-
friedigung für das Gemüth, wie der letzte Abschnitt
„Die Krippe und das Volksgemüth" behandelt. —
Das herrliche, schön ausgestattete, daher auch als
Festgabe sehr geeignete Buch darf auf's wärmste
empfohlen werden , den Männern der Wissenschaft:
den Kunstforschern , Kulturhistorikern, Museen, wie
dem Volke, ganz besonders denjenigen, welche für
den gröfseren Aufbau einer Krippe Ideen und Vor-
bilder suchen. Schnütgen.

Die Bemalung der kirchlichen Möbel und
Skulpturen. Ein Leitfaden für Künstler, Geist-
liche und kunstliebende Laien von J ohann Kuhn,
Pfarrer. L. Schwann, Düsseldorf 1901. (Preis
broch. 3 Mk., in Leinen gebunden 4 Mk.)
Auch in die Ausstattung der Kirchen hat die dem
Mittelaller so geläufige, volksthümliche Farbe wieder
Eingang gewonnen, aber nicht selten in einer Be-
denken erregenden Weise. Die Grundsätze, die hier-
bei anzuwenden, die Vorbilder, die nachzuahmen sind,
hinsichtlich der Technik, wie der Wirkung, sind noch
zu wenig bekannt, und mancherlei Willkürlichkeiteh
haben daher sich eingeschlichen, so dafs eine giünd-
liche , in die Einzelheiten eingreifende Belehrung
grofses Bedürfnifs ist. Sie zu ertheilen ist der Ver-
fasser, der bereits vor 8 Jahren ein beachtenswerthes
Büchlein über „Die Bemalung der Kirchen" ge-
schrieben hat (vergl. Bd. VI, Sp. 94/95 dieser Zeitschr.),
durchaus kompetent, da ihm umfassende und solide
Kenntnisse, ein geläuterter Geschmack und praktische
Erfahrungen zur Seite stehen. Das vortreffliche Buch,
in welchem er seine Unterweisungen und Anweisungen
niedergelegt hat, wendet sich zunächst an die Maler,
namentlich an die Dekorationsmaler, um sie über die
Grundsätze, die sie bei der Bemalung der kirchlichen
Ausstattungsgegenstände im Allgemeinen wie im Be-
sonderen, im Grofsen wie im Kleinen, zu befolgen
haben, aufzuklären. Nacheinander werden die Altäre
romanischen und gothischen Stiles behandelt in Bezug
auf ihre architektonischen, ornamentalen, figuralen
Theile, und ein eigenes Kapitel ist den Altaraufsätzen
der späteren Stilarten gewidmet. Die Ansprüche,
welche die farblich vielfach arg vernachlässigten
Kanzeln, Taufbrunnen, Kommunionbänke, Orgeln,
Sakramentshäuschen, Chor-, Kirchen-, Beichtstühle,
Schränke, endlich die Thiiren und Eisenarbeiten in
ihren bezüglichen Eigenarten an die Polychrom ie zu
stellen haben, werden in guter Begründung an der Hand
der alten Muster dargelegt, und die zahlreichen Hin-
weise auf dieselben und auf die Stätten ihrer Ver-
öffentlichung erleichtern den Verzicht auf Abbildungen,
die freilich, um vollkommene Wegweiser zu sein,
farbig sein müssen. Die Rathschläge sind so gereift
und abgewogen, dafs sie mit Vertrauen aufgenommen
werden dürfen, zunächst von den Künstlern, die hier
ein überaus reiches Lernmaterial finden, sodann von
den Interessenten, also namentlich den Priestern, für
die aber der Weg vom Lernen zum Lehren gerade auf
diesem Gebiete nicht kurz sein darf. SchnUtgen.
 
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