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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Schubring, Paul: Die primitiven Italiener im Louvre
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0237

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365

1901.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

366

solut Freskomaler. Wir haben nur zwei be-
zeichnete Tafeln Taddeos: Die grofse Madonna
von 1355 für Poggibonsi gemalt (heute Siena
Accad. II. Saal No. 52) und das kleine Klapp-
altärchen in Berlin von 1334, dem das 1336
datirte, aber nicht signirte Triptychon in
Neapel nahe verwandt ist. In den kleinen
Arbeiten verräth er sich als Abtrünniger der
Giotto-Tradition und mehr als Nachahmer
BernardosdaFirenze, den Schmarsow als seinen
direkten Schüler ansieht. In der grofsen Tafel da-
gegen ahmt er Giottos Madonna für die Ognissanti
nach, ohne dem etwa dreifsigjährigen Abstand
von seinem Vorbilde irgendwelche Rechnung
zu tragen.8)

Der Louvre hat nach dem Vorgang Crowe
Cavalcaselles (D. A. I. 302, Anm. 36) drei
Predellen-
stücke
(Nr. 188,

früher
199) für
Taddeo
in An-
spruchge-
nommen.
In dersel-
ben An-
merkung
ist auch
Nr. 579
der Lon-
doner National Gallery, datirt 1387 (nicht 1337
wieSchnaase VII. 419 las) genannt, ohne dafs er-

----------------------- i

8) Die grolse gegiebelte Beweinung Christi, die, für Or
San Michele gemalt, jetzt in der Florentiner Akademie
neben Giottos Madonna hängt, ist ebensowenig von
Taddeo wie die Sakristei-Thüren aus Sa. Croce (eben-
dort, zwei in Berlin). Diese sind von mindestens
zwei Meistern ausgeführt, von denen der fähigere ein
sehr gutes Madonnenbild, datirt 1334 die XXV. Fe-
bruarii für den Dom gemalt hat; es hängt heute in
der Opera del Duomo (Nr. 89) und zeigt die Vergine
ohne das Bambino als Brustbild, vor der die beiden
Stifter und ihr Sohn knieen, seitlich Zanobius und
Caterina, im Giebel Christus mit Buch. Das sehr sorg,
fältig ausgeführte und gut erhaltene Bild zeigt manche
Verwandtschaft mit Taddeos Triptychon in Berlin, aus
demselben Jahr, scheint aber schon den Einflufs
Ambr. Lorenzettis erfahren zu haben, der in jener
Zeit für S. Procolo in Florenz thätig war. Viel-
leicht bildet diese Tafel den stilistischen Uebergang
zwischen Bernardo Daddis frühen Tafeln in den Uf-
fizien (von 1328, Nr. 26) und in Prato (Nr. 4, dort
fälschlich Pacino di Buonaguida genannt) und den

kannt wäre, dafs beide Predellen von derselben
Hand sind. Das Jahr 1387 schliefst aber
Taddeos Hand aus, dessen Leben bald nach
1366 geschlossen haben mufs. Die Ueberein-
stimmung zwischen beiden Tafeln ist so auf-
fallend, dafs sie längst hätte bemerkt sein
müssen. Die Pariser Predelle führt in drei Ab-
theilungen (jede 0,34x0,67 m) vier Szenen vor,
die der Katalog z. T. unrichtig erklärt. Es
sind 1. der Tanz Salomes mit der Enthauptung
des Täufers (1.) und Herodias (r.) 2. die Kreu-
zigung, 3. Jakobus d. Ae., den Ketzer Her-
mogenes den Dämonen überliefernd9) und Ja-
kobus' Tod. Diese Zusammenstellung läfst ein
ursprüngliches Triptychon über der Predella
vermuthen, dessen Flügel links den Täufer,
rechts Jakobus in ganzer Figur stehend zeigten.

Aehnlich
ist die Ta-
fel der
National
Gallery
Nr. 579,
wo Pre-
delle und
Obertheil
erhalten
sind, an-
geordnet;
wirfinden
die Taufe
in der

Mitte, rechts und links Petrus und Paulus in
ganzer Figur.

Die zugehörige Londoner Predella wiederholt

lomes Tanz. Predella. (Louvre.)

kleinkalibrigen Hausallärchen in Siena, Florenz, Berlin,
Paris und Altenburg, die sämmtlich aus der späteren
Zeit stammen. Ich glaubte mir Bernardos kolo.
ristische Entwicklung immer schon durch Ambrogio
Lorenzettis Einflufs erklären zu müssen und fand dabei
auch Thodes Zustimmung. Diese Tafel von 1334
bildet nun das gesuchte Mittelstück. Hoffentlich findet
sich die Bernhardtafel aus der Cappella dell' Udienza
im pal. pubblico (Vasari-Milanesi I, 466 f.) von 1335,
für die Lionardo (Dohme »Kunst und Künstler
Lionardoc p. 15) Ersatz schaffen sollte und die dann
1485 durch Filippinos Bild faktisch ersetzt wurde, noch
einmal wieder „con san Bernardo in atto di scrivere
a cui apparisce in alto Maria vergine." Dann erst
wird der letzte Beweis zu bringen sein, dafs auch das
Bild der opera in diese Reihe gehört.

9) Jakobus de Voragine »legenda aureat ed.
Graesse p. 423 f. Dieselbe Szene z. B. in Padua
Santo, Capp. Feiice, zweites Lünetten-Fresko.
 
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