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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Bone, Karl: Grenzen der christlichen Kunst, [3]
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Bücherschau
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379

1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

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können! und mit E. von Gebhardt würde sich
die deutsche christliche Kunst vielleicht schärfer
in eine katholische und protestantische ge-
spalten haben, wenn nicht sein Einfluß als
Lehrer so gewaltig, der künstlerische Wert
seiner Werke so außer Frage gewesen wäre,
und wenn nicht jenes Wogen und Stürmen
in der Kunstbetätigung und Kunstbeurteilung
eingetreten wäre, das auch die bei den eignen
Ansichten Beruhigten zum Aufmerken zwang.
Bei den Ausstellungen von 1902 und 1904
war man sich dessen recht wohl bewußt, daß
mit dem Dargebotenen der Entwicklungsgang
der christlichen Kunst — im Mittelalter war
eben die Kunst wesentlich christliche Kunst —
nicht abgeschlossen war. Düsseldorf würde
jene seine kunsthistorischen Ausstellungen ein
Unvollständiges sein lassen, wenn es sie nicht
durch das XVII. und XVIII. in das XIX.
Jahrh. und bis in die schaffende Gegenwart
weiterführte. Im allgemeinen hat nun die
schaffende Gegenwart wenig Lust, frühere Be-
strebungen für mehr als abgetane Dinge von
höchstens historischem Werte anzusehen, und
die schauende und kaufende Gegenwart ist
großenteils auch weit mehr den Erscheinungen
der Jetztzeit zugewandt und nächst ihr jenen
älteren Perioden, als den solange fast [ ein-
schränkungslos verurteilten christlichen Kunst-
werken der Zwischenzeit bis zu den Naza-
renern. Nachdem aber die Werke profaner
Kunst der genannten Zeit jetzt schon bis in die
sogenannte Biedermeierzeit ihre Wertschätzung
gefunden haben, mußte auch die christliche

Kunst versuchen, durch überblickgebende Aus-
stellungen, für die die Auswahl allerdings
ausserordentlich schwierig ist, eine Verbindung
jener älteren Zeiten mit der Gegenwart sichtbar
zu machen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß
manches Gegenwärtige, was als neu, als ur-
originell erscheint, dabei in seinen Wurzeln
und Vorbildern erkannt und damit verständ-
licher wird. Kann es doch, sollte man sagen,
nicht ein zusammenhangsloser Zufall sein, daß
die sogenannte „Moderne" nicht unmittelbar
auf die, man darf jetzt schon frei behaupten,
große Überschätzung der Renaissance des
XVI. Jahrh. folgte, sondern als Vorstufe und
Begleitung das Wohlgefallen an den Ge-
schmacksrichtungen namentlich des XVIII.
Jahrh. und dem verwandten Japanischen hatte.
Und wenn wirklich für die christliche Kunst
das XVII. und «XVIII. Jahrhundert während
des XIX. und unter der Herrschaft der Naza-
rener gleichsam nicht existiert haben, so ist
jene Zeit darum doch nicht für die gegen-
wärtige christliche Kunst gleichgültig. Und
wer die Jetztzeit verstehen und die Zukunft
in der gehörigen Weise gestalten helfen will,
der kann jene Zwischenstufen gar nicht ent-
behren. Eine geschickte Auswahl, dem Auge
vorgeführt, kann fürs erste genügen, und es
kann die Hauptkraft auf eine breite und viel-
seitige Ausstellung gegenwärtiger christlicher
Kunst verlegt werden; und das soll ja auch
das Ziel der zunächst bevorstehenden christ-
lichen Kunstausstellung in Düsseldorf sein.
Düsseldorf. Karl Bone.

Bücherschau.

Die römische Kapelle Sancta Sanctorum und
ihr Schatz. Meine Entdeckungen und Studien
in der Palastkapelle der mittelalterlichen Päpste von
Hartmann Grisar S. J. — Mit einer Abhand-
lung von M. Dreger über die figurierten Seiden-
stoffe des Schatzes. Mit 77 Abbildungen und 7,
zum Teil farbigen Tafeln. Herder in Freiburg 1908.
(Preis Mk. 10.)
"Was der Verfasser in dem hier (Sp. 187/188) be-
sprochenen italienischen Vorläufer des vorliegenden
"Werkes an Vollkommenheit der Abbildungen wie
der Erläuterungen noch hatte vermissen lassen, hat
er in diesem reichlich ergänzt, so daß jetzt über die
merkwürdige Kapelle und ihren unvergleichlichen Schatz
eine in jeder Hinsicht befriedigende Monographie vor-
liegt. — Der Kapelle selbst, ihrer Entstehung, Aus-

stattung usw., sind 48 Seiten gewidmet, 100 Seiten
ihrem Schatz, der bekanntlich zahlreiche Kostbar-
keiten aus Metall und Email, aus Holz und Elfenbein,
wie von Geweben umfaßt. Die meisten derselben sind
vorzüglich abgebildet, die zugleich durch ihre Fär-
bung hervorragendsten, das Emailkreuz, die Zellen-
schmelze des Praxedesreliquiars, der Verkündigungs-
Seidenstoff, zugleich durch kolorierte Reproduktionen,
die sogar die Technik genau erkennen lassen. Die ge-
schichtlichen, kunsthistorischen und -technischen, die
liturgischen wie ikonographischen Angaben beruhen
auf sorgfältigen Untersuchungen und Vergleichungen,
die aber trotz ihrer Gründlichkeit, hinsichtlich der
ältesten und merkwürdigsten Gegenstände, selbst der
stofflichen, den Mangel der Vorarbeiten immer noch
erkennen lassen. — Die überaus wichtige Entdeckung
 
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