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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0194

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309

1903.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

310

des fünfzehnten Jahrhunderts entstammen die Türme.
An beiden Seiten des Chores sind weiträumige Ka-
pellen errichtet, denen Meisterwerke der Glasmalerei
ein geheimnisvolles Helldunkel verleihen, für Besucher
und Beter gleich anziehend. „Beter- ! die nördliche
Chapelle du St. Sacrament des miracles sowohl, als
die südliche der Notre Dame de delivrance sind
immer mit Andächtigen gefüllt.

Das arme Menschenherz fühlt sich verlassen, ver-
löten in der kälten Welt, gedrückt durch Schuldbe-
wufstsein und Furcht vor Strafe und Unheil. Wohl
ward dem Sterblichen die frohe Botschaft verkündet,
wohl darf er auf Barmherzigkeit hoffen — allein er
ist und bleibt ein Sinnenwesen, rim Dunklen bang
und bang allein", wie der holländische Dichter sagt;
er verlangt nach Wiederholung der evangelischen
Wunder, er möchte sehen und hören und fühlen. O
wie gerne möchte er aufser der allgemeinen Ver-
heifsung, eine persönliche Zusage von unserm Herr-
gott, U. L. Frau oder einem Schutzheiligen entgegen-
nehmen! Wenn alle diesbezüglichen Legenden und
Sagen nur einen Kern von Wahrheit aufweisen, so
ist der Allgütige diesem Bedürfnis reichlich entgegen
gekommen. In allen von altersher katholischen
Gegenden erfährt man Wundergeschichten vom hl.
Sakrament, überall finden sich Muttergottesbildchen,
auf besondere Art verehrt, in Kapellchen und Eck-
chen angebracht, von Kerzen und Blumen und Betern
umgeben. — Auch der katholische Reisende wird
diesen Gegenständen der Volksandacht den ehrer-
bietigen Grufs nicht vorenthalten.

Von den übrigen besuchten Kirchen wäre noch
manches Merkwürdige zu berichten; ebenfalls vom
Altertumsmuseum, das eine gute Übersicht gewährt
der Kunstbestrebungen aller Völker und Jahrhunderte.

„Ein andermal, sprach der Papa."

Wir nehmen Abschied von Land und Leuten mit
befriedigtem und doch beklemmtem Gemüt.

Der Nordniederländer, der das Leben und Trei-
ben katholischer Regionen kennen lernie, mufs sich
in die beschränkteren heimischen Zustände erst wieder
einleben. Wenn auch die alten häuslichen Kirchlein
mit ihren Gardinen und Stühlen und Stübchen gröfsten-
teils durch stattlichere Bauten ersetzt sind, etwas
Häusliches, Abgeschlossenes ist auch unseren neuen
Kirchen geblieben; jeder hat sein bestimmtes Eck-
chen und Plätzchen, und erscheint dort ein nicht
eingepfarrter oder gar fremdländischer Katholik, so
wird er von den Habitues einigermafsen als Ein-
dringling angesehen, während der Küster ihn sogleich
ins Auge fafst, von wegen der Platzgebühr.

Von der Reise heimgekehrt, entbehrt Mancher
noch geraume Zeit jenen Zusammenflufs von Ein-
wohnern und Fremden bei den grofsen. eindrucks-
vollen Feierlichkeiten, die für solche Kathedralen und
wofür diese Kathedralen geschaffen sind.

