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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Schubring, Paul: Die primitiven Italiener im Louvre
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0239

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309

1901. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

370

Der Maler ist zweifellos wiederum Bernardo
Daddi. Farben, Typen und Technik weisen
auf ihn. Es ist die einzige grofse Tafel, die
wir aufser seinen Jugendarbeiten in Florenz und
Prato von ihm haben. Wir sehen, er beugt
sich immer mehr dem Sieneser Geschmack.
Schon seine feinen kleinen Triptychen liefsen
dies erkennen. Hier sucht er nun erst recht
durch das Vielerlei zu überraschen und andere
Mängel zu verdecken. Der Reichthum der
sienesischen Kreuzigungen hatte ihn verführt,
das Gleiche zu versuchen, ohne dafs er sich
eingestand, dafs er es nicht könne. Wie kleine
Abziehbilder stehen die Szenen nebeneinander.
Die köstliche Predella Nr. 187 mit der Ver-
kündigung gilt von je als eine Arbeit Angelo
Gaddis,
des Soh-
nes Tad-
deos, des
Schülers
von Gio-
vanni da
Milano.
Die Taufe
gründet
sich auf
den Ver-
gleich mit
der Pre-
della in
der Flo-
rentiner
Akademie

Nr. 127. Wir tappen bei Angelo Gaddi
heute mehr denn je im Dunkeln. Immer
ernstlicher regen sich die Zweifel, ob die
mariologischen Fresken in der Cappella della
Cintola in Prato, für die Angelos Name
feststeht, und die Chorfresken in Sa. Croce in
Florenz von einer Hand sind. Dafs die hell-
farbige Verkündigung in den Offizien Nr. 28
nicht von Angelo sein kann, wird Jeder durch
den Vergleich mit der Louvretafel erkennen.
Sicher gehört ihm nur jene grofse Ancona
der Florentiner Akademie, Nr. 127, deren An-
ordnung den Tafeln von Angelos Lehrer, Gio-
vanni da Milano (Uffizien Nr. 32 aus Ognissanti)
und Prato (städtische Galerie Nr. 9) "entspricht.
Ein Unikum auf der Louvretafel ist der
zweite Engel neben Gabriel. Ist es Raphaelr
Oder ein Anonymus der himmlischen Schaa-

\bb. 4. Angelo Gaddi: Verkündigung. (Louvre.)

ren? Er wird meines Wissens sonst nie geduldet
als Assistent bei einer Szene, die ihren ganzen
Werth in der Intimität hat. Das junge vor-
nehme Mädchen soll erschreckt auffahren, als
in ihre jungfräulich heimliche Kemenate ein
schöner Jüngling bricht. Opferte der Künstler
diese Pointe nur, um die linke Bildfläche zu
füllen? Dann hätte er doch den Garten, die
Ferne, Bäume zeigen können! Einmal habe
ich sonst noch einen Tertius bei der Ver-
kündigung gesehen; auf dem Fresko in San
Giovanni in Carbonara zu Neapel, wo der
Täufer assistirt; er wird aber wohl erst nach-
träglich hinzugefügt worden sein.

Damit sind die Florentiner Trecentisten
des Louvre erschöpft. Wenigstens genügt für

Nr. 1623,
Krönung
Marias,
der Hin-
weis auf
das Mit-
telstück
von Giot-
tos Fünf-
blatt aus
der Ba-
roncelli-
kapelle.
Eine di-
rekte Ko-
pie dieser
Krönung
besitzt die

National Gallery, Nr. 568, die aus S. Mi-
niato stammt. Sie ist heller in den Farben
als ihr Vorbild und stimmt koloristisch
sehr gut mit P. Lorenzettis bezeichnetem Ma-
donnenbild in den Uffizien vom Jahre 1340
(Nr. 15); aber sie ist von einem Floren-
tiner Schüler aus der Daddi-Schule gemalt.
Ueber Nr. 193 des Louvre, die Exequien des
hl. Bernard darstellend, weifs ich nichts Be-
stimmtes zu sagen. Der Todte liegt auf der
Bahre, zwei Kapläne zu Häupten, Diakonen
mit Kerzen und Kreuz am Fufsende des La-
gers. Sechs weitere leidtragende Mönche stehen
ringsum; links die Klosterkirche, rechts eine
Klosterzelle. Spinellos Fresko in der Sakri-
stei von San Miniato bildet wohl die Vor-
lage für dieses dem Ende des Jahrhunderts
angehörende Bild.
 
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