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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Beissel, Stephan: Die Kalkarer Bildhauer: auf dem Wege von der Gotik zur Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0229

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365

1903. •

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

366

altäre in Xanten und Kaikar, obwohl freilich
ihre Ornamente und Figürchen dort gotisch,
hier aber nicht mehr gotisch sind. Entschieden
spricht für eine Zuweisung der Gruppe der
Taufe Christi (Abb. 6) an Johann Douver-
mann nicht nur der Faltenwurf, welcher in
dieser Schnitzerei, den beiden Darstellungen der
Verkündigung und Heimsuchung im Xantener
Marienaltar nahekommt, sondern mehr noch die
Bildung der Flügel der Engel. Während näm-
lich solche Flügel in andern Werken dieser
Zeit und Gegend oben am Rande gerade ver-
laufen, haben sie bei drei Engeln in der Gruppe
der Taufe Christi in Kaikar ebenso wie beim
Engel der Verkündigung in jenem Xantener

nard zu Le"au in Belgien. Zu derselben Rich-
tung gehört auch ein schönes Gitter der grofsen
Kirche zu Haarlem.17)

Neben den beiden Douvermann erscheint
in den Rechnungen von Kleve, Kaikar und
Xanten ein Meister, welcher den Sieg der
Renaissance vollendete: Arnold van Tricht
(Utrecht). Ordnet man die betreffenden An-
gaben jener Rechnungen der Zeit nach, so
ergibt sich folgende Reihe: 1540 erneuert
Arnold (Amt) den Kronleuchter zu Kaikar,
1543 übernimmt er zu Kaikar die Herstellung
eines Johannesaltares, 1549 arbeitet er am
Hochaltare zu Xanten, 1552 am Hochaltare zu
Kleve, 1551 bis 1553 liefert er für die

Schrein (Abb. 4) einen tiefen, halbkreisförmigen I Xantener Victorskirche zwei Steinbilder der

Einschnitt. Auch die
Anordnung der Federn
, ist hier und dort so
eigenartig und so ähn-
lich, dafs sie auf die
Hand desselben Schnit-
zers hinweist, also auf
diejenige des Johann
Douvermann. Von ihm
stammen aber die drei
grofsen Figuren des

D reifaltigkeitsaltares
(des heutigen Crispin-
altares) nicht. Letztere
gleichen so sehr den
sechs wertvollen Figür-
chen der beiden Pfeiler,
welche das Innere des
Xantener Marienschreines in drei Teile zer-
legen, dafs sie dem Heinrich Douvermann zu-
gewiesen werden müssen. In jenen Pfeilern
kommen übrigens bereits Einzelnheiten vor,
welche die im Kalkarer Dreifaltigkeitsschrein
zur üppigsten Fülle entwickelten Renaissance-
dekoration einleiten und ankünden.

Wie jener Xantener Aufsatz ist auch
dieser Kalkarer ein Werk zweier Meister. Der
ältere, Heinrich Douvermann, schuf die grofsen
^Standbilder, Meisterwerke eines reichen, aber
klaren, spätgotischen Stiles; der jüngere, Johann,
der Sohn dieses Heinrichs, bildete die poesie-
volle Ornamentation und die Gruppe der
Taufe Christi (Abb. 6). Ähnlichkeit mit den
freilich überreichen Pfeilern in der Mitte des
Dreifaltigkeits- (bezw. Crispinus-)schreines zeigt
vor allem der reiche Altaraufsatz von St. Leo-

Abb. 8. Die Krönung Marias. Aus dem Johannes
altare zu Kaikar. Von Arnold van Tricht. 1544.

hl. Dreikönige und deren
Baldachine, 1553 ver-
setzt er zu Xanten eines
der von Kanonikus
Berendonck gestifteten
Stationsbilder, 1556mo-
delliert er ein Marienbild
für die Krönung des

kupfernen Leuchters
im Xantener Chore,
1460 lieferte er Arbei-
ten nach Kleve.18) —
Wolff schreibt ihm auch
den 1539 datierten, im
Kreuzgange der Xante-
ner Kirche eingemauer-
ten Grabstein mit der
Darstellung der Verspot-
tung Christi zu.19) Das wichtigste seiner Werke,
der Johannesaltar von Kaikar, war mit
dem oben behandelten Dreifaltigkeiisaltar 1902
zu Düsseldorf ausgestellt und ist dort allge-
meiner bekannt geworden.20) Über den Namen
seines Meisters und die Zeit der Anfertigung
meldet eine Bruderschaftsrechnung von Kaikar

■■) Isendyck, »Documenta classes« 1886—1887
I Retable pl. 3 und 1880 Bailustrade pl. 21.

18) Beissel III, 18, 23, 39f., 56 f., 108 und
115. — Wolff, »Geschichte« 137; Die St. Nikolai-
Kirche 25, 28; Schölten, Kleve 599.

19) Die St. Nikolai-Kirche 28, wo durch einen
Lesefehler Arnold van Wicht steht, statt van Tricht.
Beissel III, 56 und 115 Anm.

") N. 321 und 322. Abb. des Dreifaltigkeits.
altares Tafel 13, Abb. des Johannesaltares. »Bonner
Jahrbücher CX« Tafel zu S. 278 und »Kunstdenk,
mäler der Rheinprovinz I« Tafel 6.
 
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