Gelehrte, Archivare und Archäologen werden die
Nase rümpfen über unsere Gildereisen und unsere
Reiseberichte, sie werden nichts oder wenig Neues
darin finden, keine Entschleierung versteckter Kunst-
geheimnisse, keine Entdeckungen auf kunsthistori-
schem Gebiet. Bei näherer Betrachtung werden sie
aber einsehen, dafs unsere zwei- oder dreitägigen

Ausflüge keine Columbusfahrten sein können. Es
würde schon eine Riesenarbeit sein, blols das Be-
kannte aufzunehmen und zu behalten, den Reichtum
der Länder und Jahrhunderte im Gedächtnis aufzu-
stapeln. Wenn wir uns auf einen einzelnen Ort, ein
einziges Gebäude beschränkten, dann würden wir uns
mehr ins Detail vertiefen und manches Unbekannte
zu Tage fördern können; eine Reise wie die unsrige
aber mufs, ihrer Art und ihren Teilnehmern ent-
sprechend, immer eine „impressionistische" bleiben.
Monumente, Kunstgegenstände, Gemälde, Städte und
Landschatten entwickeln sich wie ein Diorama vor
unseren Augen, die wir zugleich mit unseren Herzen
weit und begierig öffnen. Wir bringen einen Schatz
von Eindrücken heim, genügend, um unsere Fantasie
ein Jahr lang zu beschäftigen, unser Gefühl für alles
Gute und Schöne anzufachen und uns zu ermutigen,
Arbeit und Studium, eifer- und vertrauensvoll wieder
aufzunehmen.

Driebergen b. Utrecht. Alfred Tepe.

Das Breslauer Diözesanmuseum, dem Herr

Geistlicher Rat Dr. J. Juugnitz als sein (wie des Fürst-
bischöflischen Diözesan-Archivs) Direktor zur Eröffnung
am 29. Oktober 1903 einen eingehenden Bericht
widmet, ist in dem spätgotischen Saal der früheren
Dombibliothek und in dem anstofsenden Neubau des
Archivs eingerichtet. Überraschend ist die Fülle von
Kunstgegenständen des späteren Mittelalters und der
Renaissance, mit denen es bereits paradiert, dank vor
allem der Fürsorge des Herrn Kardinals Dr. Kopp,
wie der eigentümlichen oder leihweisen Überlassung
seitens mancher Kirchenvorstände. Der Umstand, dafs
hinsichtlich der allermeisten Gegenstände der Ort, dem
sie entstammen, bekannt ist, hat hohen kunstgeschicht-
lichen Wert, da gerade an ihn die Forschung am er-
folgreichsten anzuknüpfen vermag, um den Meister,
wenigstens die Schule festzustellen. Je mehr die For-
schung sich lokalisieren kann, um so schneller gelangt
sie zu befriedigenden Ergebnissen. — Altarschreine
(6 tüchtige wohlerhaltene Flügelaltäre, 12 Aufsätze min-
derer Bedeutung) und Statuen (darunter sehr hervor-
ragende), TafeJgemälde und Miniaturen (dem Anscheine
nach recht wertvolle), Metallgefäfse und -Geräte, Mün-
zen, Medaillen und Siegelstampfen Gläser und Krüge,
Gewebe und Stickereien (in den mannigfachsten Tech-
niken) bilden naturgemäfs den Hauptinhalt der neuen
Sammlung, deren Vorzug namentlich auch darin besteht,
dafs jene fast ausschliefslich heimischer Herkunft sind,
mithin nicht nur authentisch, sondern auch der Reflex
des religiösen Empfindens und künstlerischen Schaffens
in dem grofsen Bezirke, dem sie jetzt unentführbar und
unverlierbar angehören. Denn ein solches Diözesan-
museum (wie es in einzelnen bischöflichen Residenzen
Deutschlands längst besteht, in anderen wie Trier, Fulda,
Paderborn, Frauenburg gerade gegründet oder be-
festigt wird) ist in erster Linie und zum mindesten
eine Rettungsstation. Soll es mehr als eine solche
sein und bleiben, so bedarf es eines geeigneten hin-
reichend grofsen und hellen Lokals, passender Schränke,
einer zuverlässigen Verwaltung, namentlich eines or-
dentlich vorgebildeten, sachverständigen Leilers, der
zu erwerben, aufzustellen, zu katalogisieren versteht
 
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