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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Kolberg, Josef: Ein Trinitätsbild an der Pfarrkirche zu Wormditt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0221

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339

1901. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

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sich unter dem Kreuze schwach erkennen. —
Noch mehr als dieses Bild ist das auf der
linken Seite befindliche zerstört. Man erkennt
jedoch deutlich zwei Gestalten, welche Kronen
mit französischen Lilien tragen und grüne Ge-
wänder haben. Den Hintergrund bildet ein
Rautenmuster in schwarzen und rothen Linien.
Man wird das Ganze wohl für eine Krönung
Maria halten zu dürfen berechtigt sein, denn
von der Gestalt rechts zieht sich nach links
oben in die Gegend der Krone der zweiten
Gestalt ein grüner Streifen, ein Ueberrest des
mit dem Mantel bekleideten Armes. Die Dar-
stellung wäre dann ähnlich gewesen wie bei
dem bekannten Imhofschen Altar in Nürn-
berg: Jesus und Maria sitzen neben einander
auf einer Bank und der Heiland steht im Be-
griffe mit der Rechten die Krone auf das
Haupt der Gottesmutter zu setzen.J)

In weit höherem Mafse unser Interesse zu
erwecken ist jedoch das in der mittleren,
kleinereu, oben in einem Stichbogen schliefsen-
den Nische befindliche Bild geeignet. Auf
rothem Grunde sieht man hier in schwarzen
Konturen einen Kopf en face, an dessen
beiden Seiten eine Nase hervortritt und auch
ein Mund angedeutet ist. Es ist ein Kopf
mit zwei Augen, drei Mündern und drei Nasen.
Die Farbe des Gesichtes ist fleischfarben,
ebenso der Kreuznimbus, welcher das Haupt
umgibt. Unten und zu beiden Seiten ist das
Haupt bärtig.2) Wir haben es hier unfraglich
mit einem Trinitätsbilde zu thun, wie solche
zeitweilig im Mittelalter nicht ungebräuchlich
waren, aber in den preufsischen Landschaften
und im früheren Gebiete der Eroberungen des
deutschen Ordens meines Wissens noch nicht
gefunden wurden.

Die Darstellung der göttlichen Trinität er-
fuhr im Mittelalter eine verschiedenartige Be-
handlung. Schon im X. Jahrh., in einem
Manuskripte des heiligen Dunstan, Erzbischofs
von Canterbury, (t 908), und dann später in
dem hortus deliciarum der Herrad von Lands-
perg (ca. 1159—1175 verfafst) findet man die

') Vergl. Janitschek »Geschichte der deut-
schen Malerei«. Taf. 23 und S. 207. Janitschek setzt
den Altar zwischen 1418 und 1422 an.

2) Die Spuren des Knebelbartes auf beiden Seiten
sind jetzt freilich fast bis zur Unkenntlichkeit ver-
wischt, da das Bild seit seiner Blofslegung noch mehr
zerstört worden ist.

drei göttlichen Personen als drei vollständige
menschliche Gestalten neben einander abge-
bildet. Die Maler gaben dann diesen drei
Personen vielfache Nüancirungen in Alter und
Attributen. Diese Darstellungsweise war im
Mittelalter überaus häufig und hat sich zum
Theil bis in unsere Zeit erhalten.3)

Mabillon wollte diese Darstellungsweise der
Trinität auf Abälard (1079—1142) zurückführen,
welcher, um seinen Schülern einen annähern-
den Begriff von der Trinität beizubringen,
den Annales Benedictini zufolge (lib. LXXIV,
n. XIV) in seinem Paraklet bei Troyes einen
Steinblock in dieser Weise hatte behauen
lassen, dafs er die Trinität in drei mensch-
lichen Gestalten zeigte. Indessen bemerkt
schon Didron in seiner Iconographie Chre-
tienne (pag. 577), Mabillon habe Unrecht, wenn
er eine solche Darstellung als ungewöhnlich
bezeichne, da sie schon vorher vorkomme und
später sehr häufig wurde; aufserdem bezweifelt
er, ob jene Gruppe, von welcher Mabillon
redet, wirklich schon der Zeit Abälards an-
gehört habe, denn die näheren Details, welche
bei der Gruppe erwähnt werden, die Dornen-
krone, das Kreuz in den Händen des Sohnes,
die geschlossene Krone auf dem Haupte des
Vaters, der Mantel, welcher alle drei Personen
einhülle, kämen sonst nicht vor Ende des
XV. Jahrh. vor, und wiesen daher eher auf
ein Monument des XVI. als des XII. Jahrh.
hin.4)

Neben dieser oben beschriebenen Dar-
stellung der Trinität als drei gesonderter Per-
sonen tritt dann seit dem XIII. Jahrh. eine

3J Vergl. Detzel »Christliche Ikonographie« I,
S. 58 u. ff.

4) Die »Annales Benedictini« (1. c.) beschreiben
das Bildwerk folgendermafsen: Pater in medio positus
est cum toga talari, stola e collo pendente et ad pec-
tus decussata atque ad cingulum adstricta, cum Corona
clausa in capite et globo in sinistra manu, pallio super-
indutus, quod ad duas hinc inde personas extenditur,
cujus e fibula pendet lembus deouratus his verbis ad-
scriptus: Filius meus es tu. Ad Patris dexteram stat
Filius cum simili toga, sad absque cingulo, habens
in manibus crucem pectori appositam et ad sinistram
partem lembum cum his verbis: Pater meus es tu.
Ad sinistram exstat Spiritus sanctus consimili toga
indutus, decussatas super pectus habens manus cum
hoc dicto: Ego ulriusque spiraculum. Filius coronam
spineam, Spiritus sanctus olearem gerit, uterque re-
spicit Patrein, qui calceatus est, non duae aliae per-
sonae. Eadem in tribus vultus, species et forma.
(Tom. VI. p. 85.)
 
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