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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Schubring, Paul: Die primitiven Italiener im Louvre
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0241

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373

1901.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 12.

374

tirung spricht nicht, dafs sich Simone an die
betreffenden Theile von Duccios Ancona an-
lehnte, die er nur in Siena hätte vor Augen
haben können. Wir sehen es ja an dem
ganzen Bestand der Sienesischen Schule, dafs
diese Duccio-Tafel allen Malern förmlich in
Fleisch und Blut überge-
gangen ist, sodafs sie
sich noch nach hundert
Jahren (Taddeo di Bar-
tolo z. B.) kaum von dem

übermäfsigen Vorbild
emanzipiren können. Das
Louvre-Bild ist in der
oben genannten Arbeit

ausführlich gewürdigt :\
worden. Die Verfasserin
scheint freilich nur die
Abbildung und nicht das
Original zu kennen, das
durch seine fast email-
artig blitzenden Farben-
werthe gerade so bedeut-
sam ist. Der fein verthei-
lende Pinsel Duccios, der
die Lokaltöne gern um-
bricht und selten den
Tiefton ungemildert wagt,
ist hier in Bezug auf die
farbigen Kontrastwerthe

absichtlich überboten.
Welcher Abstand von
dem freilich nur als Ru-
ine erhaltenen Bild Si-
mones in San Lorenzo
in Neapel! Sind es fran-
zösische Einflüsse, welche
hier bunte Kostbarkeiten
im leuchtendsten Schmelz
veranlafst haben, wie es
in der Heimath des Emails
nicht Wunder nehmen
kann ? — Ganz auffallend
dominirt im Bild des Lou-

vre sowohl wie der Berliner Sammlung, die nicht
nur in der Gröfse hervorragende, sondern auch
mit dem feurigen Roth des Mantels und dem
hellen Blond der Flechten alles überstrahlende
Maria Magdalena.11)

Ein zweites, nicht so kostbares, aber auch
sehr interessantes Bild ist Nr. 1621, der Schule
des Lorenzetti angehörend. Die Madonna auf
reichem Thron, vier schwebende musizirende
Engel bei ihr. Vorn links Maddalena und
Niccolö, rechts Dorotea und Pietro. Auf dem

w

Abb. 6.

Ambrogio Lorenzetti: Darbringimg im Tempel.
Florenz, Accademia delle belle arti.

Rasen vor ihnen liegt Eva, nackt, halb in ihr
Fell gehüllt; neben ihr die Schlange mit weib-
lichem Kopf.

Ich kenne noch fünf gleiche oder ähnliche
Darstellungen. Eine Tafel befindet sich noch

n) A. Gosche irrt, wenn sie S. 86 Maria zu-
sammensinken läfst. Diese drängt zu Jesus hin der

Kriegsknecht will ihr mit rohem Schlag den Weg
wehren.
 
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