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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

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Berühmte Kunststätten Nr.35. E.A.Seemann,
München. Eine Anregung zum Sehen. Mit 160
Abbildungen. Von Artur Weese. Prof. der Kunst-
gesch. an der Univ. Bern. (Preis 4 Mk.)
Eigenartig wie die Kunststadt, üt ihre von dem
etwas sonderlichen Motto begleitete Beschreibung, die
wiederum in der eigentümlichen, geistvollen Art des
Verfassers ihren Grand hat. — Münchens Kunstver-
gangenheit zerfällt in drei Perioden: in die deutsche
des späteren Mittelalters, die italienisch-französische
der Renaissance und des Rokokos, die des Eklektizis-
mus im letzten, durch König Ludwig I. beeinflußten
Jahrhundert. Überall hat die Architektur die Füh-
rung, und ihre bedeutsamste kirchliche Vertretung
bilden die Frauen-, die Michaels-, die Theatiner- und
die Ludwigskirche, während das Schloß Schleißheim,
die alte und neue Residenz, die Glyptothek und Pro-
pyläen hauptsächlich die Profanarchitektur charakteri-
sieren, die hier freilich mit dem Zeitalter des alten
Ludwig nicht abgeschlossen ist. — Auch auf dem Gebiete
der Plastik hat München im XV. Jahrh. die Vor-
hand, und als ihr Hauptvertreter erscheint Erasmus
Grasser, der nicht nur an den Grabdenkmälern sich be-
währte, durch welche die Renaissancemeister vornehmlich
sich verewigten. — In Verbindung mit ihr betätigten
sich namentlich die spätgotischen Maler, deren Haupt-
trophäen die Flügel der Altäre bilden. — Allen Stil-
arten wird der Verfasser gerecht, nicht nur aus formalen
Gründen, sondern auch der kulturhistorischen Sonde
wegen, die er überall als ausgleichendes Prüfungs-
mittel anlegt. Ob die eingehenden Studien über die
Michaelskirche sich behaupten werden im Zusammen-
hange der Untersuchungen über den Ursprung der
Jesuitenkirchen Deutschlands etc., wird sich wohl bald er-
geben. — Jedenfalls muß dem Verfasser bezeugt wer-
den, daß er seine schwierige, weil aparte Aufgabe,
dank der vollkommenen Beherrschung des Stoffes, in
einer höchst anregenden und belehrenden "Weise ge-
löst hat! H.

Kulturgeschichte des Mittelalters. Von
Georg Grupp, I. Band, Zweite, vollständig neue
Bearbeitung. Mit 45 Illustrationen. ■— Ferd. Schöningh,
Paderborn 1907. (Preis Mk. 5,60.)
Vom Mittelalter waren die kulturgeschichtlichen
Studien des Verfassers ausgegangen, zum Mittelalter
kehren sie als zu seiner eigentlichsten Domäne zurück,
nachdem sie durch die Vorstudien über die Kultur
„der römischen Kaiserzeit" (vergl. hier XV. 351 und
XVII. 275) und über die Kultur „der alten Kelten und
Germanen" (XVIII 283) ein viel tieferes Fundament
gewonnen hatten. — Diesen Vorstudien gleich, wird
die II. Auflage 3 Bände umfassen, von denen der
erste vorliegt, von der Völkerwanderung ausgehend
und mit dem byzantinischen Reich schließend. — Ge-
waltige Bildungen drängen und schieben sich in diesem
an Zuständen der Barbarei und der Kultur, an Kämpfen
und Erfolgen übrereichen Zeitabschnitt. Große Männer
leiten und bestimmen in diesen Übergangsepochen die
Schicksale ihrer Länder und ihrer Kreise: Theodorich
der Große, der germanisches und römisches Streben
miteinander zu vereinen suchte, Chlodowech, der den
"Weg zur Kirche fand, Justinian, der die byzantinische
Kultur neu belebte, Gregor der Große, der den Ein-

