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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Braun, Joseph: Das Rationale
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0073

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109

1903.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

110

selben bis über die Mitte des XIV. Jahrh., da
es sich noch auf einem aus dem Jahre 1353
stammenden Siegel Friedrichs von Nürnberg
vorfindet. (1341—1368.) Auf den Grabmälern
der Regensburger Bischöfe kommt es erst spät
vor; der erste, bei dessen Grabfigur es sich
nachweisen läfst, ist Bischof Heinrich von Abs-
berg (1465—1492). Freilich ist die Zahl älterer
Grabmonumente eine sehr geringe. Seit dem
Ende des XV. Jahrh. tritt es aber dann bis zu
Bischof David Kölderer von Burgstall (1567
bis 1579) auf einer ununterbrochenen Reihe
prächtigster Grabplatten Regensburger Bischöfe
auf (Abb. 4). Aus dem
Ende des XIII. Jahrh.
stammt eine mit dem Ra-
tionale geschmückte Bi-
schofsbüste im Tympanon
einer zum südlichen Sei-
tenchor führenden Tür,
aus der ersten Hälfte des
XIV. Jahrh. verschiedene
mit dem Rationale aus-
gezeichnete Bischofsfigu-
ren in den Fenstern des
südlichen Seitenschiffes
und Querschiffes.20)

Dafs in Bamberg das
Rationale in Gebrauch
war, ergibt sich aus einem
im Bamberger Domschatz
noch vorhandenen Exem-
plare. Dasselbe gehört
nach Material, Technik u.
Ausführungsweise durch-
aus in die Kategorie der Abb. 5. Grabfigur des Bischofs Gottfried von Limburg

(t 1455) im Dom zu Wür/.burg.

Paramente, welche Hein-
rich d. H. seiner Stiftung schenkte und stammt
sonach aus der Frühe des XI. Jahrh. Es ist

gefolgert werden kann, dafs die Bischöfe von Regens-
burg sich damals eines derartigen Kopfschmuckes be-
dienten, ebensoweniggestattet das phantastische Schulter-
gewand St. Erhards einen Schlufs auf eine Verwendung
des Rationales.

w) Das Studium der Würzburger Siegel wurde
mir durch die Liebenswürdigkeit des Sekretärs des
Historischen Vereins von Unterfranken, Herrn Dr.
jur. Ziegler zu Würzburg, das der Regensburger
Siegel durch die freundliche Beihülfe Sr. Hochgeboren
des Herrn Grafen Hugo von Walderdorff und des
jetzigen Direktors des Reichsarchivs zu München,
Herrn Dr. Baumann ermöglicht Herzlichen Dank auch

leider äufserst beschädigt, da von ihm nur
noch die Goldstickereien und selbst diese
nicht einmal vollständig erhalten sind und be-
findet sich gegenwärtig auf einer aus dem XI.
Jahrh. stammenden und gegen Ende des XV.
Jahrh. mit neuem Stoff (einem dunkelblauen,
mit spätem Granatapfelmuster verzierten Da-
mast) überzogenen Kasel. Das Aufnähen geschah
in sehr ungeschickter Weise. Auf der Vorder-
seite wurde das Rationale sogar in der Mitte
durchgeschnitten.80)

Auch in den Custoreirechnungen des Bam-
berger Domes wird wiederholt ein Rationale
genannt. Für die Jahre
1476, 1485, 1512, 1539
und 161j ist eine Repa-
ratur desselben erwähnt.
1544 lieferte ein Gold-
schmied 32 Schellen für
das Rationale; 1626 repa-
rierten und erneuerten die
Jungfrauen „zum hl. Grab"
das Ornatstück und reinig-
ten die Perlen und Edel-
steine desselben.81) Die
Angabe zu den Jahren
1476 und 1485 mögen
sich auf das vorhin ge-
nannte Rationale bezie-
hen. Die späteren, nament-
lich der Vermerk zu den
Jahren 1544 und 1626
setzen indessen ein zwei-
tes voraus, das mit Per-
len, Edelgesteinen und
Schellchen geschmückt
gewesen sein mufs.
Auffallend ist, dafs auf der langen Reihe von
Grabfiguren der Bamberger Bischöfe im Dom

*°) Es sei übrigens bemerkt, dafs meiner Ansicht
zufolge das Bamberger Rationale nie ein selbstän-
diges Ornatsstück, sondern von Anfang an der Kasel
aufgestickt gewesen ist. Ich stütze mich dabei auf
seine Beschaffenheit. Es ist auffällig, dafs auf der
Rückseite der Heiland mit den beiden Engeln zu
seiner Seite nicht innerhalb des Mittelfeldes, sondern
über demselben angebracht ist. Er kann überhaupt
nie innerhalb desselben gestanden haben, wie die Mafs-
verhältnisse der Vorder- und Rückseite des Rationales
Beweisen. Es mufs daher letzteres von Anfang an auf
der Kasel seinen Platz gehabt und der Kaselstoff als
Stickgrund gedient haben. Auf dem Regensburger

für gütigstes Entgegenkommen dem hochw Herrn Ge- l Rationale, das unzweifelhaft als selbständiges Ornat-
neralvikar Prälat Dr. Leitner zu Regensburg und dem stück gedacht ist, hat der Heiland mit den Engeln
hochw. Herrn Dompfarrer Dr. Braun zu Würzburg. | auf dem Mittelfeld der Rückseite eine Stelle gefunden.
 
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