fluß der Kirche gewaltig förderte, der hl. Bonifatius,
der als Apostel Deutschland bekehrte und organisierte,
die große karolingische Zeit vorbereitend, die in dem
n. Band zur Erörterung gelangen soll. — "Was bei den
"West- und Nordgermanen wie bei den Longobarden,
bei den Franken und Merowingern, bei den Iren und
Friesen,1 bei den Arabern und Byzantinern an frucht-
baren Keimen der Bildung sich entfaltete in Krieg und
Frieden, in Niederlassungen und Anlagen, in Grün-
dungen und Einrichtungen, in Familie und Gemeinde,
in Ackerbau und Viehzucht, in Handel und Gewerbe,
in Gesetzgebung und Verwaltung, in Staat und Kirche
in Wissenschaft und Kunst wird aus den Quellen und
der Literatur emsigst herausgesucht und geschickt zu-
sammengestellt, objektiv und klar, kurz und bündig
so daß ein überaus mannigfaltiges und doch einheit-
liches Bild entsteht, wie es bisher auf diesem Ge-
biete noch nicht geboten wurde. Die wirtschaftlichen
Interessen, die im letzten Jahrzehnt wesentlich Klärung
erfahren haben, stehen mit der sozialen Gliederung im
Vordergrunde, die ideellen Bestrebungen kommen voll-
auf zur Geltung, die Kunst nicht ausgenommen, die
in mannigfachem Zusammenhange behandelt wird in
bezug auf Wohnhaus und Gotteshaus, Kleidung und
Schmuck, in Malerei und Plastik, in Geschichte und
Symbolik. Diesen Kunstinteressen dienen auch die
meisten Abbildungen, die zwar nichts Neues bringen,
das bereits Bekannte durchweg zu klein, daher zu ver-
schwommen wiedergeben, aber doch gegenüber der
Knappheit des Raumes, auf den sie beschränkt sind,
der Vorstellung des im Texte Gebotenen nicht uner.
hpblich zu Hülfe kommen. — Der neuen Auflage darf
daher nachgerühmt werden, daß sie auf einem im
Streben der Zeit erst recht wichtigen Gebiete einen
großen Fortschritt bezeichnet, der die Sehnsucht nach
der Fortsetzung noch steigert. rj.

Medeltidsminnenfran Östergötland utgiena af
Ottojanse. —Justus Cederquists, Stockholm 1906.
In diesem gut ausgestatteten Oktavbändchen sind auf
58 Tafeln 100 „Mittelalterliche Kunstdenk-
mäler aus dem BezirkÖstergötland"in Schweden
abgebildet, die sämtlich aus Kirchen stammen, zumeist
denselben noch angehören; sie sind teils chronologisch,
teils sachlich geordnet, und jeder Tafel geht auf einer Seite
eine durchweg kurze Erklärung vorauf. Ein Viertel gehört
der romanischen Periode an, Einiges reicht in die Renais-
sance hinein. Das Meiste trägt heimisches Gepräge, Ver-
einzeltes scheint aus Norddeutschland, Flandern, Frank-
reich eingeführt. — Die eisenverzierten Türen des XII.
bis XIII. Jahrh. sind ungewöhnlich reich, die Holzfiguren
des XIII. bis XIV. Jahrh. laden zu Vergleichungen mit
deutschen Skulpturen ein, der Antwerpener Flügelaltar aus
Skärkind ist vorzüglich erhalten, das Äußere und Innere
der berühmten Klosterkirche von Vadstena mit ihren
zahlreichen Erinnerungen an ihre Stifterin, diehl.Brigitta,
verdienen hohes Interesse. Unter den gestickten Para-
menten des XIII.—XV. Jahrh. ist manches sehr Be-
achtenswerte, und die 3 Kelche des XIV. Jahrh. zählen
zu den besten ihrer Zeit. — Der Kunsthistoriker der
nach Vergleichungsobjekten sucht, wie der Künstler,
dem an guten Vorbildern gelegen ist, halten hier gute
Ernte. K.
 
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